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EuGH: Link als Urheberrechtsverletzung

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EuGH: Verlinkung durch kommerzieller Anbieter auf urheberrechtlich geschützte Inhalte kann Urheberrechtsverletzung darstellen

In einer Entscheidung vom 04.09.2016 hat der EuGH die bestehenden Regelungen über die Verantwortlichkeit für Hyperlinks weiter konkretisiert. Der EuGH nimmt eine Urheberrechtsverletzung in Fällen an, in denen eine Verlinkung auf urheberrechtswidrige Inhalte mit Gewinnerzielungsabsicht und erwiesenem Wissen bzw.  fahrlässigem Nicht-Wissen hinsichtlich der unbefugten Veröffentlichung der Inhalte erfolgt.

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Verknüpfungen im Netz: böse Überraschungen lauern
© panthermedia.net /Leander Suckfüll

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein niederländisches Online-Magazin hatte auf offensichtlich urheberrechtswidrige Fotografien verlinkt, die auf der Webseite eines Dritten abrufbar waren. Nach der durch den Urheberrechtsinhaber veranlassten Löschung der Inhalte auf der Internetpräsenz des Dritten, waren die Inhalte über den Link des niederländischen Online-Magazins zunächst nicht mehr abrufbar. Das Online-Magazin setzte nun jenen Link auf eine andere Quelle mit demselben urheberrechtlich geschützten Inhalt. Da das Online-Magazin durch den Urheberrechtsinhaber schon bei dem ersten Link auf die Widerrechtlichkeit der verlinkten Inhalte hingewiesen wurde, erfolgte die zweite Verlinkung daher mit Wissen über die Urheberrechtswidrigkeit der verlinkten Inhalte.

Der niederländische Kassationshof (Hoge Raad der Nederlanden) hatte den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren zur Klärung der Frage angerufen, ob das Setzen eines solchen Hyperlinks einen Akt der öffentlichen Wiedergabe i.S.d. Art.3 Abs.1 RL 2001/29/EG darstellt.

Gericht urteilt: Verschulden des Anbieters bei Linksetzung wesentlich

Im Folgenden stellte der EuGH fest, dass ein Hyperlink auf urheberrechtswidrige Inhalte als “öffentliche Wiedergabe” des urheberrechtlich geschützten Materials – und somit als Urheberrechtsverletzung –  gewertet werden kann, soweit die Verlinkung mit Gewinnerzielungsabsicht und Wissen- bzw. fahrlässigem Nicht-Wissen hinsichtlich der fehlenden Zustimmung des Urheberrechtsinhabers erfolgt.

Maßgeblich für die Beurteilung eines Urheberrechtsverstoßes ist die sog. „öffentliche Wiedergabe“, die inhaltlich mit dem im deutschen Urheberrecht bestehenden Recht des Urhebers auf öffentliche Zugänglichmachung (§19 a UrhG) korreliert.

Bereits in der Vergangenheit hatte sich der EuGH mit der Frage zu beschäftigen, ob eine „öffentliche Wiedergabe“ vorliegt, wenn ein Hyperlink auf Webseiten verweist, auf denen Inhalte mit Erlaubnis des Rechtsinhabers frei zugänglich gemacht worden waren. Die Wirkung einer Verlinkung als „öffentliche Wiedergabe“ wurde dabei vom EuGH verneint. Nicht entschieden war hingegen die Frage, welche Auswirkungen es hat, wenn das verlinkte Werk ohne Zustimmung des Rechtsinhabers veröffentlicht wurde, wie es vorliegend der Fall war.

Rechtsprechung zu Hyperlinks: konsistenter Kurs des EuGH

Der EuGH nahm in der Vergangenheit an, dass eine „öffentliche Wiedergabe“ schon unter dem Gesichtspunkt ausscheiden müsse, dass eine „Wiedergabe“ als „öffentliche“ Wiedergabe i.S.d. Art. 3 Abs.1 RL 2001/29 nur dann in Betracht komme, wenn sie sich an ein neues Publikum richtet, also an ein Publikum, das die Urheberrechtsinhaber nicht hatten erfassen wollen, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten (EuGH, Urteil vom 13.2.2014 – C-466/12 – „Svensson“). Bei der Verlinkung auf etwa Zeitungsartikel, die auf der Webseite eines Online-Magazins frei zugänglich waren, würde kein neues Publikum adressiert, sondern diejenigen, die vom Urheberrechtsinhaber adressiert werden wollten, nämlich alle Internetnutzer. Eine öffentliche Wiedergabe scheide bei gleichem Publikum aus (EuGH Beschl. v. 21.10.2014 – C-348/13 – „BestWater“).

Auf diese Grundsätze nimmt die aktuelle Entscheidung direkten Bezug mit der Feststellung, dass

 „soweit dieses Werk auf der Webseite, auf die durch den Hyperlink zugegriffen werden kann, frei zugänglich ist, davon auszugehen ist, dass die Inhaber des Urheberrechts, als sie diese Wiedergabe erlaubt haben, an alle Internetnutzer als Publikum gedacht haben.“

Hieraus ergibt sich, dass die vorliegende Entscheidung keine Abkehr von der vorangegangenen Rechtsprechung darstellt. Ihr liegt schlicht ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde.

Da keine Verlinkung auf Inhalte erfolgte, die mit dem Willen des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht wurden, musste der EuGH im vorliegenden Fall den Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ weiter präzisieren.

