IT-Verträge (und mehr): Kündigungsrecht bei Insolvenz des Vertragspartners nur in Ausnahmefällen wirksam

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Lösungsklauseln bei Insolvenz des Vertragspartners sind nur in Ausnahmefällen wirksam

Ein außerordentliches Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund besteht [….]

  • wenn über das Vermögen des Anbieters ein Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird [….]

Derartige Klauseln finden sich im B2B-Bereich in Verträgen immer wieder. Auch wenn es um großvolumige Verpflichtungen und langfristige und wichtige Leistungen geht. Denn wer möchte schon wichtige Vertragsbeziehungen mit Vertragspartnern aufrechterhalten, bei denen das Ruder des Unternehmens längst durch einen Insolvenzverwalter übernommen wurde, selbst wenn der Geschäftsbetrieb fortgeführt wird. Was auch viele Vertragsjuristen in Unternehmens-Rechtsabteilungen oft nicht wissen: derartige Klauseln sind in vielen Fällen unwirksam mit der Folge, dass eine Kündigung aus dem Grund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fehlschlägt.

BGH zur Kündigung wegen Insolvenz

Hierzu ein brandaktuelles Beispiel aus der Praxis: Mit seinem Urteil vom 27.10.22 führt der IX. Senat ZR des Bundesgerichtshofs seine Rechtsprechung bezüglich Kündigungsklauseln für den Fall einer Insolvenz in Verträgen fort.
Wozu wurde geurteilt:
Ein Busunternehmer schloss mit den lokalen Behörden Beförderungsverträge für den Transport von Schulkindern. Nach dem selbst gestellten Insolvenzantrag des Unternehmers kündigte die Verwaltung die jeweiligen Beförderungsverträge, unter Berufung auf die den Verträgen innewohnende Klauseln zur Insolvenz des Schuldners, fristlos. Der mittlerweile bestellte Insolvenzverwalter hielt jene Kündigung für unwirksam und klagte bis zur Berufungsinstanz, welche ihm zunächst Recht gab. Daraufhin beschloss die Behörde in Revision zu gehen mit dem Ergebnis, dass das Berufungsgericht nach weiteren Argumentationen der Streitparteien erneut zu entscheiden hat.

Vertrag fortführen oder beenden: der Insolvenzverwalter (und nicht der Vertragspartner) hat die Wahl

In seiner jüngeren Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Lösungsklauseln bei Verträgen im Falle einer Insolvenz, tendiert der BGH klar in die Richtung, dass solche Klauseln eher unwirksam sind, da sie das Wahlrecht des Insolvenzverwalters (§ 103 InsO) beschneiden und somit gegen § 119 InsO verstoßen. (Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. November 2012 – IX ZR 169/11). Dies gilt erst recht für Klauseln, die Bestimmungen enthalten Regelungen zu umgehen, welche vor Eröffnung der Insolvenz bestehen. (Vgl. § 112 InsO). Nach dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters steht es allein dem Insolvenzverwalter zu zu entscheiden, ob er noch nicht vollständig abgewickelte Vertragsbeziehungen fortführt oder beendet. Regelungen, die dieses Wahlrecht aufheben oder erheblich beschneiden, sind nach § 119 Insolvenzordnung unwirksam. Das bedeutet, der Vertragspartner kann sich gegenüber dem insolventen Unternehmen (bzw. dessen Insolvenzverwalter) nicht auf sein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund berufen.

Ausnahmen hierzu bilden unter Anderem etwaige Kündigungsklauseln bei Bauvorhaben, weil es dem Auftraggeber regelmäßig nicht zuzumuten ist, an seinem Bauvertrag mit dem bisherigen Schuldner festzuhalten, da das für solche Unterfangen erforderliche Vertrauen in die Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Vertragspartners durch eine etwaige Insolvenz vernichtet werden kann. (Bundesgerichtshof, Urteil vom 07. April 2016 – VII ZR 56/15). Auch wenn das Gesetz eine Kündigung aus wichtigem Grund zulassen würde, wie beispielsweise im Werksvertragsrecht verankert, kann eine entsprechende Lösungsklausel ausnahmsweise einmal wirksam sein. Hierfür muss eine Interessenabwägung in Form einer Risikoeinschätzung für die einzelnen Vertragsparteien erfolgen und darauf basierend die Bewertung zu einem vom Einzelfall losgelösten, wichtigen Grund gelangen. Es bedarf demnach einer schweren Vertragsstörung um sich auf diesem Wege von seinen Verpflichtungen zu lösen (Busche, MüKo BGB 2023 § 648a Rn.3).

Was für die Praxis mitgenommen werden kann:

  • Lösungsklauseln für den Insolvenzfall in Verträgen können zwar wirksam sein, dies ist jedoch eher die Ausnahme
  • Wenn nicht aus einem klar definierten, wichtigen Grund gekündigt werden kann, sollte über das Berufen auf eine solche Klausel zurückhaltend nachgedacht werden, da selbst in diesem Fall keine Rechtssicherheit besteht; im schlimmsten Fall muss der Vertrag mit einem insolventen Unternehmen fortgeführt werden
  • Der Insolvenzverwalter ist aus naheliegenden Gründen häufig kein begeisterter Adressat für Maßnahmen, die seinen Handlungsspielraum beschneiden

Insbesondere im Bereich der IT hat die Insolvenz von Dienstleistern häufig dramatische Auswirkungen. Insbesondere führt das Insolvenzverfahren oft zu Einschränkungen auf der Serviceebene und zu personellen Veränderungen im Unternehmen. Auf der Arbeitsebene erweisen sich Insolvenzverwalter häufig als schwieriger Ansprechpartner zu technischen oder betrieblichen Fachfragen.

Daher sollte der Aspekt einer möglichen Insolvenz (schon) bei der Vertragsgestaltung berücksichtigt und klug geregelt werden. Das auf den ersten Blick vorzugswürdige Szenario des Kündigungsrechts erweist sich dabei (siehe oben) aber als Irrweg.

Unsere Experten stehen Ihnen bei allen Fragen zur Vertragsgestaltung (insb. bei Softwareentwicklung, Pflege und Wartung, Outsourcing, IT-Betrieb und Beratung) mit jahrzehntelanger Erfahrung und topaktueller Kompetenz durch Rat und Tat und auch mit Verhandlungsgeschick zur Seite. Sprechen Sie uns an. Wir sind gerne für Sie da.

