Unternehmergesellschaft: Geschäftsführer haftet bei unrichtiger Firmierung

Grundlagen zur UG (Unternehmergesellschaft)

Die Gründung und der Betrieb eines Unternehmens sind in der Regel mit Risiken verbunden. Damit geschäftliche Misserfolge nicht auch das Privatvermögen der Gesellschafter/Geschäftsführer bedrohen, existiert die Möglichkeit der Gründung einer haftungsbeschränkten Kapitalgesellschaft. Hierbei ist beispielsweise die Haftung einer GmbH auf das Unternehmensvermögen beschränkt.  Die Gesellschafter haften dabei nur für die Leistung ihrer Einlage und ansonsten nicht für Verbindlichkeiten des Unternehmens. Als Pendant zur englischen bzw. irischen Limited hat der Gesetzgeber im Jahr 2008 die Gründungsform der „Unternehmergesellschaft“ eingeführt. Diese „UG“ ist ohne die für eine GmbH zu leistende Stammeinlage von Euro 25.000, nämlich bereits ab einem Stammkapital von nur einem Euro zu gründen. Im Gegenzug zur geringen Haftungssumme sieht das Gesetz vor, dass ein solches Unternehmen auf seine Rechtsform durch die Bezeichnung „UG (haftungsbeschränkt)“ oder „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ hinzuweisen hat.

Zur Bezeichnung „GmbH“ darf erst nach Aufstockung des Stammkapitals auf Euro 25.000 übergewechselt werden, wobei aber die Rechtsperson erhalten bleibt (von der Unternehmergesellschaft geschlossene Verträge werden also ohne das Erfordernis der Zustimmung der Vertragspartner übertragen).

Geschäftsführer haftet für falsche Rechtsformbezeichnung

Geschäftsführer: mitunter ein riskanter Job
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Mitunter ist der Geschäftsführung einer solchen Unternehmergesellschaft die gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnung der Rechtsform zu „sperrig“. Dass Nachlässigkeiten oder „Kreativität“ in diesem Bereich mit hohen Risiken verbunden sind, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der BGH hat mit Urteil vom 12.06.2012 (Aktenzeichen: II ZR 256/11) entschieden, dass der Geschäftsführer einer Unternehmergesellschaft für Verbindlichkeiten dieser Gesellschaft persönlich einzustehen hat, wenn die Gesellschaft sich unberechtigterweise als GmbH bezeichnet.

Im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall forderte der Kläger vom Beklagten Schadensersatz wegen nicht ordnungsgemäß von einer Unternehmergesellschaft erbrachter Werkleistungen. Der Beklagte, alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer Unternehmergesellschaft, war persönlich in Anspruch genommen worden. Grund hierfür war, dass die Gesellschaft sich im Rahmen der Geschäftsbeziehung auch als „H – GmbH u.G. (i.G), M H…“ sowie „HM – GmbH, u.g.“ bezeichnet hatte, obwohl tatsächlich nur eine Gründung in der Form einer Unternehmergesellschaft mit einem Stammkapital von Euro 100 gegeben war.

Der Bundesgerichtshof bejahte eine entsprechende Haftung des Geschäftsführers (Rechtsscheinshaftung). Der Gesetzgeber habe durch die im GmbH-Gesetz vorgesehene Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt“) sicherstellen wollen, dass Geschäftspartner über das gegebenenfalls nur minimale Stammkapital und die damit einhergehende möglicherweise nur geringe finanzielle Ausstattung der Gesellschaft informiert werden. Die Bezeichnung soll den Geschäftspartner vor dem aus der Haftungsbeschränkung resultierenden Risiko warnen.

Durch die Verwendung der falschen Bezeichnung habe der Geschäftsführer zu verantworten, dass die Geschäftspartner der Gesellschaft zu Unrecht von einer finanziell deutlich besser ausgestatteten GmbH ausgingen. Daran ändere auch nichts, dass auch bei einer GmbH letztendlich eine Haftungsbeschränkung gegeben sei. Letztlich sei die GmbH aufgrund des höheren Stammkapitals in Verbindung mit den gesetzlichen Bestimmungen zur Sicherstellung des Erhalts des Stammkapitals mit einer größeren Seriosität ausgestattet.

Für die irreführende Firmenbezeichnung hafte der Geschäftsführer persönlich, mithin also mit seinem Privatvermögen.

Offen gelassen hat der Bundesgerichtshof, in welchem Umfang der Geschäftsführer zu haften hat. Logisch wäre eine Haftung auf die Differenz zwischen dem  Stammkapital der Unternehmergesellschaft und dem in der Regel vorliegenden Stammkapital einer GmbH.