Hierbei wurde nunmehr entschieden, dass eine öffentliche Wiedergabe durch Verlinkung anzunehmen ist bei

  1. vorsätzlichem Handeln bzw. fahrlässiger Unkenntnis und
  2. einer unbestimmten Zahl potentieller Leistungsempfänger, wobei die Veröffentlichung an ein Publikum gerichtet sein muss, an das die Inhaber des Urheberrechts nicht gedacht hatten (das sog. „neue Publikum“) und
  3. der Wiedergabe zu Erwerbszwecken.

In der öffentlichen Wahrnehmung werden die Feststellungen des EuGH kontrovers diskutiert. Insbesondere wird eine Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet durch die Haftung für Hyperlinks befürchtet.

SEO-Anbieter, Agenturen und Affiliate-Beteiligte im Risiko

Die Entscheidung wird de facto zu einer Prüfpflicht kommerzieller Anbieter für Hyperlinks führen. Die „Gewinnerzielungsabsicht“ des Anbieters lässt dabei eine öffentliche Wiedergabe vermuten.

Gleichzeitig wird durch das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht der Adressatenkreis eingeschränkt. Private sind durch das Urteil nicht betroffen; es werden ausschließlich kommerzielle Anbieter adressiert. Der Begriff der Gewinnerzielungsabsicht (oder in den Worten des EuGH: „ob eine Veröffentlichung Erwerbszwecken dient“)  wird in der Zukunft zu schwierigen Abgrenzungsfragen führen. Augenscheinlich ist dies etwa bei Hyperlinks auf kleinen Blog-Seiten.

Daneben kommt es für eine Urheberrechtsverletzung durch öffentliche Wiedergabe maßgeblich auf das gesicherte Wissen bzw. fahrlässige Unwissen des Anbieters an, dass mit dem Hyperlink auf urheberrechtswidrige Inhalte verwiesen wird.

Auch bisher: notice and take down

Im vorliegenden Fall lag die Besonderheit darin, dass vor der zweiten Verlinkung das Online-Magazin ausdrücklich vom Urheberrechtsinhaber darauf aufmerksam gemacht wurde, dass der verlinkte Inhalt von diesem nicht zur öffentlichen Wiedergabe freigegeben wurde. Dass die unzulässige Verlinkung mit voller Absicht und Kenntnis erfolgte, konnte das Online-Magazin daher nicht wiederlegen. Mit den mitunter schwierig zu beurteilenden und wesentlichen Fragen des Wissensgrades bzw. dem im Einzelfall anzulegenden Fahrlässigkeitsmaßstabs musste sich der EuGH daher im vorliegenden Urteil nicht auseinander setzen. Mögliche Urheberrechtsverletzungen lassen sich jedoch nicht immer ohne größeren Aufwand erkennen. Hier müssen zukünftige Urteile Klarheit schaffen, welche Anforderungen an die konkrete Wissenszurechnung zu stellen sind.

Das Urteil wird trotzdem schon jetzt im Rahmen der Auslegung der §§15, 15 Abs.2, 19a UrhG Berücksichtigung finden.

Fazit

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist nicht überraschend und setzt die bisherigen Leitlinien der EuGH-Rechtsprechung konsequent fort. Insbesondere ist natürlich damit zu rechnen, dass auch inländische Gerichte, besondere die Instanzgerichte (Rechtsprechung der Landgerichte und Oberlandesgerichte) und der BGH, sich bei der Beurteilung von Urheberrechtsverletzungen an der Rechtsprechung des EuGH orientieren und diese Rechtsprechung fortschreiben. Insbesondere wird interessant sein, wie das Merkmal des gewerblichen Zusammenhangs durch die Gerichte beurteilt wird. Ein Blogger, der auf seiner Seite auch Werbung schaltet, kann hier durchaus zumindest die Gefahr einer Beurteilung als gewerblich in Kauf nehmen müssen.

Fragen zum Urheberrecht: Expertise ist besser als Ansichten

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BBS Rechtsanwälte Hamburg: Kanzlei für Agenturen und Medienanbieter

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof: Verbot von 50 Cent-Sportwette wirksam

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Telefon-Sportwette verboten

Mit Urteil vom 25. August 2011 (Aktenzeichen 10 BV 10.1176) bestätigte der Bayrische Verwaltungsgerichtshof das auf den Glücksspiel-Staatsvertrag gestützte Verbot eines Angebots von als „50-Cent-Gewinnspiel“ ausgestalteten Sportwetten.

Die Klägerin hatte über ihre Internetplattform unter anderem Sportwetten (insbesondere Wetten über den Ausgang von Fußballspielen) angeboten. Der Wett-Teilnehmer hatte hierbei auf der Internetseite die von ihm vorausgesagten Ergebnisse der Spiele einzugeben und seinen Wetttipp dann durch einen Zahlencode über einen gebührenpflichtigen Telefonanruf bei einer „Tipp-Hotline“ zu übermitteln. Der Telefonanruf bei dieser Hotline kostete den Spielteilnehmer 50 Cent. Es wurden für die Wetten Gewinne von 30 Euro bis maximal 10.000 Euro ausgeschüttet.

Die Regierung von Mittelfranken untersagte der Klägerin die Veranstaltung oder Vermittlung des Sportwettenangebots und drohte der Klägerin für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro an. Außerdem erhob sie für den Bescheid eine (von der Klägerin zu tragende) Gebühr in Höhe von 1.500 Euro. Rechtsgrundlage der Untersagungsanordnung sei § 9 Abs. 1 Satz 2 des Glücksspiel-Staatsvertrages (GlüStV).