 

 

BGH-Urteil erkennt Zugang von E-Mails im Geschäftsverkehr an!

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BGH-Urteil erkennt Zugang von E-Mails im Geschäftsverkehr an!

Mit seinem Urteil vom 6.10.2022 erklärt der BGH die Kommunikation via Mail im B2B-Bereich als verbindliche Geschäftsmethodik.

Worüber wurde konkret geurteilt?

In dem entschiedenen Fall ging es um die Forderung der Klägerin, welche aus von ihr durchgeführten Metallbau- und Begrünungsarbeiten am Objekt der Beklagten in 2016 resultierte. Die Arbeiten verschlungen insgesamt etwa 250 000€. Da ein Großteil der Summe bereits während der Durchführung des Projekts an die Klägerin geflossen war, belief sich die Restforderung auf lediglich 14. 538€. Die Beklagte entschied sich eigenmächtig die noch offene Forderung zu kürzen, was zu Schriftwechsel und Streit führte, welcher in einem Forderungsschreiben der Klägerin am 27. November 2018 mündete. Hier verlangte diese Zahlung in Höhe von 14. 347€ nebst den entstandenen Anwaltskosten von 1.029€. Im Antwortschreiben vom 13 Dezember 2018 bot die Beklagte an, die Forderung und die Anwaltskosten zu begleichen, ohne hierfür eine Rechtspflicht anzuerkennen und die Sache damit zu erledigen. Am 14.12.2018 um 09:19 Uhr erhielt die Beklagte eine E-Mail von der anwaltlichen Vertretung der Klägerin, in welcher ihr Vorhaben bestätigt wurde. Es würden keine weiteren Forderungen erhoben werden. Nur etwa eine halbe Stunde später, genau um 09:56 Uhr, erreichte die Beklagte eine zweite Mail von der Vertretung der Klägerin. Die erste Mail von 09:19 Uhr müsste unberücksichtigt bleiben. Die Mandantin habe die Forderungshöhe noch nicht abschließend geprüft, daher könne nicht vom Erheben weiterer Forderungen abgesehen werden. Am 17.12.2018 wurde der Beklagten dann eine Schlussrechnung von 22. 173€ vorgelegt. Jene entschied sich am 21.12.2018 jedoch lediglich die Forderung aus der Mail vom 14.12.2018 um 09:19Uhr zu berücksichtigen und überwies daraufhin nur die 14. 347€ nebst den Anwaltskosten. Die Klägerin verlangte nun vergeblich die Begleichung der Differenz durch die Beklagte.

 

Zu den Gründen:

  • Die Klägerin hat, vertreten durch ihre Anwälte, der Beklagten ein wirksames Angebot zum Schluss eines Vergleichs in der E-Mail vom 14.12.2018, 09:19 Uhr gemacht. Sie ist an dieses Angebot gebunden.
  • Die Beklagte hat das Angebot durch Überweisung vom 21.12.2018 konkludent angenommen.
  • Die E-Mail vom 14.12.2018, 09:56 stellt keinen wirksamen Widerruf oder eine etwaige Anfechtung des Vergleichsangebots dar. Der Widerruf wäre zu diesem Zeitpunkt zu spät erfolgt, da das Angebot bereits mit der E-Mail um 09:19 zugegangen sei und die Regelungen der §§ 130, 145 BGB Anwendung finden.
  • Die Verteidigung der Klägerin hat es versäumt, die Entscheidung bezüglich des Zugangs des Berufungsgerichts konkret anzugreifen, deshalb wird diese nicht abschließend durch den BGH erörtert.

Grundsätzlich ist aber von einem Zugang der Willenserklärung via Mail in dem Moment auszugehen, in dem die Nachricht abrufbereit auf dem Mailserver des Empfängers eingegangen und somit in seinen Machtbereich gelangt ist. Der Empfänger muss im Vorfeld der Kommunikation oder durch Veröffentlichung seiner Mailadresse auf seiner Homepage zumindest konkludent kenntlich gemacht haben, dass er über diesen Weg zur Annahme elektronischer Willenserklärungen bereit ist.

Was für die Praxis mitgenommen werden kann:

  • Auch, wenn der BGH hier nicht abschließend den Streit um den Zeitpunkt des Zugangs einer elektronischen Willenserklärung in Form einer E-Mail aufgelöst hat, so ist jedoch geklärt, dass eine solche Erklärung bindend zugehen kann, wenn die Geschäftsleute sich auf diesen Kommunikationsweg (konkludent) verständigt haben. Es ist also mindestens zum Ablauf des Geschäftstages mit Zugang zu rechnen.
  • In seiner Argumentation folgt der BGH strikt der Ansicht des Berufungsgerichts, in welcher den Zugang für den Zeitpunkt des Eingangs auf dem Mailserver des Empfängers und der damit verbundenen Bereitstellung terminiert, solange dies nicht zur Unzeit geschieht. Dies kann als starkes Indiz dafür gesehen werden, wie eine mögliche Entscheidung ausfallen könnte, sollte diese Frage konkret vor dem VII Senat landen.
  • Wer also zu überquellenden Posteingängen auf seiner Firmenmailadresse neigt, dem sei ab jetzt geraten für Ordnung zu sorgen, um auf diesem Wege eingehende Willenserklärungen nicht zu übersehen.
  • Wer andererseits schon öfter Entscheidungen getroffen hat, die er kurze Zeit später bereut, dem hilft das klassische Einschreiben der Post auch weiterhin für seine Kommunikation im Rechtsverkehr. Im Zweifel kann er auf den Weg gebrachte Post nun noch schnell per Mail widerrufen.

 

5 Sterne für das Gericht: Urteil des BGH zur Haftung für Kundenbewertungen

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Haftung des Anbieters für Kundenbewertungen im Internet

Kundenbewertungen sind und nicht nur Gold, sondern auch bares Geld wert. Insbesondere der Plattformhandel mit den dort besonders gegebenen Bewertungsmöglichkeiten hat zu einer drastischen Steigerung der Bedeutung von Kundenmeinungen geführt. Über Erfolg und Ranking des Produkts entscheiden nicht zuletzt Menge und Tendenz der zugeordneten Bewertungen. Ob das in jedem Fall sinnvoll ist, mag dahinstehen. Denn was im Bereich Gastronomie und Hotellerie begann, ist heute Handelsstandard. Das führt allerdings auch zu rechtlichen Fragestellungen.

