Datenschutzrecht: welche Daten darf der Arbeitgeber herausgeben?

Datenschutz im Arbeitsverhältnis: Spezialgebiet

Nicht nur im „klassischen“ Arbeitsrecht geht es um die besonderen Rechte von Arbeitnehmern. Häufig erreichen uns Fragen zum Datenschutzrecht im Arbeitsverhältnis. Besonders oft muss geklärt werden, welche Arbeitnehmer-Daten der Arbeitgeber erheben darf und in welchem Umfang diese Daten gespeichert und verwendet werden dürfen. Besonders kritisch wird es, wenn die Daten von Arbeitnehmern an Dritte (also nicht am Arbeitsverhältnis beteiligte Parteien) weitergegeben werden sollen. Nicht nur die Aufsichtsbehörden, auch Arbeitnehmer reagieren in Bezug auf die Datenverarbeitung im Arbeitsverhältnis besonders empfindlich.

Sondervorschriften für Arbeitnehmerdaten

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Datenschutz im Arbeitsverhältnis: besondere Regeln erfordern besondere Maßnahmen
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Für das Arbeitsverhältnis besteht vor allem die Sondervorschrift des § 32 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Danach dürfen personenbezogene Daten von Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber dazu genutzt werden, um das Arbeitsverhältnis zu begründen (beispielsweise Bewerbungsunterlagen auszuwerten oder Personenstammdaten zu erheben) durchzuführen (beispielsweise für die Gehaltsabrechnung oder die Personalverwaltung) oder zu beenden (beispielsweise die Erhebung und Speicherung etwaiger Kündigungsgründe). Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten im Arbeitsverhältnis nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn ein konkreter Verdacht im Hinblick auf eine konkrete Straftat vorliegt, keine milderen Mittel zur Aufdeckung der Straftat zur Verfügung stehen und sonstige schutzwürdige Interessen des Beschäftigten einer Datenverarbeitung nicht entgegenstehen. Für das konkrete Beispiel: die vorsorgliche Überwachung von Arbeitnehmern mittels einer Videoüberwachung ist unzulässig, wenn sie darauf gestützt wird, dass möglicherweise durch Mitarbeiter ein Diebstahl begangen werden kann. Sie kann jedoch im Ausnahmefall zulässig werden, wenn konkrete Diebstahlsdelikte vorgelegen haben und die Videoüberwachung die einzige noch zur Verfügung stehende Maßnahme zur Aufdeckung dieser Diebstahlsdelikte ist. Ist eine Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten im Arbeitsverhältnis nicht mehr durch § 32 BDSG gedeckt, ist die Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich. Dabei ist von Arbeitgebern besonders zu beachten, dass die Zustimmung freiwillig erteilt werden muss. Dies ist im Arbeitsverhältnis in der Praxis gar nicht so leicht, denn Gerichte wie auch Aufsichtsbehörden gehen davon aus, dass das Arbeitsverhältnis durch eine besondere Stärkeposition des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer (welcher ja seine Arbeitsstelle gerne behalten will) geprägt ist.

BGH aktuell: keine Weitergabe von Arbeitnehmer-Privatanschriften an Dritte

Neue brandaktuelle Rechtsprechung zur Verarbeitung personenbezogener Daten im Arbeitsverhältnis hat der Bundesgerichtshof beigesteuert. Der BGH hat entschieden, dass Arbeitgeber nicht berechtigt sind, die Privatanschrift von Angestellten an Dritte weiterzugeben (BGH, Urteil vom 20. Januar 2015 – VI ZR 137/14).

In der aktuellen Entscheidung des BGH ging es um die Herausgabe der Privatanschrift zweier Ärzte. Der Kläger war Patient einer Klinik, die Beklagte ist die Betreiberin dieser Klinik. Der Kläger beansprucht Schadensersatz von zwei angestellten Ärzten der Beklagten. die Klage konnte zwar an der Klinikanschrift zugestellt werden, der Kläger wollte jedoch darüber hinaus die Privatanschrift der Ärzte zu Zustellungszwecken in Erfahrung bringen und forderte dies im Weg der Klage von der Arbeitgeberin der betroffenen Ärzte. Zu Unrecht, wie der Bundesgerichtshof entschied. Während noch das zuvor erkennende Landgericht der Klage stattgegeben hatte, wies der Bundesgerichtshof die Klage unter Aufhebung der Vorinstanz ab. Das Landgericht hatte noch argumentiert, dass die Forderung nach Anonymität sich mit dem besonderen Wesen des Verhältnisses zwischen Arzt und Patienten nicht vertrage (Landgericht Görlitz – Urteil vom 14. Februar 2014 – 2 S 174/13). Dem erteilte der Bundesgerichtshof eine klare Absage.

