Lebensmittel-/Wettbewerbsrecht: „Energy & Vodka“ unzulässig für Mixgetränk (Healt-Claims-Verordnung)

Lebensmittelrecht: detaillierte und strenge Vorgaben

Ein im Bereich des Lebensmittelrechts oft auftretender Fallstrick sind nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben, die einem Produkt zugesprochen werden. Selbstverständlich möchte jeder Anbieter von Lebensmitteln, dass diese nach Möglichkeit nicht nur schmackhaft, sondern auch gesund oder gar gesundheitsförderlich wahrgenommen und ein dementsprechender Eindruck durch die Werbung vermittelt wird.

Oftmals wird dabei jedoch vergessen, dass insbesondere auf europäischer Ebene, aber auch im nationalen Wettbewerbsrecht eine äußerst strenge Handhabung derartiger Aussagen die Regel ist.

Mit der so genannten „Health-Claims-Verordnung“ (Verordnung EG Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel) besteht eine auch im Inland unmittelbar gültige gesetzliche Regelung über nährwertbezogene und gesundheitsbezogene Angaben. Der Zweck dieser Verordnung ist es vor allem, den Verbraucher vor irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben, die im Zusammenhang mit der Werbung oder Vermarktung von Lebensmitteln gemacht werden, zu schützen. Darüber hinaus soll bei den Herstellern die Produktentwicklung hin zur Entwicklung wirklich gesunder Lebensmittel gelenkt werden.

OLG Hamm zum Wettbewerbsrecht: „Energy & Vodka“ als unzulässige Nährwertangabe für alkoholische Getränke

Die Auswirkungen der Verordnung konnte in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung der Vermarkter eines Mixgetränkes erfahren. Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Urteil vom 10. Juli 2012 (Aktenzeichen: I-4 U 38/12) entschieden, dass ein Vodka-Mischgetränk mit einem Alkoholgehalt von 10% Vol. nicht unter der Bezeichnung „Energy & Vodka“ vertrieben werden darf.

Urteil Urteile Lebensmittelrecht Beratung Hamburg

Rechtsverletzung in der Dose: „Vodka & Energy“    © PantherMedia / Frank Röder

Die Klägerin, ein Verein zur Verbesserung der Einhaltung lebensmittelrechtlicher und wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen im Bereich der Spirituosen-Industrie, forderte von der Beklagten die Unterlassung des Vertriebs eines zu etwa 25 % aus Vodka und im Übrigen aus einem koffeinhaltigen Erfrischungsgetränk bestehenden Mischgetränks mit insgesamt ca. 10% Volumenprozent Alkohol unter der Bezeichnung „Energy & Vodka“.
Nachdem die Beklagte zunächst vor dem Landgericht Paderborn obsiegt hatte, hob das Oberlandesgericht Hamm die erstinstanzliche Entscheidung auf und bejahte das bestehen eines Unterlassungsanspruchs.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts verstößt die für den Vertrieb des in Rede stehenden Getränks verwendete Bezeichnung „Energy & Vodka“ gegen die oben genannte Health-Claims-Verordnung.

Gemäß Art. 4 Abs. 3 Satz 2 der Health-Claims-VO dürften Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2% Vol. grundsätzlich keine nährwertbezogenen Angaben tragen.

Hiergegen habe die Beklagte durch die Verwendung der Bezeichnung „Energy & Vodka“ verstoßen. Das in Rede stehende Mischgetränk habe einen Alkoholanteil von mehr als 1,2 % Vol. Der in der Bezeichnung der Beklagten verwandte Begriff „Energy“ stelle eine nährwertbezogene Angabe dar. Er vermittle dem Verbraucher den Eindruck, der Konsum des Getränks verschaffe ihm Energie, Kraft, Tatkraft und Leistungsvermögen. Die Bezeichnung „Energy“ habe in der Wahrnehmung des Verbrauchers daher einen eigenständigen Begriffsinhalt und bezeichne deswegen nicht lediglich die Beschaffenheit oder eine Zutat des Getränks. Das Getränk werde als „als funktionelles Lebensmittel beschrieben, das positive Nährwerteigenschaften habe“. Dementsprechend verstoße die Verwendung der Bezeichnung „Energy & Vodka“ durch die Beklagte gegen die Health-Claims-Verordnung und damit auch gegen das Wettbewerbsrecht.

 

Lebensmittelrecht: wer nicht das Nachsehen haben will, sorgt vor

Abmahnungen, einstweilige Verfügungen und auf Unterlassung gerichtete Urteile haben im Lebensmittelrecht häufig erhebliche wirtschaftliche Folgen, da möglicherweise im Markt befindliche große Mengen von Ware betroffen sein können. Eine Umetikettierung ist höchst aufwendig, teuer und oftmals auch praktisch gar nicht möglich (z.B. bei bedruckten Getränkedosen). Daher ist hier Vorsicht tatsächlich zumeist die Mutter der Porzellankiste, d.h. eine fachkundige Prüfung der geplanten Gestaltung kann von vornherein Schaden vermeiden.

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