Fake-Bewertungen verboten, gekaufte Bewertungen kennzeichnungspflichtig

Bisher entschieden die Gerichte über viele Aspekte von Bewertungssystemen. Einerseits ging es um die Frage, welche Aussage einer Bewertung zuzuordnen ist und  andererseits häufig um die Frage, wie solche Bewertungen zustande kommen. Beispielsweise meinte das Oberlandesgericht Frankfurt, das ein Unternehmen grundsätzlich offenlegen muss, wenn es für Bewertungen bezahlt (OLG Frankfurt a. M.,Beschluss v. 22.02.2019 – 6 W 9/19).  § 5a Abs. 6 UWG (diese Vorschrift enthält aktive Aufklärungspflichten) verpflichtet den Unternehmer  nämlich, den kommerziellen Zweck einer Geschäftspraxis kenntlich zu machen. Dazu gehört es nach Einschätzung des Gerichts auch, wenn bei Bewertungen neben der Begeisterung oder Enttäuschung des ganz privat handelnden Konsumenten auch Geld im Spiel ist. Zu der ganz „platten“ Variante für die schlichteren Gemüter, nämlich dem Angebot positiver Kundenrezensionen für Geld, hatte das Landgericht München I zu entscheiden. Es erachtete die Geschäftspraxis von „Fivestar“, einem Anbieter für positive Kundenstimmen (Amazon-Rezension für Euro 19,40), eine klare wettbewerbsrechtliche Absage und erachtete das Gesamtangebot rundweg für unzulässig (Urteil vom 20.02.2020, Az: I ZR 193/18). Besonders interessant an der Entscheidung des Landgerichts München: „Fivestar“ hatte sich zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung umbenannt und die Rechtsform geändert, von Fivestar Marketing UG in Fivestar AG bR. Dabei wurde auch ein neuer Geschäftsführer in das Handelsregister eingetragen. Für das Gericht kein kein Hindernis, es verurteilte im Sinne der Klägerin (Holidaycheck) Fivestar gleichwohl zur Unterlassung.

BGH: wer haftet für Bewertungsinhalte?

Was aber, wenn Bewertungen von Kunden verbotene Inhalte haben? Muss der Händler dann die Folgen tragen und sich für die Kundenstimme abmahnen, zu Unterlassung verpflichten oder sogar zu einer Vertragsstrafe Verurteilen lassen? Muss der Händler die Sekunden Stimme entfernen lassen? Zu diesen spannenden Fragen hatte der BGH zu urteilen.

Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) wünschte als Kläger vor dem BGH die Verurteilung eines Händlers zur Zahlung einer Vertragsstrafe und die Löschung von Bewertungen zu einem sogenannten „Gesundheits-Tape“ (Kinesiologie-Tapes). Die Vorgeschichte: Im Jahr 2013 begehrte der VSW von dem Händler die Unterlassung von Werbung, die eine medizinische Wirkung des Tapes behauptete. Der Händler hat eine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben, denn medizinische Wirkung darf nur für entsprechend zugelassene Medizinprodukte behauptet werden, soweit das Heilmittelwerbegesetz (HWG) das zulässt.

2017 bot der Beklagte Händler das Tape dann weiterhin bei Amazon an, ohne die Behauptung einer medizinischen Wirkung.

Allerdings hatte Amazon dem Angebot Kundenrezensionen zugewiesen, die unter anderem Hinweise wie „schmerzlinderndes Tape!“, „This product is perfect for pain…“ und „Die Schmerzen gehen durch das Bekleben weg“ enthielten, also genau solche medizinischen Aussagen, welche der Händler selbst gerade nicht tätigen darf.

Der VSW verlangte die Zahlung der Vertragsstrafe, da der Händler sich die Bewertungen zu eigen gemacht habe und damit irreführende Werbung betreibe. Zudem war der Verein der Ansicht, dass die Beklagte auf ihre Löschung hätte hinwirken müssen.

BGH: Händler grundsätzlich nicht für Kundenstimmen verantwortlich

Der BGH vertrat die Ansicht, dass der Verkäufer auf einer Online-Plattform für nicht von ihm veranlasste Kundenbewertungen wettbewerbsrechtlich haftet, wenn er sich diese Bewertungen nicht zu eigen macht.Für die Beurteilung, ob ein  Händler sich fremde Äußerungen zu eigen macht, kommt es entscheidend darauf an, ob er nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die Äußerungen Dritter übernimmt oder den Anschein erweckt, er identifiziere sich mit ihnen.

Für den konkreten Fall lehnte der BGH ein „sich zu eigen machen“ ab. Ob ein Händler verpflichtet sei, irreführende Kundenbewertungen abzuwenden oder zu beseitigen, Hänge von den Umständen des ganz konkreten Einzelfalls ab und erfordere eine Abwägung. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Kundenbewertungssysteme auf OnlineHandelsplattformen gesellschaftlich erwünscht sind und Als Meinungsäußerungen der Kunden verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Verbraucher haben ein durch die Meinungsfreiheit grundrechtlich geschütztes Interesse, sich zu Produkten zu äußern und ihre Erfahrungen und ihre Einschätzung zu dem Produkt zu äußern. Und Verbraucher haben darüber hinaus ein berechtigtes Interesse, sich aus solchen Bewertungen über die Eigenschaften, Vorzüge und Nachteile eines Produktes zu informieren. Bei einem Angebot von Arzneimitteln oder Medizinprodukten kann allerdings das Rechtsgut der öffentlichen Gesundheit bei der Abwägung zu berücksichtigen sein.

Da vorliegend nicht davon auszugehen war, dass der Händler die Bewertungen gefördert hat und der auch nicht erkennbar war, dass der Händler diese Bewertungen in seinem Sinne aktiv zum Bestandteil seiner eigenen Aussagen machte, lehnte der BGH die Haftung ab.

Allerdings: etwas anderes soll nach Einschätzung des BGH dann gelten, wenn der Anbieter entweder selbst solche Bewertungen abgibt oder abgeben lässt oder wenn er für die Bewertung bezahlt.

