LG München I: Schlecht formulierte Abmahnung wird „Kostenbumerang“

Die Abmahnung: Werkzeug zur Kostenverringerung

Wenn auch der Erhalt einer Abmahnung beim Adressaten selten zu großer Freude führt: eigentlich ist die Abmahnung ein Instrument zur Förderung des Rechtsfriedens. Durch die Abmahnung soll eine außergerichtliche Beilegung von Streitigkeiten gefördert werden. Der in seinem Recht (ob Markenrecht, Geschmacksmuster, Patent, Wettbewerbsrecht, Urheberrecht usw.) verletzte soll dem Verletzer die Gelegenheit geben, die Rechtsverletzung einzusehen und die Gefahr künftigerRechtsverletzungen dadurch auszuräumen, dass er eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt. Wird beispielsweise eine Markenstreitigkeit auf diese Art und Weise beigelegt, entstehen deutlich geringere Kosten wie im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung.

Entscheidend: Richtige Reaktion auf Abmahnung

Natürlich wird häufig die Frage nach der richtigen Reaktion auf eine Abmahnung gestellt. Dabei gibt es kein Patentrezept. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Abmahnung berechtigt ist und welche Interessen des Abgemahnten bestehen. In der Rechtsprechung war lange bereits umstritten, ob man überhaupt auf eine Abmahnung antworten muss. Einen weiteren interessanten Beitrag zu diesem Thema leistete nun das Landgericht München I in einer soeben veröffentlichten Entscheidung (LG München I, Urteil vom 26.05.2011 – 7 O 172/11).

Verschiedene russische Tonträgerunternehmen ließen eine Antragsgegnerin wegen der Verletzung von Urheberrechten abmahnen. In der Abmahnung waren allerdings weder die angeblich rechtsverletzenden Tonträger benannt noch die Werke, die Gegenstand der verletzten Urheberrechte sein sollen. Die Abgemahnte reagierte auf die Abmahnung gar nicht. Die Abmahnende beantragte daraufhin beim Landgericht München I den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Abgemahnte, die das Gericht auch wie beantragt erließ.

Die Abgemahnte legte gegen die einstweilige Verfügung einen sogenannten Kostenwiderspruch ein. Dabei handelt es sich um einen Widerspruch, der sich allein gegen die Verpflichtung richtet, die Kosten des Verfügungsverfahrens zutragen. Das Gericht gab der Abgemahnten Recht und hob die einstweilige Verfügung im Kostenausspruch auf. Die Folge: die Antragstellerin muss ihre Kosten sowie die Gerichtskosten selbst tragen und obendrein noch der Abgemahnten die Kosten des Widerspruchsverfahrens erstatten.

LG München I: Abmahnung muss beantwortet werden

Grundsätzlich habe der wegen Verletzung des Urheberrechts oder eines gewerblichen Schutzrechts Abgemahnte die Pflicht, auf die Abmahnung zu reagieren. Der Abgemahnte müsse in der Regel den Abmahnenden darauf hinweisen, dass seine Abmahnung nicht schlüssig sei oder warum sie aus anderen Gründen vom Abgemahnten für unberechtigt gehalten wird.

…aber nicht bei fehlenden Minimalinformationen

Eine solche „Antwortpflicht“ des Abgemahnten bestehe jedoch nur dann, wenn der Abgemahnte aufgrund der in der Abmahnung mitgeteilten Informationen in die Lage versetzt ist, sich ein Bild über die Sach- und Rechtslage zu machen. Die Abmahnung muss dem Abgemahnten ermöglichen, gegebenenfalls selbst eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu formulieren oder eben begründet zu entscheiden, warum eine solche Erklärung nicht abgegeben wird. Das setzt voraus, dass der Abmahnende den mit der Abmahnung zum Ausdruck gebrachten Vorwurf, also die behauptete Rechtsverletzung, ausreichend klar und nachvollziehbar darstellt. Fehlt es an einer solchen inhaltlichen Begründung, muss der Abgemahnte nach Ansicht des Gerichts auch nicht auf die Abmahnung antworten.
Der Abgemahnte kann sich vielmehr bei einer späteren gerichtlichen Auseinandersetzung dazu entscheiden, den Rechtsanspruch des Abmahnenden anzuerkennen und dem Abmahnenden dennoch die Kosten der gerichtlichen Auseinandersetzung auferlegen zu lassen. Denn der Abgemahnte hat in diesem Fall keine Veranlassung für eine gerichtliche Auseinandersetzung gegeben, da die Abmahnung für eine außergerichtliche Klärung nicht ausreichend bestimmt war.

Richtige Reaktion: Frage des Einzelfall

Die Entscheidung sollte nicht verallgemeinert werden. So ist durchaus umstritten, ob der Empfänger einer Abmahnung beispielsweise antworten muss, wenn die Abmahnung inhaltlich zwar hinreichend bestimmt, aber unbegründet ist.

Das Urteil zeigt jedoch einmal mehr, wie wichtig qualifizierte Beratung beim Thema Abmahnung ist. Wer eine Abmahnung erhalten hat, sollte mit einem spezialisierten Rechtsanwalt klären, welches Verhalten für den Abgemahnten die größten Vorteile bzw. die geringsten Risiken mit sich bringt. Die beim Thema Abmahnung oftmals beherrschenden Emotionen sollten dabei die geringste Rolle spielen. Die Streitwerte bei Unterlassungsansprüchen und damit auch die Kosten gerichtlicher Auseinandersetzungen sind im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes (z.B. bei Ansprüchen wegen der Verletzung gewerblicher Schutzrechte wie beispielsweise Patente oder Marken oder wegen Wettbewerbsverletzungen) sehr hoch. Auch die Abgabe einer Unterlassungserklärung kann zu beträchtlichen Risiken führen, weil im Fall der Zuwiderhandlung erhebliche Vertragsstrafen drohen. Es geht also um viel und dementsprechend ernst sollten Abmahnungen immer genommen werden.

Risiko auch für Abmahner

Aber auch derjenige, der sich in seinem Recht verletzt sieht und eine Abmahnung ausspricht sollte dies nur mit fachkundiger Unterstützung tun. Auch hier gilt: Hohe Streitwerte führen zu großen Kostenrisiken. Dass dies auch für den Abmahnenden schnell zum Problem werden kann, zeigt die Entscheidung des Landgerichts München I. Irrtümer können also teuer werden.

Sie sind Rechtsinhaber und möchten gegen Verletzungen Ihres Schutzrechts vorgehen? Sie sehen sich in Ihren Urheberrechten, beispielsweise an Texten oder Fotografien verletzt? Sie haben eine Abmahnung erhalten und möchten wissen, was jetzt am besten zu tun ist? Wir helfen Ihnen gerne – kompetent, direkt und auf Augenhöhe. Sprechen Sie uns an.