Klage gegen Sportwetten-Verbot

Die Klägerin zog gegen Verbot und Gebührenbescheid vor Gericht und klagte gegen die nach ihrer Ansicht rechtswidrigen Maßnahmen. Nach Ansicht der Klägerin liegt bei der Telefon-Sportwette kein Glücksspiel vor. Denn nach der Rechtsprechung zum strafrechtlichen Verbot unerlaubten Glücksspiels und nach verschiedenen Urteilen zum Wettbewerbsrecht existiere eine Bagatellgrenze. Verboten seien nach § 284 Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur solche Glücksspiele, für welche der Spieler einen Einsatz zu leisten hat. Für einen solchen Einsatz würde jedoch eine Bagatellgrenze angenommen. Wenn die Teilnahme am Glücksspiel weniger als 0,50 € kostet, läge kein wesentlicher Einsatz und damit auch kein unerlaubtes Glücksspiel vor. Vor dem Verwaltungsgericht war die Klägerin mit dieser Argumentation nicht erfolgreich. Nun unterlag die Klägerin auch in der Berufungsinstanz.

Bayrischer Verwaltungsgerichtshof: Entgelt ist nicht Einsatz

Auch der Bayrische Verwaltungsgerichtshof bestätigte in der Berufungsinstanz das Verbot. Die Untersagungsverfügung sei nicht auf der Basis des Strafrechts oder des Wettbewerbsrechts, sondern aufgrund  § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV ergangen.

Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liege ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt.

Wettbewerbsrecht und Glücksspiel-Staatsvertrag verschieden

Wettbewerbsrecht Gericht Klage Verwaltungsgericht strafbar Strafrecht 284 StGB

komplexe Materie: das Glücksspielrecht

Diese Voraussetzungen seien durch das Angebot der Klägerin erfüllt worden. Durch den Anruf bei der kostenpflichtigen Hotline erbringe der Mitspieler ein Entgelt in Höhe von 0,50 €. Ob der Spielteilnehmer gewinnt, hängt im Wesentlichen vom Zufall ab, denn das Ergebnis eines Fußballspiels ist nicht mit wissenschaftlich-mathematischen Methoden vorherzusagen. Ganz im Gegensatz zur Frage, ob ein Glücksspiel im Sinne von § 284 Abs. 1 des Strafgesetzbuches oder § 4 Nr. 11 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) vorliegt, gebe es bei der Beurteilung nach dem Glücksspielstaatsvertrag auch keine Bagatellgrenze. Der Gesetzgeber des Glücksspielstaatsvertrags habe sich bei seiner Definition des Glücksspiels in § 3 Abs. 1 GlüStV zwar eng an den strafrechtlichen Glücksspielbegriff angelehnt. Er habe sich jedoch bewusst gegen das Erfordernis eines „Einsatzes“ entschieden und stattdessen auch solche Spiele in den Regelungsbereich des Glücksspielstaatsvertrages aufgenommen, bei welchen vom Spieler ein „Entgelt“ gefordert wird. Der Gesetzgeber habe damit alle Glücksspiele regeln wollen, auch wenn bei strafrechtlicher oder wettbewerbsrechtlicher Beurteilung kein Einsatz vorliegen würde.

Dies ergebe sich auch aus der amtlichen Begründung zu § 3 GlüStV, nach welcher im Sinne des Verbraucherschutzes auch Telefon-Gewinnspiele vom Glücksspielstaatsvertrag erfasst werden sollen.

Das Glücksspielmonopol – eine schwierige Materie

Die Entscheidung zeigt, wie schwierig die rechtliche Beurteilung im Bereich des Glücksspielrechts mitunter ausfallen kann. Konzessionierte Betreiber von Glücksspielangeboten können  u.U. gegen nicht ordnungsgemäß lizenzierte Konkurrenzangebote wettbewerbsrechtlich vorgehen, z.B. durch Abmahnung, Einstweilige Verfügung oder Klage auf Unterlassung. Wer ein Glücksspiel ohne die dafür erforderliche Erlaubis anbietet, kann sich im Übrigen sogar strafbar machen (§ 284 Abs. 1 StGB). Jedoch ist das Glücksspielmonopol aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Bewegung geraten. Der europäische Gerichtshof hat entschieden, dass das deutsche Glücksspielmonopol den Anforderungen des Europarechts nicht genügt und entsprechend angepasst werden muss (Urteil vom 08.09.2010, Aktenzeichen  C-409-06). Ein neuer Glücksspielstaatsvertrag wurde daher von fast allen Bundesländern auf den Weg gebracht. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass das Glücksspielmonopol bis auf Weiteres nicht mehr existiert. Auch wenn der EuGH Anpassungsbedarf gesehen hat, hat er keineswegs die Freigabe jeglicher Form des Glücksspiels gefordert oder gar angeordnet. So hat der Bundesgerichtshof unlängst ausdrücklich festgestellt, dass das Verbot der Veranstaltung oder Vermittlung Öffentlicher Glücksspiele im Internet (geregelt in § 4 Abs. 4 GüStV) nach wie vor und auch vor dem Hintergrund der Urteile des EuGH gültig ist (BGH: Urteil vom 28.09.2011 – I ZR 43/10)

Vorsicht vor Fehlinformationen

Im Internet wimmelt es von zahlreichen und höchst widersprüchlichen Stellungnahmen zur Zulässigkeit privater Glücksspielangebote. Viele dieser „Experten“-Beiträge sind offensichtlich interessengesteuert und entbehren jeglicher rechtlicher Substanz. Wer sich auf solche Aussagen verlässt und im Vertrauen auf den angeblichen „Fall des Glücksspielmonopols“ Glücksspiele ohne eine erforderliche Lizenz anbietet (oder dafür Werbung treibt), riskiert erhebliche rechtliche Probleme und – wie der konkrete Fall zeigt – auch erhebliche Kosten.