Bewertungen: richtig nutzen – ein Ratgeber vom Rechtsanwalt

BBS Rechtsanwälte betreut zahlreiche in eigenen Shops und auf Plattformen tätige Händler sowie auch große und mittlere Anbieter in ihrem jeweiligen Produktbereich. Händlern können wir aus Erfahrung daher grundsätzlich empfehlen:

a) nutzen Sie positive Kundenstimmen für Ihr Angebot. Bewertungen sind natürlich ein Kundenmagnet.

b) bevor Sie eine Bewertung selbst in Ihre Werbung übernehmen, beispielsweise als Referenz, prüfen Sie unbedingt den Inhalt. Ist die Bewertung irreführend oder inhaltlich falsch oder enthält sie verbotene Aussagen (beispielsweise im Bereich gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel), haften Sie für übernommene Aussagen, auch wenn sie ursprünglich von Kunden stammten.

c) es spricht nichts dagegen, für qualitativ hochwertige Bewertungen etwas zu bezahlen oder sonstige „goodies“/incentives anzubieten. Allerdings muss einerseits gewährleistet sein, dass die Bezahlung nicht für eine gute Bewertung, sondern für eine ehrliche Bewertung geleistet wird. Darüber hinaus muss der Umstand des Sponsorings für die Bewertung offengelegt werden.

d) Achtung, eine E-Mail mit der Bitte um eine Bewertung stellt Werbung dar und bedarf der Einwilligung des Nutzers (BGH, Urteil v. 10.07.2018, VI ZR 225/17).

e) Positive Kundenerfahrung ist Trumpf: nutzen Sie auch Beschwerden, um den Kunden positiv zu überzeugen. Eine Lösung im Sinne des Kunden ist oftmals unter Berücksichtigung aller Faktoren die bei weitem preisgünstigste Lösung. Die meisten Bewertungen enthalten Meinungsäußerungen, die nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft werden können (Wenn ein Kunde meint, der Kundenservice eines Shops sei absolut unterirdisch, kann diese Meinung nicht falsch sein, da es um die Kundenwahrnehmung geht – auch wenn der Händler das natürlich anders sieht). Ein erfolgreiches rechtliches Vorgehen gegen Bewertungen bedarf daher vieler Abwägungen und sollte auf jeden Fall dem Profi überlassen sein. Dann fast nichts ist so schädlich wie ein Kunde, der eine Behauptung nach einem gewonnenen Rechtsstreit, im schlimmsten Fall noch begleitet durch die Presse, vielfach wiederholt und verbreitet.

Sie haben Fragen zu Bewertungen, Rezensionen und einer optimalen Strategie und Positionierung? Sie wollen die Grenzen ausloten oder wissen, wo die Grenze zwischen grau, rot und grün in rechtlicher Hinsicht verläuft? Fragen Sie unsere Experten. Wir unterstützen Sie gerne.

 

 

Verordnung geleaked: EU-Regelung für Cookies – Das Ende der Cookie-Banner?

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Datenschutz-Grundverordnung: Neuerungen ab 2018

Am 25.05.2018 tritt die  europäische Datenschutz Grundverordnung in Kraft. Damit werden viele althergebrachte Regelungen des Datenschutzrechts durch eine einheitliche europäische Gesetzgebung ersetzt. Manches wird besser, vieles unklarer. Und in vielerlei Hinsicht ist  für die Verarbeiter personenbezogener Daten, deren Dienstleister und natürlich insbesondere E-Commerce-Anbieter auch jetzt noch nicht klar, wie die neuen gesetzlichen Regelungen aufzufassen und auszulegen sind.

Jedoch dreht sich das Rad weiter. Da die Datenschutz-Grundverordnung das Datenschutzrecht in Europa einheitlich vorrangig regelt, werden auch die nationalen deutschen Datenschutzregelungen des Telemediengesetzes überflüssig. Bislang ergibt sich daraus eine erhebliche Rechtsunsicherheit, da beispielsweise das Telemediengesetz in § 13 Abs. 2 sehr detaillierte Anforderungen an datenschutzrechtliche Einwilligungen stellt. Solche klaren Anforderungen können zwar lästig sein, geben jedoch auch ein Mehr an Rechtssicherheit, da sich daraus zumindest ein How-To für eine zulässige Einwilligungserklärung ableiten lässt.

Auf europäischer Ebene sind derart klare Anforderungen eher selten anzutreffen. Das Gesetz spricht hier oft eine andere Sprache als die tradierten Formulierungen der nationalen deutschen Regelungen.

Cookie-Banner: Pflicht oder nicht?

Cookie Hinweis Pflichtrichtlinie Datenschutzrichtlinie Datenschutz Grundverordnung Telemediengesetz Zustimmung Einwilligung Pflicht Gesetz

Morgen, verantwortliche Stellen, wirds was geben…. © panthermedia.net / Frank Straube

Dies ließ sich in der Vergangenheit insbesondere aus dem Hick-Hack um die Umsetzung der Cookie-Richtlinie erkennen. Lange war streitig, ob und wie die sich aus dieser Richtlinie ergebende Verpflichtung zur Einholung einer Einwilligung des Nutzers für das Setzen eines Cookies aufzufassen ist. Zunächst hieß es, die deutsche Gesetzgebung habe die Richtlinie nicht rechtzeitig umgesetzt. Anschließend ließ die Bundesregierung verkünden, dass bereits alle Anforderungen im aktuell geltenden deutschen Recht umgesetzt seien (https://www.telemedicus.info/article/2722-Die-Stellungnahme-der-Bundesregierung-zur-Cookie-Richtlinie.html). Die erforderliche Zustimmung könne – entgegen den strengen Anforderungen des § 13 Abs. 2 TMG – bei cookies über die entsprechenden Browser-Einstellungen des users erfolgen. Die Rechtsprechung ist dieser Einschätzung weitgehend gefolgt. Für Betreiber von Webseiten ergaben sich danach zunächst  also keine Änderungserfordernisse, wenn sie denn die nach § 13 Abs. 1 Telemediengesetz vorgeschriebene Datenschutzerklärung auf ihrer Website bereithielten.

