It’s a Sony: Abmahnungen wegen PS3-Modchips: „PS3-Jailbreak“, “PS3 Break“

 

„Go Create“ – Nicht zu wörtlich nehmen sollte man den Werbeslogan von Sony aus dem Jahr 2003. Jedenfalls nicht bei der eigenmächtigen Erweiterung der technischen Möglichkeiten von Spielkonsolen des japanischen Unterhaltungselektronik-Konzerns. Die Grenzen des „kreativen“ Umgangs mit seinen Spielkonsolen sind für den Konzern jedenfalls beim Einsatz von Modchips für die beliebten Sony-Spielkonsolen sehr schnell erreicht. Dies gilt derzeit insbesondere für das aktuelle Modell „PS3“ („PlayStation 3“).

 

Modchips Sony PS3

Modchips für Sony PS3 im Online-Handel: Rechtlicher Ärger droht

 

„Modchips“

Was sind Modchips? Dies sind elektronische Zusatzbauteile, mit denen die technischen Möglichkeiten von Spielkonsolen erweitert und ergänzt werden können. Modchips ermöglichen die Nutzung von Drittanbieter-Software, beispielsweise von kostenlos im Internet erhältlichen, von Privatpersonen zur Verfügung gestellten Programmen (sog. „Homebrew“-Software), auf den Spielkonsolen. Wie ist das möglich? Bei den elektronischen Bauteilen von Spielkonsolen, der sog. „Hardware“, handelt es sich in der Regel um technische Standard-Bauteile, die sich nur wenig von der Hardware herkömmlicher Heimcomputer unterscheiden. Die tatsächliche softwaretechnische Umsetzung der grundsätzlich gegebenen technischen Möglichkeiten einer Hardware-Plattform liegt allerdings allein im Belieben desjenigen, der das Betriebssystem implementiert. Grundsätzlich mögliche Funktionen können, müssen aber nicht verfügbar gemacht werden. Durch den Einsatz von Drittanbieter-Software lassen sich den Spielkonsolen daher oftmals technische Funktionen entlocken, die auf der jeweiligen Hardware-Plattform zwar grundsätzlich technisch möglich, vom Hersteller aber nicht erwünscht und daher nicht vorgesehen sind. So war es etwa bei dem Vorgänger-Modell PS2 („PlayStation 2“) seinerzeit etwa lange nicht möglich, Audio-Dateien in dem bei Nutzern beliebten, weil Speicherplatz-sparenden mp3-Format abzuspielen. Homebrew-Software schaffte hier Abhilfe und ermöglichte genau dies, die Wiedergabe von mp3-Dateien. Voraussetzung für den Einsatz dieser kostenlos im Internet zur Verfügung gestellten Software war allerdings der vorherige Umbau des Geräts durch Einbau eines Modchips. Nebeneffekt dieser Maßnahme war es allerdings in der Regel auch, dass sich neben dem Einsatz grundsätzlich sinnvoller Homebrew-Software nun auch mit spezifischen Regionalcodes versehene, in anderen Ländern zu anderen Preisen vertriebene Original-Spiele, sowie Kopien („Sicherheitskopien“ oder „Raubkopien“) urheberrechtlich geschützter Spiele, auf der Spielkonsole wiedergeben ließ. Dies  störte die Firmenpolitik und offenbar auch die kaufkraftorientierte Vertriebs- und Absatzpolitik des Konzerns, weshalb Sony hiergegen rechtlich vorging und Importeure, Verkäufer und auch bloße Käufer solcher Modchips abmahnen ließ. Während Hersteller konkurrierender Spielkonsolen – etwa Nintendo – dies offenbar als „Kollateralschäden“ verbuchen und mehr oder weniger in verschiedenem Maße „tolerierten“, verfolgt Sony seine diesbezüglichen Ansprüche hierbei generell stets konsequent bis vor das zuständige  Gericht.

 

Rechtsprechung

Wenn eine höchstrichterliche Klärung der Zulässigkeit von Modchips bislang auch noch aussteht, so haben sich zumindest die Instanzgerichte bislang einheitlich zu der Ansicht durchgerungen, dass bereits der Vertrieb von Modchips die Urheberrechte des Unterhaltungselektronikkonzerns verletzt (Landgericht München I, Urteil vom 03.04.2008, Az. 7 O 13379/07 und Urteil vom 21.02.2008, Az. 7 O 11117/07 sowie Landgericht Hamburg, Urteil vom 27.04.2009, 310 O 191/08 und Urteil vom 14.04.2010, 308 O 261/08). Begründet wird dies in der Regel damit, dass Modchips überwiegend dem Einsatz kopierter Software dienen und damit eine erhebliche Beihilfe zur Herstellung unrechtmäßiger Kopien leisten. Ferner stützen sich die Begründungen der Gerichte auf die Vorschrift § 95a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG), wonach „wirksame technische Maßnahmen“ zum Schutz von Urheberrechten ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nicht umgangen werden dürfen. Modchips stellen nach den zitierten Entscheidungen unzulässige Mittel zur Umgehung solcher Kopierschutzmaßnahmen dar.