BBS Rechtsanwälte haben einen besonderen Kompetenzschwerpunkt im Glücksspielrecht. In zahlreichen Rechtsstreitigkeiten hat BBS u.a. auch die Interessen konzessionierter Glückspielanbieter vertreten. Mit Ihren Fragen zum Glücksspielrecht sind Sie daher bei uns richtig. Sprechen Sie uns an.

EuGH: Bekannte Marken von Wettbewerbern als „AdWord“ nutzbar – in Grenzen

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EuGH schafft mehr Klarheit

Ein Wettbewerber darf eine bekannte fremde Marke als Suchmaschinen-Schlüsselwort („Adword“) verwenden, um bei Internetsuchen zu diesem Adword-Begriff Werbung für seine eigenen Produkte anzeigen zu lassen. Dies entschied der europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom heutigen Tag (EuGH, Urteil vom 22.09.2011 – C-323/09).

Unterschiedliche Urteile und Stellungnahmen

Der EuGH hat in der genannten Entscheidung eine seit langer Zeit durch widersprüchliche Gerichtsentscheidungen und nicht zuletzt auch durch eine entgegengesetzt argumentierende Stellungnahme des Generalanwalts (wir berichteten) bestehende Unsicherheit der Reichweite von Markenrechten ausgeräumt. Allerdings hat der EuGH keinen generellen Freibrief zur Nutzung fremder Marken erteilt: die Verwendung eines zu Gunsten eines Wettbewerbers geschützten Begriffs ist nur dann zulässig, wenn der Bewerber eine Alternative zu den Produkten des Markenrechtsinhabers anbietet, diese aber nicht nachahmt und insbesondere die Marke nicht verwässert, verunglimpft oder in ihrer Funktion als Herkunftshinweis auf die Waren und Dienstleistungen des Wettbewerbers beeinträchtigt.

Das Urteil vom 22. September 2011

Zur konkreten Entscheidung des EuGH vom heutigen Tag:

Interflora Marke Adword Rechtsanwalt Markenrecht Markenanmeldung Patentanwalt Patent Markenverletzung Patentverletzung Abmahnung

Gemeinschaftsmarke "Interflora"

Das Gericht hatte sich mit der Verwendung des Begriffs „Interflora“ als Google-Adword zu befassen. Das Zeichen „Interflora“ ist als Marke zu Gunsten des des Blumenlieferdienstes Interflora geschützt. Es ist als Marke im Vereinigten Königreich und auch als Gemeinschaftsmarke eingetragen. Eine solche Marke gibt ihrem Inhaber grundsätzlich das Recht, Dritten die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens zu verbieten, wenn dadurch eine Verwechslungsgefahr besteht. Denn eine Marke schützt die betriebliche Herkunft der vom Markenschutz umfassten Waren und/oder Dienstleistungen. Sie ist mit der Kühlerfigur eines Fahrzeugs vergleichbar, die anzeigen soll, von welchem Unternehmen das Fahrzeug hergestellt wird.

Das britische Einzelhandelsunternehmen Marks & Spencer (M&S) ist ein Wettbewerber von „Interflora“ und bietet – unter anderem – ebenfalls die Lieferung von Blumen an. M&S ließ sich beim Suchmaschinenbetreiber (und Suchmaschinenwerbungs-Anbieter) „Google“ im Rahmen des „AdWords“-Produktes von Google das Wort „Interflora“ sowie unterschiedliche Abwandlungen und Kombinationen des Wortes als Schlüsselwörter für die suchmaschinenbasierte Anzeigenwerbung reservieren. Das „AdWord“-Produkt von Google sorgt dafür, dass immer dann, wenn Internetnutzer eines der als „AdWord“ hinterlegten Wörter als Suchbegriff in die Suchmaschine Google eingeben, neben den Suchergebnissen eine Werbung des „AdWord“-Kunden angezeigt wird. Wichtig war im vorliegenden Fall, dass die Werbung von M&S das Wort „Interflora“ nicht enthalten hat. Der markenrechtlich geschützte Begriff war daher lediglich der „Auslöser“ für die Werbeanzeige, aber nicht Bestandteil der Werbung als solcher.

Interflora war freilich mit der Nutzung seiner Marke durch einen Konkurrenten nicht einverstanden. Der Markeninhaber forderte von M&S die Unterlassung der „AdWord“- Werbung mit dem Begriff „Interflora“. Interflora sah in der streitgegenständlichen Werbung eine Verletzung seiner Markenrechte.

Nutzung als AdWord nur bei Ausschluss von Verwechslungen zulässig

Vor dem EuGH unterlag Interflora nun höchstrichterlich. Die Entscheidung kommt sicherlich für den einen oder anderen Markenrechtler überraschend. Denn noch am 24.3.2011 hatte sich Generalanwalt Jääskinen in seinem Antrag dafür ausgesprochen, in der beanstandeten Werbung eine Markenverletzung zu sehen. Nach Einschätzung des Generalanwalts führte die Verwendung einer bekannten Marke als „AdWord“ zumindest zu einer markenrechtlich zu untersagenden Gefahr des gedanklichen Inverbindungsbringens, und zwar auch dann, wenn der markenrechtlich geschützte Begriff in der Werbung als solcher nicht auftaucht. Schließlich wisse der Nutzer möglicherweise nicht, wessen Werbung infolge der Eingabe des Suchbegriffs erscheint.