Das änderte sich im Wesentlichen im Jahr 2015. Allenthalben tauchten Banner auf, mittels welchen auf den Einsatz von Cookies hingewiesen wurde. Hintergrund dieser Banner: es gibt keine gesetzliche Verpflichtung für einen Cookie-Hinweis in Banner-Form. Dies ergibt sich aus der oben zitierten Stellungnahme der Bundesregierung. Allerdings: Google fordert für den Einsatz einiger seiner Produkte, dass der Nutzer dem Einsatz von Cookies zustimmt (https://www.google.com/about/company/user-consent-policy.html). Die oftmals gestellte Frage nach der Rechtspflicht für ein Cookie-Banner oder einen Cookie-Hinweis ist daher nach dem Dafürhalten des Verfassers so zu beantworten, dass zumindest für deutschsprachige Seiten keine gesetzliche Pflicht besteht, es jedoch  beim Einsatz von Google-Produkten höchst ratsam ist. Denn Google stellt – das mag verwundern – insoweit strengere Anforderungen an den Datenschutz als das deutsche Recht.

Darüber hinaus können sich Rechtspflichten dann ergeben, wenn mit der Internetseite ausländisches Publikum angesprochen wird, also auch nationale Gesetze anderer Länder zum Einsatz kommen, welche durchaus strengere Anforderungen an Einwilligungen für das Setzen von Cookies  bestimmen können. Beispielsweise sieht das britische Datenschutzrecht vor, dass vor dem Setzen eines Cookies tatsächlich eine aktive Einwilligung des Nutzers eingeholt werden muss (Beispielsweise nach Stellungnahme der britischen Aufsichtsbehörde für Datenschutz: https://ico.org.uk/for-organisations/guide-to-pecr/cookies-and-similar-technologies/: „At present, most browser settings are not sophisticated enough for websites to assume that consent has been given to allow the site to set a cookie.“).

Brandaktuell: Leak zur gesetzlichen Neuregelung von cookies

Am gestrigen 15.12.2016 „leakte“ nun der Entwurf einer neuen europäischen Verordnung, welche die bisherige E-Privacy-Richtline ersetzen soll und vorrangig zu Datenschutz-Grundverordnung  gelten soll (http://www.politico.eu/wp-content/uploads/2016/12/POLITICO-e-privacy-directive-review-draft-december.pdf). Nach dem Entwurf dieser „Privacy and Electronic Communikations Regulation“ Soll die Erhebung personenbezogener Daten im Internet auch weiterhin der Zustimmung des Betroffenen bedürfen, soweit die personenbezogenen Daten nicht zwingend benötigt werden, um die entsprechenden Dienste zu erbringen. Für einen anderweitigen Einsatz, und  damit auch für nicht zwingend erforderliche Cookies,  sieht die Verordnung  ein Zustimmungserfordernis vor. Das entspricht auch der bisherigen Rechtslage im Telemediengesetz. Allerdings ergibt sich aus Art. 9 des Entwurfs folgender entscheidender Absatz:

Neuregelung zum elektronischen Geschäftsverkehr: Cookie-Einwilligung durch Browser-Einstellung

Artikel 9 Abs. 1 und 2 des Verordnungsentwurfs

Wo technisch möglich und  effektiv, soll also die Erklärung  der Zustimmung für das Setzen eines Cookies in Zukunft auch  dadurch erfolgen können, dass die entsprechenden Einstellungen in der Software-Anwendung vorgenommen werden, welche den Zugriff auf das Internet ermöglicht (vulgo also der Browser). Damit würde sich das europäische Recht der gegenwärtigen deutschen Rechtslage angleichen. Es wird also spannend werden, ob  es dann möglicherweise sogar so weit kommt, dass die datenschutzrechtlichen Anforderungen von Google  weiter gehen als  diejenigen des Gesetzgebers der Europäischen Union. Vor diesem Hintergrund  muss sich der Gesetzgeber allerdings tatsächlich fragen lassen, ob die Verbesserung des Datenschutzes, insbesondere  im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Datenverkehr, mit der Datenschutz-Grundverordnung und der sich daran anschließenden Gesetzgebung tatsächlich erreicht wird.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass zumindest Hoffnung besteht, dass die visuell störenden und technisch nicht vorzugswürdigen Cookie-„Balken“ möglicherweise verschwinden könnten. Das würde allerdings voraussetzen, dass die Verordnung insoweit  entsprechend dem Entwurf tatsächlich in Kraft tritt und Google seine Anforderungen entsprechend herabsetzt. Wir werden Sie auf unseren Internetseiten  über den weiteren Fortgang informieren.

Aktuelle und rechtssichere Informationen zum Datenschutz, praxisgerechte Lösungen und unternehmensnahe Beratung erhalten Sie bei den Experten von BBS Rechtsanwälte. Wir beraten und vertreten zahlreiche Unternehmen mit unterschiedlicher Ausrichtung und unterschiedlichen Herausforderungen für rechtlich einwandfreie, praxisgerechte und effiziente Datenschutzkonzepte. Sprechen Sie uns an. Wir sind gerne für Sie da.

 

 

Sprache, Rechtswahl, Schriftform – Neues zum AGB-Recht von BBS Rechtsanwälte Hamburg

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Das liebe Kleingedruckte: für viele Unternehmer eher lästige Pflicht, für Juristen ein Dauerbrenner – und für AGB-Verwender mitunter ein erheblicher Risikofaktor. Für AGB-Klauseln gelten strenge Maßstäbe, die über Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Klausel entscheiden. Eine Vielzahl von gerichtlichen Entscheidungen prägt das AGB-Recht. Dabei geht es jedoch letztlich nicht nur um die Frage, ob Sie eine für sie günstige Regelung gegenüber Ihrem Vertragspartner durchsetzen können oder ob wegen einer unwirksamen Klausel die oftmals für den Verwender drastisch schlechtere gesetzliche Regelung zur Anwendung kommt. Vielmehr stellen unwirksame Geschäftsbedingungen in fast jedem Fall auch einen Wettbewerbsverstoß dar, der durch Konkurrenten, Verbraucherschutzverbände oder Wettbewerbsverbände mit Abmahnung, einstweiliger Verfügung oder Unterlassungsklage verfolgt werden kann. Hier eine kurze Zusammenfassung brandaktueller AGB-Themen:

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) von WhatsApp müssen jetzt auch auf Deutsch vorliegen

Das Berliner Kammergericht hat dem Messenger-Dienst WhatsApp im April 2016 (Az. 5 U 156/14) untersagt, auf seiner deutschen Internetseite nur englischsprachige Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden.