Haftung des Geschäftsführers für Markenverletzung, Patentverletzung und Emailwerbung

Die Entscheidung zeigt eindrucksvoll, dass mit der grundsätzlich begrüßenswerten Einführung der Unternehmergesellschaft insbesondere für unerfahrene Gründer nicht unerhebliche Risiken verbunden sein können. Anders als die oftmals missverständlich verwendete Bezeichnung „Mini-GmbH“ suggeriert, handelt es sich bei der Unternehmergesellschaft nicht um eine eigentliche Rechtsform, sondern um eine Gründungsvariante einer GmbH. Es handelt sich also um eine vollwertige Kapitalgesellschaft, für die auch die für Kaufleute geltenden strengen Maßstäbe, beispielsweise in punkto Buchführung, Prüfungspflichten (z.B. betreffend erhaltene Waren) und Sorgfalt gelten.

Ein Geschäftsführer, der sich hier grobe Schnitzer leistet, macht sich rasch persönlich haftbar. Eine solche persönliche Haftung des Geschäftsführers wird im Übrigen auch bei Entscheidungen angenommen, die zu den grundlegenden Strukturen der Gesellschaft getroffen werden. So entschied beispielsweise das hanseatische Oberlandesgericht, dass ein Geschäftsführer für eine durch den Firmennamen begangene Markenverletzung persönlich in Anspruch genommen werden kann (HansOLG, Urteil vom 14. 12. 2005 – 5 U 200/04 – Miss 17). Der Geschäftsführer kann sich seiner Verantwortlichkeit im Übrigen auch nicht dadurch entziehen, dass er die entsprechenden Tätigkeiten auf Mitarbeiter abwälzt. Hier würde ein Geschäftsführer für seine mangelhafte Organisation einzustehen haben. Unter diesem Aspekt haben Gerichte auch die Haftung eines Geschäftsführers für eine Patentverletzung bejaht (LG Düsseldorf: Urteil vom 20.08.2002 – 4a O 315/01). Und auch im Bereich des Wettbewerbsrechts haben Gerichte direkte Ansprüche gegen Geschäftsführer bejaht, welche ihren Sorgfaltspflichten nicht gerecht werden. Ein Geschäftsführer haftet neben der Gesellschaft persönlich auf Unterlassung, wenn er keine geeigneten Maßnahmen ergreift, um unlautere E-Mail-Werbung zu verhindern. So hat der Geschäftsführer beim Erwerb von Adressdaten für Werbe-E-Mails jedenfalls stichprobenartig zu prüfen (oder prüfen zu lassen), ob eine Einwilligung der Adressaten vorliegt. Unterlässt er dies, so haftet er für rechtswidrige Werbe-Emails des Unternehmens (OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.11.2009 – 20 U 137/09). Die vorgenannten Haftungsmaßstäbe gelten sogar in noch wesentlich verschärftem Ausmaß, wenn Unterlassungserklärungen des Unternehmens abgegeben wurden oder wenn durch ein Urteil oder eine einstweilige Verfügung dem Unternehmen Handlungen (beispielsweise die Verwendung einer bestimmten Werbung oder eines bestimmten Kennzeichens) untersagt wurden. Ein Geschäftsführer hat in solchen Fällen durch ganz bestimmte Maßnahmen sicherzustellen, dass die Unterlassungsvereinbarung/das Verbot auch durch die Mitarbeiter des Unternehmens befolgt wird. Ist dies nicht der Fall, drohen Ansprüche auf Vertragsstrafen oder Ordnungsgelder, für welche gegebenenfalls auch der Geschäftsführer (z.B. von den Gesellschaft) haftbar zu machen sein kann.

BBS unterstützt Firmengründer in allen Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes. Darüber hinaus helfen wir Ihnen auch bei der Wahl der richtigen Rechtsform sowie bei der Gestaltung Ihres Gesellschaftsvertrags – kompetent und praxisorientiert. Wir informieren Sie gerne über alle wichtigen Aspekte der Haftung von Unternehmen und Geschäftsführern/Gesellschaftern im Hinblick auf unsere Spezialgebiete. Jedoch auch, wenn Sie bereits ein Unternehmen gegründet haben oder als Geschäftsführer bestellt wurden, kann eine rechtliche Beratung für Sie interessant sein. Oftmals bestehen Fehlvorstellungen über die Reichweite der Haftung von Geschäftsführern und Gesellschaftern. Die Details der Anforderungen, die ein Geschäftsführer zur Vermeidung der Verletzung von Rechten Dritten (z.B. Urheberrechte, Patente, Marken, Gebrauchsmuster und Geschmacksmuster) treffen muss, sind selten bekannt. Wer sich hier frühzeitig informiert und die richtigen Maßnahmen ergreift, kann (und sollte) teure Nachlässigkeiten vermeiden. Eine kurze und keineswegs kostspielige Beratung kann Sie vor persönlichen Risiken schützen. Was können wir für Sie tun?