Der EuGH schloss sich der Einschätzung des Generalanwalts nicht an. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs kann ein Markenrechtsinhaber einem Mitbewerber die Benutzung seiner Marke als Adword nach Art. 5 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 89/104/EWG und Art. 9 Abs. 1 lit. a der Verordnung 40/94/EG nämlich nur dann verbieten, wenn sie eine Markenfunktion beeinträchtigen kann.

Hinweisfunktion darf nicht beeinträchtigt werden

Die Hinweisfunktion einer Marke werde dann beeinträchtigt, wenn für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die beworbenen Produkte von dem Markeninhaber oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder von einem Wettbewerber des Markeninhabers stammen. Das könne zwar immer dann der Fall sein, wenn der markenrechtlich geschützte Begriff auch in der Suchmaschinenwerbung auftauche. Insoweit verwies das Gericht auf eine bereits früher ergangene Entscheidung des EuGH zu Google-Adwords (Urteil vom 23.03.2010 – C-236/08 bis C-238/08). Die Hinweisfunktion der Marke würde aber nicht alleine schon dadurch geschmälert, dass der Begriff als AdWord verwendet wird, solange keine weiteren Anhaltspunkte für eine Verwechslungsgefahr vorliegen.

Guter Ruf des Markeninhabers muss gewahrt bleiben

Der EuGH äußerte sich auch zur so genannten Investitionsfunktion der Marke. Darunter versteht man den Schutz der in eine Marke und deren Aufbau getätigten Investitionen ihres Inhabers. Die Investitionsfunktion der Marke wird nach Einschätzung des EuGH dann beeinträchtigt, wenn durch die Nutzung eines ähnlichen oder identischen Zeichens durch den Wettbewerber der Aufbau oder die Aufrechterhaltung des guten Rufs des Markeninhabers bzw. der Marke wesentlich erschwert oder gar ausgeschlossen wird. Wenn der Markenrechtsinhaber bereits eine positiv besetzte Bekanntheit hat, dürfe ein Wettbewerber den guten Ruf des Rechtsinhabers auch nicht durch die Verwendung der bekannten Marke beeinträchtigen. Das Markenrechte schütze den Marktinhaber aber nicht vor Konkurrenz schlechthin.

Genieße der Markenrechtsinhaber bereits einen Ruf, werde die Investitionsfunktion beeinträchtigt, wenn eine solche Benutzung durch Wettbewerber die Wahrung des Rufs des Markeninhabers gefährdet. Zulässig sei eine solche Benutzung hingegen, wenn der Markeninhaber seine Anstrengungen zum Erwerb oder zur Wahrung eines verbraucherbindenden Rufs in der Folge lediglich anpassen müsse und die Nutzung als AdWord im Rahmen eines „fairen Wettbewerbs“ erfolge.

Nach dem EuGH hat jetzt das nationale Gericht zu prüfen, ob die Benutzung des AdWords „Interflora“ im konkreten Fall die Investitionsfunktion der Marke beeinträchtigt, also ob der gute Ruf von Interflora durch die Werbung beschädigt wird.

Werbung für Nachahmungen unzulässig

Der EuGH stellte jedoch klar, dass bekannte Marken nach wie vor nicht durch Trittbrettfahrer ausgenutzt werden dürfen. Das sei dann der Fall, wenn die Nutzung als AdWord ohne „rechtfertigenden Grund“ erfolge. Ein solcher rechtfertigender Grund liege insbesondere dann nicht vor, wenn der Wettbewerber Nachahmungen der Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers anbietet. Hier läge nach wie vor eine Markenverletzung vor.

Mehr Klarheit, aber kein Freibrief

Die Entscheidung des EuGH schafft insoweit Klarheit, dass bekannte Marken in gewissen Grenzen von Wettbewerbern als „AdWord“ verwendet werden können, um in nach den Maßstäben des EuGH zulässiger Art und Weise Alternativen zu den Produkten des Markeninhabers zu bewerben. In jedem Fall empfiehlt sich eine sachkundige Prüfung einer solchen Werbung. Denn wenn die Grenze der Zulässigkeit überschritten wird, riskiert der Werbende äußerst kostspielige markenrechtliche Auseinandersetzungen (Abmahnung, Klage, einstweilige Verfügung). Die Streitwerte bei bekannten Marken werden von den Gerichten sehr hoch angesetzt, 6-stellige Beträge sind hierbei die Regel. Vorsicht ist daher auch hier die Mutter der Porzellankiste.

Wir unterstützen sie gerne bei allen Fragen rund um die Anmeldung und die Nutzung von Marken. Sprechen Sie uns gerne an.

Prost! Finnischer Branntwein darf nicht Cognac heißen

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EuGH: finnische Spirituosenmarken mit der Bezeichnung „Cognac“ müssen gelöscht werden

Eine Marke, die Bezeichnung „Cognac“ enthält, darf nicht für Spirituosen eingetragen werden, die nicht die Anforderungen der geografischen Bezeichnung erfüllen. Denn die Benutzung einer solchen Marke im geschäftlichen Verkehr würde die geschützte Angabe beeinträchtigen. Zudem verbietet die Verordnung die Eintragung von Marken, die eine geschützte geografische Angabe beeinträchtigen können, und bestimmt, dass eine derartige Marke, die bereits eingetragen ist, grundsätzlich gelöscht werden muss. In der Verordnung wird der Begriff „Cognac“ als geografische Angabe angeführt, mit der Branntweine aus Frankreich bezeichnet werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof nun entschieden (EuGH, Urt. v. 14. 7. 2011 – C-4/10 und C-27/10).