Dem Urteil ging eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V. gegen den in den USA ansässigen Messenger-Dienst WhatsApp voraus. Der Bundesverband kritisierte, dass die seitenlangen Nutzungsbedingungen für Verbraucherinnen und Verbraucher aus Deutschland weitgehend unverständlich seien.

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viele Urteile und hohes Risiko – AGB-Erstellung ist Expertensache
©panthermedia.net/Toni Anett Kuchinke

 

Das Kammergericht schloss sich der Auffassung des Bundesverbandes an, dass es für die Nutzer unzumutbar sei, sich mit „einem umfangreichen, komplexen Regelwerk mit sehr, sehr vielen Klauseln“ in einer Fremdsprache auseinandersetzen zu müssen. Der Verbraucher müsse nicht damit rechnen im Rahmen eines deutschsprachigen Internetauftritts fremdsprachigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgesetzt zu sein. Hierzulande weit verbreitet ist Alltagsenglisch, nicht aber juristisches, vertragssprachliches und kommerzielles Englisch.

So entschied das Gericht, dass sämtliche Bedingungen, die nicht ins Deutsche übersetzt sind, von vornherein und ungeachtet ihres eigentlichen Inhalts intransparent und damit unwirksam sind.

Rechtswahlklausel gegenüber Verbrauchern gilt nicht uneingeschränkt

Anlässlich der fortschreitenden Globalisierung tritt der grenzüberschreitende Waren- und Dienstleistungsverkehr – gerade innerhalb der EU – immer mehr in den Vordergrund. Fortan müssen sich die Unternehmen, vor allem Webshop-Betreiber, dessen Angebote sich auch an Verbraucher im Ausland richten, vermehrt die Frage nach der Anwendbarkeit des Rechts stellen.

Grundsätzlich steht es den Vertragsparteien frei, dasjenige Recht zu wählen, welches auf den Vertrag Anwendung finden soll, so die Vorgabe aus Artikel 3, 6 Absatz 1 Satz 2 der Rom I-Verordnung. Mit anderen Worten können die Vertragsparteien auch das Recht eines anderen Staates wählen als das Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Die freie Rechtswahl gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Gemäß Artikel 6 Absatz 2 Satz 2 Rom I-VO darf sie nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch die zwingenden Verbraucherschutzvorschriften seines Heimatstaates gewährt wird.

Zwingende Verbraucherschutzbestimmungen setzen sich stets durch

So hatte das OLG Oldenburg im Jahre 2014 (Az. U 113/14) einen Fall zu entscheiden, in dem ein Onlinehändler gegenüber seine im Ausland ansässigen Verbraucher folgende Rechtswahlklausel verwendete:

„Diese Vertragsbedingungen unterliegen deutschem Recht.“

Das OLG hat die Rechtswahlklausel als unwirksam angesehen. Es führte aus, die Klausel erwecke den Eindruck, dass ausschließlich deutsches Recht anwendbar sei. Da sich jedoch zwingende Verbraucherschutzbestimmungen stets durchsetzen und sich Verbraucher mithin ungeachtet der Rechtswahl auf das zwingende Verbraucherschutzrecht ihres Heimatlandes berufen können, sei die Formulierung insoweit nicht ausreichend klar und verständlich.

Verbraucher mit Wohnsitz in Deutschland genießen deutschen Verbraucherschutz

Gleiches gilt für den umgekehrten Fall, dass Verbraucher mit Wohnsitz in Deutschland Verträge mit einem im Ausland ansässigen Unternehmer schließen. Auch sie können sich auf die zwingenden deutschen Verbraucherschutzvorschriften berufen. So hatte der BGH im Jahre 2012 (Urteil vom 19.7.12, Az. I ZR 40/11) entschieden, dass folgende Rechtswahlklausel:

„Anwendbares Recht/Gerichtsstand: Für alle im Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung entstehenden Meinungsverschiedenheiten und Rechtsstreitigkeiten gilt ausschließlich niederländisches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts.“

gleichermaßen unwirksam ist.

Auswirkungen für Unternehmen

Angesichts dieser Rechtslage ist Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind und werden wollen, in jedem Fall eine Überprüfung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu empfehlen. Denn für den Fall, dass die Rechtswahlklausel nicht dem europaweit geltenden Transparenzgebot entspricht, können wettbewerbsrechtliche Abmahnungen oder Unterlassungsklagen seitens der Verbraucherschutzverbände und Konkurrenten drohen.

Gesetzesänderung des § 309 Nr.13 BGB zum Schutz der Verbraucher – Textform ersetzt Schriftform

  • 309 Nr. 13 BGB lautet ab dem 01.10.2016 wie folgt:

„Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam…

Nr.13. (Form von Anzeigen und Erklärungen)

…eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden

a) an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder

b) an eine strengere Form als die Textform in anderen als in den in Buchstabe a genannten Verträgen oder

c) an besondere Zugangserfordernisse.

Künftig können ab dem 01.10.2016 in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Erklärungen von Verbrauchern, die gegenüber dem Verwender oder einem Dritten abzugeben sind, wirksam nur noch Textform vereinbart werden. Das Erfordernis der Schriftform ist nunmehr nur noch für Verträge zugelassen, die der notariellen Beurkundung bedürfen. Die Textform löst damit die bislang zulässige Vorgabe der Schriftform ab. Damit reicht es gemäß § 126b BGB aus, dass der Erklärende eine lesbare Erklärung, welche ihn als Person des Erklärenden erkennen lässt, auf einem dauerhaften Datenträger abgibt. Mithin genügt jede E-Mail oder jedes Fax, sofern der Erklärungsempfänger einen Zugang für solche elektronischen Erklärungen eröffnet hat.

