Abschaltung der ODR-Plattform (Online Dispute Resolution) – was Online‑Händler jetzt tun müssen
Die Europäische Kommission hat am 20.07.2025 die europäische Online‑Streitbeilegungsplattform (ODR) endgültig abgeschaltet. Die Maßnahme überrascht nicht: Gerade einmal rund 200 Beschwerden pro Jahr wurden EU‑weit über das Portal eingereicht – zu wenig für den beträchtlichen Verwaltungsaufwand.
1. Hintergrund
Im Jahr 2016 trat die Online Dispute Resolution als Verordnung (ODR-VO) in allen EU-Mitgliedstaaten in Kraft. Sie hatte das Ziel, Verbraucherstreitfälle durch alternative Streitbeilegungsverfahren beizulegen. Langwierige und teure Prozesse vor Gericht sollten möglichst vermieden werden. Entwickelt und betrieben wurde die Plattform von der EU-Kommission. Infolge der ODR-VO wurden alle Onlinehändler dazu verpflichtet, einen „leicht zugänglichen“ Link zur Plattform bereitzustellen. Der Link muss klickbar sein und ebenfalls auf Verkaufsplattformen erfolgen.
2. Was bedeutet das für Shop‑Betreiber?
Mit der Einstellung der Plattform sind sowohl der Zugang als auch die gesetzliche Pflicht zum Hinweis auf die Plattform ersatzlos entfallen. Um Rechtsfehler zu vermeiden sind unverzügliche Maßnahmen erforderlich:
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Pflicht‑Links entfernen
Ein Verbleib solcher Hinweise kann infolge der Abschaltung als irreführend angesehen werden. Alle Verweise auf die ODR‑Plattform müssen daher sofort aus AGB, Widerrufsbelehrung, Impressum und E‑Mail‑Signaturen entfernt werden. Wer den Link stehen lässt, riskiert wettbewerbsrechtliche Abmahnungen.Der zu entfernende Verweis lautet sinngemäß:
„Zur außergerichtlichen Beilegung von verbraucherrechtlichen Streitigkeiten hat die Europäische Union eine Online-Plattform (“OS-Plattform”) eingerichtet. Die OS-Plattform soll als Anlaufstelle zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten betreffend vertragliche Verpflichtungen, die aus Online-Kaufverträgen erwachsen, dienen. Die Plattform finden Sie unter https://ec.europa.eu/consumers/odr.“
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Texte sauber anpassen
Formulierungen wie „Die Europäische Kommission stellt eine Plattform zur Online‑Streitbeilegung bereit …“ usw. sind ersatzlos zu streichen. -
VSBG‑Hinweis bleibt
Unabhängig vom Ende der ODR‑Plattform bestehen die Informationspflichten nach §§ 36 f. VSBG fort. Nach § 36 Abs. 1 VSBG besteht für Unternehmer die Pflicht, Verbraucher darüber zu informieren, inwieweit sie bereit oder verpflichtet sind, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 22.9.2020 – XI ZR 162/19) muss die entsprechenden Informationen sowohl auf der Website als auch in den AGB erscheinen, wenn der Unternehmer solche verwendet. Eine Verpflichtung trifft gem. § 36 Abs. 3 VSBG nur Online-Händler, die am 31.12. des des vorangegangenen Jahres mehr als zehn Personen beschäftigt hatten. Ist oder hat sich der Händler zur Teilnahme verpflichtet, muss er nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG Angaben zur Anschrift und Website der zuständigen Schlichtungsstelle erteilen. Händler, die generell nicht an Verbraucherschlichtung teilnehmen, müssen dies weiterhin klar mitteilen. -
Kommunikationsvorlagen und archivierte Inhalte checken
Prüfen Sie Newsletter‑Templates, Social‑Media‑Profile und alte Landing‑Pages. Auch dort taucht der OS‑Link häufig auf.
3. Praxistipp
Nutzen Sie das Aus für einen kleinen Sommer‑Check Ihrer Rechtstexte: Neben der ODR Streichung lohnt sich ein Blick auf neue Pflichtangaben z. B. aus dem Digital Services Act, dem Lebensmittelinformationsrecht oder dem Preisangabenrecht. In diesem Jahr ist auch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft getreten, das u.a. Anforderungen an Webauftritte und digitale Services stellt. Schon ein kurzer Audit spart später Ärger und Kosten.
Rechtsanwalt Tobias Spahn, BBS Rechtsanwälte Hamburg

KI-generiert/ TS
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