Schutz geographischer Angaben für Spirituosen

Geografische Angabe, Bezeichnung, EuGH, Urteil, Markenlöschung, Markenrecht

Eine derangegriffenen Marken

Nach der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15. 1. 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen können der Name eines Landes, einer Region oder eines Orts, aus dem eine Spirituose stammt, als geografische Angabe eingetragen werden, wenn die Qualität, der Ruf oder andere Merkmale der Spirituose im Wesentlichen ihrem geografischen Ursprung zugeordnet werden können. Die geografische Angabe wirkt ähnlich wie eine Marke.

Die Eintragung einer geografischen Angabe erfolgt auf Antrag des Herkunftsstaats der Spirituose. Im Rahmen des Eintragungsverfahren muss der Antragsteller genaue Angaben zu den Besonderheiten der Spirituose machen. Daraus muss sich ergeben, welche Anforderungen eine Spirituose erfüllen muss, unter den Schutz der geographischen Angabe zu fallen.

Die Bezeichnung „Cognac“ ist ausweislich des Anhangs III der einschlägigen EU-Verordnung (EG Nr. 110/2008) für Branntweinerzeugnisse geschützt. Die Gust. Ranin Oy, ein in Finnland ansässiger Hersteller von Spirituosen, meldete im Jahr 2003 in Finnland zwei Bildmarken für Spirituosen an. Die Wiedergaben der Bildmarken enthielten die Bezeichnung „Cognac“ und deren finnische Übersetzung „konjakki“ enthalten waren. Die finnischen Behörden bewilligten die Eintragung. Das Bureau national interprofessionnel du Cognac, eine französische Körperschaft, die die Erzeuger von Cognac vertritt, griff die Bewilligung der Eintragung gerichtlich an.

Das Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht, Finnland) hat den Gerichtshof der Europäischen Union gefragt, ob die Verordnung die der Eintragung nationaler Marken, die den Begriff „Cognac“ enthalten, für Erzeugnisse entgegensteht, die die Anforderungen für eine Verwendung der geografischen Angabe „Cognac“ im Hinblick auf das Herstellungsverfahren und den Alkoholgehalt nicht erfüllen.

EuGH: Verordnung auch rückwirkend anwendbar

Das Gericht hatte sich zunächst mit der Frage auseinander zusetzen, ob die Verordnung aus dem Jahr 2008 überhaupt auf die im Jahre 2003 erfolgten Eintragungen angewendet werden kann. Hierzu urteilte der EuGH , dass die EU-Verordnung  anwendbar ist, auch wenn die angegriffenen Marken vor dem Inkrafttreten der Verordnung eingetragen wurden. Die Mitgliedsstaaten hätten nämlich bereits seit dem Jahr 1996 dafür zu sorgen gehabt, dass keine irreführenden Bezeichnungen für alkoholische Getränke verwendet werden dürfen, die auf eine unzutreffende geographische Herkunft des Erzeugnisses hinweisen. Daher sei die rückwirkende Anwendung der Verordnung mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit vereinbar. Markeninhaber könnten sich in diesem Zusammenhang nicht auf einen Vertrauensschutz berufen.

Irreführungsgefahr durch gedankliche Verbindung

Der Inhaber der Marken könne sich auch nicht auf eine in der Verordnung vorgesehene Ausnahme berufen, wonach eine vor dem Zeitpunkt des Schutzes der geografischen Angabe im Ursprungsland (oder vor dem 1. 1. 1996) erworbene Marke verwendet werden darf, selbst wenn diese Verwendung einer Beeinträchtigung der geschützten geographischen Angabe bewirken kann. Insoweit ist der Ausdruck „Cognac“ unabhängig vom Schutz, den er nach französischem Recht genießt, seit dem 15. 6. 1989 nach dem Unionsrecht als geografische Angabe geschützt. Die Verwendung einer Marke, die die Angabe „Cognac“ enthält, für Erzeugnisse, die kein „Cognac“ im Sinne des Herkunftsschutzes sind, ist eine gewerbliche Verwendung der geschützten Angabe. Eine solche gewerbliche Verwendung ist nach der Verordnung jedoch verboten, soweit sie vergleichbare Erzeugnisse betrifft. Zudem führt der Umstand, dass die beiden finnischen Marken die Bezeichnung „Cognac“ einschließen, nach Auffassung des EuGH dazu, dass der Verbraucher beim Lesen der Markennamen auf den Flaschen der Spirituosen des Markeninhabers gedanklich einen Bezug zu „richtigem Cognac“ im Sinne des Herkunftsschutzes. Eine derartige Anspielung ist nach der Verordnung aber verboten. Daher müssen die finnischen Behörden die Eintragung der angefochtenen Marken löschen.

Auch Anspielung auf Angaben tragende Marke zu löschen

Die Entscheidung ist für Markenanmelder, aber auch für Inhaber bereits eingetragener Marken wichtig. Geographische Angaben in Marken sind oft schon im Anmeldeverfahren Gegenstand von Beanstandungen. Zahlreiche Anmeldungen werden jedoch beanstandungsfrei eingetragen. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs sind jedoch unter Verstoß gegen geschützte geographische Angaben eingetragene Marken zu löschen. Die Eintragung verschafft dem Markeninhaber daher möglicherweise ein trügerisches Recht. Kluge Markenanmelder wenden sich an einen spezialisierten Berater. Unsere Rechtsanwälte mit umfangreicher Erfahrung im Markenrecht kennen die einschlägige Rechtsprechung und schützen Markeninhaber vor bösen Überraschungen. Für alle Ihre Fragen zum Markenrecht, geographische Herkunftsangaben aber auch sämtliche anderen Aspekten des geistigen Eigentums sind wir gerne Ihr kompetenter Ansprechpartner.