Anlass der Gesetzesänderung

Obwohl es schon vor der Gesetzesänderung mit der Vorschrift des § 127 Absatz 2 und 3 BGB eine Erleichterung für Erklärungen von Verbrauchern gab, sah sich der Gesetzgeber in der Verantwortung, den Wortlaut des § 309 Nr.13 BGB im Sinne der Verbraucher zu ändern. Zwar sieht die Vorschrift des § 127 Absatz 2 und 3 BGB im Zweifel bereits vor, dass die vereinbarte Schriftform durch eine Erklärung in Textform erfüllt werden kann, praktisch aber ist diese Vorschrift unter den Verbrauchern kaum bekannt. Das führt dazu, dass viele Verbraucher davon ausgehen, dass sie eine Erklärung, für die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Schriftform vereinbart wurde, immer eigenhändig unterschreiben müssen.

Um dieses Missverständnis auszuräumen, möchte der Gesetzgeber mit der Novellierung die Rechtsstellung des Verbrauchers verbessern. Nunmehr soll es dem Verbraucher möglich sein, auf einfachstem Weg festzustellen, wie die vertragliche Form zu erfüllen ist. Die strenge Schriftform -so der Gesetzgeber- ist, außer in den Fällen des § 309 Nr. 13a BGB, nicht erforderlich, denn schließlich mache der Verbraucher eigene Rechte gegenüber dem Unternehmer geltend, dessen Inhalt und rechtliche Bedeutung er sich deutlich bewusst ist.

Bedeutung für Unternehmen

Was für Verbraucher eine Erleichterung darstellt, bedeutet für Unternehmen eine nicht unerhebliche Prüfpflicht ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum 01.10.2016. Davon betroffen sind nicht nur Verträge, die sie mit Verbrauchern abschließen, sondern auch Arbeitsverträge mit ihren Mitarbeitern. Unternehmen werden nicht umhinkommen, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechend zu ändern, denn bei Verstoß gegen die neue Fassung des § 309 Nr.13 BGB ist die bislang verwendete Schriftformklausel ab dem 01.10.2016 unwirksam und somit abmahngefährdet. Unternehmen sollten auch nicht das Risiko unterschätzen, von Dritten auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden, denn mit jeder abgegebenen Erklärung können bei Zuwiderhandlung erfahrungsgemäß hohe Kosten auf sie zukommen.

Das AGB-Recht wird durch zwei wesentliche Prinzipien geprägt:

  • Das Verbot der sogenannten geltungserhaltenden Reduktion sorgt dafür, dass anstelle unwirksamer AGB-Bestimmungen zwingend gesetzliche Vorschriften zur Anwendung kommen. Die oftmals gesehenen salvatorischen Klauseln, die vorsehen, dass anstelle unwirksamer Bestimmungen etwas zur Anwendung kommen soll, was den beabsichtigten Zweck zu nah wie möglich kommt, sind in AGB unwirksam und sogar abmahnfähig.
  • Darüber hinaus gilt für die Beurteilung von AGB-Klauseln die für den Kunden ungünstigste Auslegung. Es kommt also nicht darauf an, was der Verwender der AGB sich bei der Gestaltung der Klausel gedacht hat (oder an welche Fälle er dabei gerade nicht gedacht hat). Es kommt darauf an, welche für einen potentiellen Kunden ungünstigste Folge aus der Klausel bei Betrachtung des Wortlauts abgeleitet werden kann. Die Erstellung von guten AGB ist daher Expertensache und erfordert Rechtskenntnis und Fingerspitzengefühl.

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EuGH: Link als Urheberrechtsverletzung

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EuGH: Verlinkung durch kommerzieller Anbieter auf urheberrechtlich geschützte Inhalte kann Urheberrechtsverletzung darstellen

In einer Entscheidung vom 04.09.2016 hat der EuGH die bestehenden Regelungen über die Verantwortlichkeit für Hyperlinks weiter konkretisiert. Der EuGH nimmt eine Urheberrechtsverletzung in Fällen an, in denen eine Verlinkung auf urheberrechtswidrige Inhalte mit Gewinnerzielungsabsicht und erwiesenem Wissen bzw.  fahrlässigem Nicht-Wissen hinsichtlich der unbefugten Veröffentlichung der Inhalte erfolgt.

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Verknüpfungen im Netz: böse Überraschungen lauern
© panthermedia.net /Leander Suckfüll

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein niederländisches Online-Magazin hatte auf offensichtlich urheberrechtswidrige Fotografien verlinkt, die auf der Webseite eines Dritten abrufbar waren. Nach der durch den Urheberrechtsinhaber veranlassten Löschung der Inhalte auf der Internetpräsenz des Dritten, waren die Inhalte über den Link des niederländischen Online-Magazins zunächst nicht mehr abrufbar. Das Online-Magazin setzte nun jenen Link auf eine andere Quelle mit demselben urheberrechtlich geschützten Inhalt. Da das Online-Magazin durch den Urheberrechtsinhaber schon bei dem ersten Link auf die Widerrechtlichkeit der verlinkten Inhalte hingewiesen wurde, erfolgte die zweite Verlinkung daher mit Wissen über die Urheberrechtswidrigkeit der verlinkten Inhalte.

Der niederländische Kassationshof (Hoge Raad der Nederlanden) hatte den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren zur Klärung der Frage angerufen, ob das Setzen eines solchen Hyperlinks einen Akt der öffentlichen Wiedergabe i.S.d. Art.3 Abs.1 RL 2001/29/EG darstellt.

Gericht urteilt: Verschulden des Anbieters bei Linksetzung wesentlich

Im Folgenden stellte der EuGH fest, dass ein Hyperlink auf urheberrechtswidrige Inhalte als “öffentliche Wiedergabe” des urheberrechtlich geschützten Materials – und somit als Urheberrechtsverletzung –  gewertet werden kann, soweit die Verlinkung mit Gewinnerzielungsabsicht und Wissen- bzw. fahrlässigem Nicht-Wissen hinsichtlich der fehlenden Zustimmung des Urheberrechtsinhabers erfolgt.

Maßgeblich für die Beurteilung eines Urheberrechtsverstoßes ist die sog. „öffentliche Wiedergabe“, die inhaltlich mit dem im deutschen Urheberrecht bestehenden Recht des Urhebers auf öffentliche Zugänglichmachung (§19 a UrhG) korreliert.