Der Patient habe zwar gegenüber Arzt und Krankenhaus grundsätzlich einen Anspruch auf Auskunft in Bezug auf die ihn betreffenden Unterlagen, und zwar auch dann, wenn kein Rechtsstreit im Raum steht. In diesem Zusammenhang sei eine Klinik auch dazu verpflichtet, dem Patienten den Namen eines behandelnden Arztes mitzuteilen. Allerdings gehe die Forderung nach der Mitteilung der Privatanschrift zu weit. Da der Kläger die Klageschrift für seine Ansprüche auch an die Klinikanschrift zustellen konnte, bestünde für die Mitteilung der Privatanschrift keine Veranlassung. Der Erteilung einer Auskunft über die Privatanschrift von Mitarbeitern steht auch nach der Einschätzung Bundesgerichtshofs insbesondere die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG entgegen. Die Regelung gestattet dem Arbeitgeber die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten (nur) für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses. Der Arbeitgeber ist aber grundsätzlich nicht berechtigt, personenbezogene Daten, die für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben worden sind, an Dritte weiterzuleiten, wenn dies nicht im Hinblick auf das Beschäftigungsverhältnis notwendig ist.

Externe Lohnabrechnung: Auftragsdatenverarbeitung beachten!

Die vorgenannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist stringent und richtig. Der Umgang mit personenbezogenen Daten von Arbeitnehmern bedarf einer besonderen Sensibilität und Aufmerksamkeit auf der Seite des Arbeitgebers. Auf der einen Seite ist natürlich zu beachten, dass es kein gesetzliches Gebot der absoluten Verschwiegenheit für sämtliche das Arbeitsverhältnis in irgendeiner Form betreffenden Informationen gibt. Insbesondere, wenn Arbeitnehmer nachweislich Straftaten begangen haben, erkennen Gerichte in der Praxis häufig berechtigte Interessen des Arbeitgebers an der Erhebung und Nutzung dieser Daten an. Andererseits steht der Arbeitgeber in der Pflicht, die ihm anvertrauten Arbeitnehmerdaten sorgfältig und nur im Rahmen der Zweckbindung des Arbeitsverhältnisses zu verwenden. Dazu gehört nicht nur, dass diese Daten nicht ohne ausreichenden rechtlichen Grund an Dritte übermittelt werden dürfen. Insbesondere im Bereich der Auftragsdatenverarbeitung erleben Datenschutzexperten in der Praxis häufig eine mangelnde Sensibilität im Hinblick auf Datenschutz und Datensicherheit. Viele Arbeitgeber wissen nicht, dass beispielsweise besondere Formvorschriften für ausgelagerte Datenverarbeitung bestehen, so beispielsweise bei der elektronischen Lohndatenverarbeitung. § 11 BDSG sieht hier vor, dass ein im Original vorliegender, schriftlicher Vertrag geschlossen werden muss, der ganz bestimmte Mindestanforderungen an inhaltliche Bestimmbarkeit und effektiv durchzusetzende Weisungsrechte des Arbeitgebers enthalten muss. Liegt ein solcher Vertrag nicht, nicht in der erforderlichen Form oder nicht mit dem erforderlichen Inhalt vor, ist die Übermittlung von Arbeitnehmerdaten unzulässig. Dies kann im Ernstfall sogar zu Schadensersatzansprüchen der Betroffenen oder Bußgeldverfahren der Aufsichtsbehörden führen.

Wir stehen nicht nur Betroffenen bei der effektiven Durchsetzung ihrer Rechte zur Seite. Ein besonderer Schwerpunkt der Expertise von BBS Rechtsanwälte besteht in der praxisorientierten, strategischen und vorsorglichen Beratung und Unterstützung von Arbeitgebern im Hinblick auf datenschutzrechtliche Fragestellungen. Sie haben Fragen oder Beratungsbedarf? Sie fragen sich beispielsweise, ob Sie einen externen betrieblichen Datenschutzbeauftragten bestellen sollen oder ob Ihre getroffenen Vereinbarungen den datenschutzrechtlichen Anforderungen entsprechen? Wir sind gerne für Sie da.

Rechtsanwalt Thomas Brehm ist Anwalt und Experte im Bereich des Datenschutzrechts und des Informationstechnologierechts mit langjähriger Erfahrung. Er steht unter anderem Unternehmen als externer betrieblicher Datenschutzbeauftragter und als Berater bei betrieblichen Konflikten und bei der Vertragsgestaltung im Bereich des Datenschutzes zur Seite. Darüber hinaus betreut er Unternehmen in Bezug auf Verfahren und Maßnahmen der Datenschutz-Aufsichtsbehörden.