EuGH: Schlussanträge zur Benutzung bekannter Marken als Adwords

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Ein aufsehenerregender Streit geht in die Zielgerade:

Höchst streitig ist, ob die Marken von Wettbewerbern als Adword verwendet werden dürfen. Hierzu existiert in Deutschland eine umfangreiche Rechtsprechung, die zu äußerst unterschiedlichen Ergebnissen kommt. Nun steht die Rechtsfrage, ob bekannte Marken als Adword gegen den Willen des Markeninhabers verwendet werden dürfen, zur Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof an (Aktenzeichen: Rs. C-323/09).

Generalanwalt: Fremde Marke darf nicht als Adword genutzt werden

Am 24.3.2011 hat Generalanwalt Jääskinen in der  in seinen Schlussanträgen zu dem Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice of England and Wales betreffend die Verwendung einer bekannten Marke in der Adwords-Werbung eines Wettbewerbers des Markeninhabers Stellung genommen.

In diesem Verfahren ist zentral zu klären, ob die Verwendung einer (bekannten) Marke  in der Adwords-Werbung auch dann eine Rechtsverletzung darstellt, wenn die Marke in der Anzeige selbst nicht genannt wird.

Das britische Kaufhaus Marks & Spencer hatte den Begriff „Interflora“, sowie solche Begriffe, die dieses Wort enthalten, als Schlüsselwörter bei Google für die Schaltung von Anzeigen reserviert. Dies hatte zur Folge, dass immer dann, wenn ein Suchmaschinennutzer den für einen weltweiten Blumenlieferdienst als Marke geschützten Namen „Interflora“ auf Google recherchierte, in der Rubrik „Anzeigen“ neben den eigentlichen Suchergebnissen eine Anzeige des Kaufhauses Marks & Spencer erschien, in der die Marke „Interflora“ jedoch nicht genannt wurde.

Generalanwalt Jääskinen sieht in dieser Benutzung der Marke „Interflora“ eine Markenrechtsverletzung. Es bestehe die Gefahr, dass dieNutzer der Suchmaschine zu Unrecht und irrtümlich annehmen könnten, dass zwischen Marks & Spencer und Interfloraeine Vertragsbeziehung besteht, insbesondere das das Kaufhaus dem Liefernetz von Interflora angehört.

Nach Ansicht des Generalanwalts liegt daher eine Markenrechtsverletzungen unter dem rechtlichen Aspekt des gedanklichen Inverbindungbringens vor,wenn die Marke als Schlüsselwort im Rahmen eines „Internet-Referenzierungsdienstes“ wie Google ohne Zustimmung des Markenrechtsinhabers reserviert wird und das Erscheinen von Anzeigen auf der Grundlage des Schlüsselworts erfolgt. Der Markeninhaber kann daher die Benutzung einer Marke als AdWord untersagen.

potentiell große Auswirkungen

Wenn der Gerichtshof den Anträgen des Generalanwalts folgt, kann dies drastische rechtliche Auswirkungen haben. Nach der bisherigen Rechtsprechung waren Markenverletzungen abzulehnen, wenn die Marke als solche im Rahmen der Anzeige nicht erscheint (Details hierzu: http://bbs-law.de/2011/01/adword-abmahnfalle-neues-zur-nutzung-fremder-marken/). Damit wäre bei Befolgung der Ansicht des Generalanwalts Schluss. Eine Markenverletzung läge immer dann vor, wenn eine fremde Marke zu eigenen Werbezwecken als AdWord benutzt wird – und zwar unabhängig davon, ob die Marke in der Anzeige erscheint oder nicht.

Online-Anbieter tun gut daran, die Rechtsprechung weiter zu beobachten. Markenrechtliche Abmahnungen (und insbesondere sich daran oftmals anschließende gerichtliche Streitigkeit, etwa einstweilige Verfügungen oder Klageverfahren) sind nicht nur ärgerlich, sondern mitunter auch teuer. Die Streitwerte im Markenrecht sind hoch und beginnen in der Regel erst bei Euro 25.000. Bei bekannten Marken sind sechsstellige Streitwerte schnell erreicht.

Sie möchten Markenrechtsverletzungen vermeiden? Sie möchten gegen die Verletzung Ihrer Kennzeichen durch Mitbewerber vorgehen? Unser kompetentes Team von Rechtsanwälten kämpft mit Erfahrung und Spezialisierung für Ihre Interessen. Sprechen Sie uns an!

 

 

Markenschutz für die Zahl 1000? Der EuGH hat entschieden

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Die Marke: ein umfangreiches Recht

Eine Marke dient der Kennzeichnung des betrieblichen Ursprungs von Waren oder Dienstleistungen. Die Marke verschafft dem Markeninhaber ein ausschließliches Recht. Er kann Dritten verbieten, das markenrechtlich geschützte Zeichen oder ein ähnliches Zeichen zu verwenden, wenn Verwechslungsgefahr besteht.

Unterscheidungskraft und Freihaltebedürfnis als Hürde

Freilich soll das Markenrecht nicht dazu dienen, allgemein gebräuchliche Zeichen zu Gunsten eines Marktteilnehmers zu monopolisieren. Daher fordern Gesetz und Rechtsprechung von einer Marke Unterscheidungskraft. Unterscheidungskraft ist die Eignung eines Zeichens, die Waren oder Dienstleistungen des einen Unternehmens von denen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden. Darüber hinaus darf ein Zeichen nicht freihaltebedürftig sein. Es darf also nicht zum verbreiteten Allgemeingebrauch gehören.