Bereits in der Vergangenheit hatte sich der EuGH mit der Frage zu beschäftigen, ob eine „öffentliche Wiedergabe“ vorliegt, wenn ein Hyperlink auf Webseiten verweist, auf denen Inhalte mit Erlaubnis des Rechtsinhabers frei zugänglich gemacht worden waren. Die Wirkung einer Verlinkung als „öffentliche Wiedergabe“ wurde dabei vom EuGH verneint. Nicht entschieden war hingegen die Frage, welche Auswirkungen es hat, wenn das verlinkte Werk ohne Zustimmung des Rechtsinhabers veröffentlicht wurde, wie es vorliegend der Fall war.

Rechtsprechung zu Hyperlinks: konsistenter Kurs des EuGH

Der EuGH nahm in der Vergangenheit an, dass eine „öffentliche Wiedergabe“ schon unter dem Gesichtspunkt ausscheiden müsse, dass eine „Wiedergabe“ als „öffentliche“ Wiedergabe i.S.d. Art. 3 Abs.1 RL 2001/29 nur dann in Betracht komme, wenn sie sich an ein neues Publikum richtet, also an ein Publikum, das die Urheberrechtsinhaber nicht hatten erfassen wollen, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten (EuGH, Urteil vom 13.2.2014 – C-466/12 – „Svensson“). Bei der Verlinkung auf etwa Zeitungsartikel, die auf der Webseite eines Online-Magazins frei zugänglich waren, würde kein neues Publikum adressiert, sondern diejenigen, die vom Urheberrechtsinhaber adressiert werden wollten, nämlich alle Internetnutzer. Eine öffentliche Wiedergabe scheide bei gleichem Publikum aus (EuGH Beschl. v. 21.10.2014 – C-348/13 – „BestWater“).

Auf diese Grundsätze nimmt die aktuelle Entscheidung direkten Bezug mit der Feststellung, dass

 „soweit dieses Werk auf der Webseite, auf die durch den Hyperlink zugegriffen werden kann, frei zugänglich ist, davon auszugehen ist, dass die Inhaber des Urheberrechts, als sie diese Wiedergabe erlaubt haben, an alle Internetnutzer als Publikum gedacht haben.“

Hieraus ergibt sich, dass die vorliegende Entscheidung keine Abkehr von der vorangegangenen Rechtsprechung darstellt. Ihr liegt schlicht ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde.

Da keine Verlinkung auf Inhalte erfolgte, die mit dem Willen des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht wurden, musste der EuGH im vorliegenden Fall den Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ weiter präzisieren.

Hierbei wurde nunmehr entschieden, dass eine öffentliche Wiedergabe durch Verlinkung anzunehmen ist bei

  1. vorsätzlichem Handeln bzw. fahrlässiger Unkenntnis und
  2. einer unbestimmten Zahl potentieller Leistungsempfänger, wobei die Veröffentlichung an ein Publikum gerichtet sein muss, an das die Inhaber des Urheberrechts nicht gedacht hatten (das sog. „neue Publikum“) und
  3. der Wiedergabe zu Erwerbszwecken.

In der öffentlichen Wahrnehmung werden die Feststellungen des EuGH kontrovers diskutiert. Insbesondere wird eine Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet durch die Haftung für Hyperlinks befürchtet.

SEO-Anbieter, Agenturen und Affiliate-Beteiligte im Risiko

Die Entscheidung wird de facto zu einer Prüfpflicht kommerzieller Anbieter für Hyperlinks führen. Die „Gewinnerzielungsabsicht“ des Anbieters lässt dabei eine öffentliche Wiedergabe vermuten.

Gleichzeitig wird durch das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht der Adressatenkreis eingeschränkt. Private sind durch das Urteil nicht betroffen; es werden ausschließlich kommerzielle Anbieter adressiert. Der Begriff der Gewinnerzielungsabsicht (oder in den Worten des EuGH: „ob eine Veröffentlichung Erwerbszwecken dient“)  wird in der Zukunft zu schwierigen Abgrenzungsfragen führen. Augenscheinlich ist dies etwa bei Hyperlinks auf kleinen Blog-Seiten.

Daneben kommt es für eine Urheberrechtsverletzung durch öffentliche Wiedergabe maßgeblich auf das gesicherte Wissen bzw. fahrlässige Unwissen des Anbieters an, dass mit dem Hyperlink auf urheberrechtswidrige Inhalte verwiesen wird.

Auch bisher: notice and take down

Im vorliegenden Fall lag die Besonderheit darin, dass vor der zweiten Verlinkung das Online-Magazin ausdrücklich vom Urheberrechtsinhaber darauf aufmerksam gemacht wurde, dass der verlinkte Inhalt von diesem nicht zur öffentlichen Wiedergabe freigegeben wurde. Dass die unzulässige Verlinkung mit voller Absicht und Kenntnis erfolgte, konnte das Online-Magazin daher nicht wiederlegen. Mit den mitunter schwierig zu beurteilenden und wesentlichen Fragen des Wissensgrades bzw. dem im Einzelfall anzulegenden Fahrlässigkeitsmaßstabs musste sich der EuGH daher im vorliegenden Urteil nicht auseinander setzen. Mögliche Urheberrechtsverletzungen lassen sich jedoch nicht immer ohne größeren Aufwand erkennen. Hier müssen zukünftige Urteile Klarheit schaffen, welche Anforderungen an die konkrete Wissenszurechnung zu stellen sind.

Das Urteil wird trotzdem schon jetzt im Rahmen der Auslegung der §§15, 15 Abs.2, 19a UrhG Berücksichtigung finden.

Fazit

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist nicht überraschend und setzt die bisherigen Leitlinien der EuGH-Rechtsprechung konsequent fort. Insbesondere ist natürlich damit zu rechnen, dass auch inländische Gerichte, besondere die Instanzgerichte (Rechtsprechung der Landgerichte und Oberlandesgerichte) und der BGH, sich bei der Beurteilung von Urheberrechtsverletzungen an der Rechtsprechung des EuGH orientieren und diese Rechtsprechung fortschreiben. Insbesondere wird interessant sein, wie das Merkmal des gewerblichen Zusammenhangs durch die Gerichte beurteilt wird. Ein Blogger, der auf seiner Seite auch Werbung schaltet, kann hier durchaus zumindest die Gefahr einer Beurteilung als gewerblich in Kauf nehmen müssen.

Fragen zum Urheberrecht: Expertise ist besser als Ansichten

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