Update 07.02.2013: In einem ähnlichen Fall hat der Bundesgerichtshof nun dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, nach welchen Regeln die Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen für Computerspiele zu behandeln sind (Beschl. v. 07.02.2013, Az. I ZR 124/11). Gegenstand des Verfahrens ist der Vetrieb von Speicherkarten-Adpatern für die tragbare Videospielkonsole Nintendo DS. Mittels solcher Adapter können herkömmliche Speicherkarten mit der Konsole verwendet und hierauf gespeicherte Daten genutzt werden. Neben der Nutzung legaler Daten ermöglicht dies auch das Abspielen widerrechtlich hergesteller Kopien von Originalspielen. Bei Computerspielen handelt es sich im urheberrechtlichen Sinne um ein kombiniertes, komplexes Werk, dass eine Vielzahl separat geschützter Einzelwerke (Computerprogrammcode, Bilder, Musikstücke, Videofilme) beinhaltet. Das Verbot zur Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen unterliegt bei Computerprogrammen (§ 69f Abs. 2 UrhG) jedoch anderen, engeren Voraussetzungen als beispielsweise bei Bildern oder Musikstücken (§ 95a UrhG). Die Anwendung der weiter gehenden Regelung des § 95a UrhG, welcher bereits die Umgehung von wirksamen technische Schutzmaßnahmen untersagt, ist im Bereich des Schutzes von Computerprogrammen ausdrücklich ausgeschlossen (§ 69a Ab.s 5 UrhG). Für den Schutz von Computerprogrammen sieht § 69f Abs.2 UrhG lediglich einen Vernichtungsanspruch für solche Mittel vor, die allein dazu bestimmt sind, die Beseitigung oder Umgehung technischer Programmschutzmechanismen zu erleichtern. Der Grund für die unterschiedliche Behandlung von Computerprogrammen und anderen Werkarten liegt darin, dass Nutzern von Computerprogrammen unter bestimmten Voraussetzungen unabdingbare Rechte auf Erstellung einer Sicherungskopie (§ 69 d Abs. 2 UrhG) und Dekompilierung des Programmcodes (§ 693 UrhG) zustehen. Diese Rechte gehen auf die EU-Softwarerichtlinie (91/250/EWG) zurück, und sollen nach dem Erwägungsgrund 50 der Richtlinie 2001/29/EG vom Umgehungsschutz für Kopierschutzmaßnahmen, wie er jetzt in den §§ 95a-d UrhG geregelt ist, ausdrücklich unberührt bleiben. Vor diesem Hintergrund stellt sich Frage, ob die Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen für komplexe Werke wie Computerspiele nach den strengeren speziellen Regelungen für  Computerprogramme, oder nach den allgemeinen für sonstige Werkarten geltenden Regelungen zu behandeln sind, oder ob beide Regelungen nebeneinander anwendbar sind.

 

PS3-Mochips

Bei der grundsätzlich – getreu dem Firmenmotto – „kreativen“ Nutzergemeinde der beliebten Spielkonsolen des japanischen Unterhaltungselektronik-Konzerns war es nur eine Frage der Zeit, bis auch das technische Potential der neueste Generation PS3 erschlossen wird. Unter den Bezeichnungen „PS Jailbreak“ und „PS3 Break“ werden im Internet derzeit Modchips für die PS3 angeboten. Im Unterschied zu bisherigen Modchip-Generationen handelt es sich hierbei um technisch einfach nutzbare Erweiterungs-Chips, die als USB-Adapter auch vom technischen Laien einfach eingesteckt und genutzt werden können. Ein Einlöten oder ähnlich schwierige Maßnahmen, wie noch bei Modchips für die Vorgänger-Generationen der aktuellen Spielkonsolen-Generation erforderlich, sind nicht nötig. Mit diesem Modchip lassen sich lassen sich nach Angaben von shortnews.de Programme aller Art von jeder Person so signieren, dass sie auf der Konsole abgespielt werden können.

 

Reaktionsmöglichkeiten, Vorbeugung einer kostenpflichtigen Abmahnung

Sony geht nun auch gegen die Verbreitung der neuen Modchips (PS3 Jailbreak“, PS3 Break“) rigoros rechtlich vor. Im Fokus stehen hierbei nicht nur Händler, sondern auch Privatpersonen, die entsprechende Modchips zu rein privaten Zwecken nach Deutschland importieren. Die Zollbehörden sind bereits informiert, so dass Sendungen mit einschlägiger Produktbezeichnung oder von einschlägig bekannten Versendern aus dem – meist chinesischen – Ausland sichergestellt und Sony beziehungsweise deren Anwälte informiert werden. Folge ist eine – zumeist kostenpflichtige – Abmahnung. Um hier unkontrollierbare Kosten zu vermeiden, muss schnell reagiert werden. Die richtige Reaktion hilft, unnötige Kosten – die jedenfalls bei geringen Mengen zudem außerhalb jeglichen Verhältnisses zum Einkaufspreis stehen – zu vermeiden. In der Regel erhält der Besteller bereits vom beauftragten Versandunternehmen eine Benachrichtigung über die Inverwahrungnahme und genießt damit einen zeitlichen Vorsprung vor der sicher folgenden „offiziellen“ – in der Regel zeitgleichen – Information des Bestellers und des betroffenen Rechtsinhabers durch den Zoll. Wer hier schnell reagiert und rechtzeitig eine ausreichende Unterlassungsverpflichtungserklärung abgibt, kann die Folgen – auch die finanziellen – einer Abmahnung vermeiden. Diese folgt ansonsten nach unserer Kenntnis binnen kürzester Zeit.

 

Haben Sie Fragen zur Durchsetzung oder Abwehr urheberrechtlicher Ansprüche, dem urheber- oder patentrechtlichen Schutz von Software oder zu Produktpiraterie und Abmahnungen? Wir stehen Ihnen bei solchen Fragen gerne zur Seite. Sprechen Sie uns an!