EuGH: 1000 nicht als Marke für Druckerzeugnisse tauglich

Ob die Eintragungshindernisse für die Zahl 1000 gilt, hatte nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu beurteilen.

Die Klägerin wollte eben diese Zahl als Gemeinschaftsmarke für Broschüren, Zeitschriften und Zeitungen zu ihren Gunsten eingetragen haben. Gemeinschaftsmarken sind – mit Amtsgebühren ab Euro 900 verhältnismäßig preisgünstige – Marken, die in der gesamten europäischen Union Geltung entfalten.

Die Klägerin hatte mit ihrer Anmeldung jedoch kein Glück. Die Eintragung wurde vom zuständigen Harmonisierungsamt für den europäischen Binnenmarkt verweigert, weil das Zeichen keine ausreichende Unterscheidungskraft für die damit beanspruchten Waren und Dienstleistungen habe und außerdem wegen der breit gefächerten Verwendung der Zahl für die allgemeine Benutzung freizuhalten sei.

Die Markenanmelderin zog bis zum Europäischen Gerichtshof – ohne Erfolg. Das Gericht bestätigte mit Urteil vom 10.03.2011 (Az. C-51/10 P) die vorangegangene Entscheidung, nach welcher insbesondere in Broschüren, Zeitungen und Zeitschriften häufig Ranglisten und Sammlungen veröffentlicht werden, für die zur Angabe des Inhalts ganze Zahlen bevorzugt werden, beispielsweise „1000 Fragen und Antworten“. Dies verdeutliche, dass der Durchschnittsverbraucher die Zahl 1000 nicht als Herkunftshinweis, sondern vielmehr als Hinweis auf den Inhalt einer Publikation auffasse.

Keine Bindung des Markenamtes an vorherige Entscheidungen

Höchst interessant sind die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs zur Bindungswirkung von Voreintragungen. Die Klägerin hat sich darauf berufen, dass das Harmonisierungsamt in der Vergangenheit zahlreiche andere Marken mit ähnlichem Inhalt eingetragen habe. Zu Unrecht, wie das Gericht urteilte. Die Eintragungsfähigkeit einer Marke sei in jedem Einzelfall von neuem und unter Berücksichtigung aller wesentlichen Aspekte zu prüfen. Der Umstand, dass das Eintragungsamt vergleichbare Zeichen in der Vergangenheit eingetragen hat, verpflichte das Amt nicht dazu, in ähnlichen Fällen gleich zu handeln (also die Eintragung zu gewähren).

Als alte Marke nicht viel Wert: 1000

Der vorgenannte Umstand ist auch bei nationalen Markenanmeldungen immer wieder ein Quell des Ärgernisses. In vergangenen Zeiten wurden Markeneintragungen oftmals deutlich gnädiger zugebilligt. Dies geschieht auch heute noch mitunter, wenn der zuständige Prüfer des jeweiligen Markenamtes einen besonders großzügigen Maßstab anlegt. Insbesondere aus der Vergangenheit resultieren daher zahlreiche Marken, die so heute nicht mehr eingetragen würden. Die deutsche Rechtsprechung hat daraus – „Ausreißerentscheidungen“ ausgenommen – gerade nicht gefolgert, dass dieser großzügige Maßstab auch für alle aktuellen Anmeldungen zu gelten hat. „Keine Gleichbehandlung im Unrecht“ lautet die Devise: der Umstand, dass ein Dritter zu Unrecht eine Marke erteilt bekommen hat, verpflichtet das Amt nicht zu weiteren Eintragungen nicht den Anforderungen der Markengesetze genügender Marken.

Altmarken mit schlummerndem Risiko

Wer eine derartige als Marke besitzt, kann sich freuen – oder auch nicht. Denn im Verletzungsverfahren kann über die Reichweite des Schutzes einer eingetragenen Marke geurteilt werden. Jener fällt bei nicht kennzeichnungskräftigen Zeichen dementsprechend gering aus. Darüber hinaus können solche Altmarken auch auf Antrag gelöscht werden. Daher sollte auch vor einer Abmahnung geprüft werden, ob eine Marke auch den aktuellen Anforderungen an die Eintragungsfähigkeit gerecht wird.

Eine Marke gewährt ihrem Inhaber ein sehr umfangreiches Recht. Damit sind jedoch auch Risiken verbunden, die oftmals erst in künftigen Verletzungsverfahren ans Licht kommen. In diesem Fall doppelt ärgerlich, da die Streitwerte im Markenrecht und damit auch die Kosten im Falle des Unterliegens vor Gericht hoch sind.

Spart Kosten und Nerven: fachkundige Beratung durch Rechtsanwalt

Vor diesem Hintergrund tun Markenanmelder gut daran, sich vor der Anmeldung durch einen spezialisierten und qualifizierten Rechtsanwalt oder Patentanwalt beraten zu lassen. Das Ausfüllen eines Formulars ist dabei nicht der eigentliche Gegenstand der Leistung. Vielmehr geht es darum, das Risiko einer Zurückweisung der Marke, die Schlagkraft der Marke im Falle künftiger Kollisionen aber natürlich auch die Kollision der Marke mit älteren Marken zu prüfen. Eine solche fachkundige Begleitung und Beratung spart am Ende aller Tage Kosten und Nerven.

BBS berät und betreut zahlreiche Anmelder und Inhaber nationaler und internationaler Marken. Mit fachkundiger und praxisgerechter Beratung unterstützen wir Sie, damit ihre Marke Erfolg haben kann. Wir sind gerne für Sie da!