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5 Sterne für das Gericht: Urteil des BGH zur Haftung für Kundenbewertungen

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Haftung des Anbieters für Kundenbewertungen im Internet

Kundenbewertungen sind und nicht nur Gold, sondern auch bares Geld wert. Insbesondere der Plattformhandel mit den dort besonders gegebenen Bewertungsmöglichkeiten hat zu einer drastischen Steigerung der Bedeutung von Kundenmeinungen geführt. Über Erfolg und Ranking des Produkts entscheiden nicht zuletzt Menge und Tendenz der zugeordneten Bewertungen. Ob das in jedem Fall sinnvoll ist, mag dahinstehen. Denn was im Bereich Gastronomie und Hotellerie begann, ist heute Handelsstandard. Das führt allerdings auch zu rechtlichen Fragestellungen.

Fake-Bewertungen verboten, gekaufte Bewertungen kennzeichnungspflichtig

Bisher entschieden die Gerichte über viele Aspekte von Bewertungssystemen. Einerseits ging es um die Frage, welche Aussage einer Bewertung zuzuordnen ist und  andererseits häufig um die Frage, wie solche Bewertungen zustande kommen. Beispielsweise meinte das Oberlandesgericht Frankfurt, das ein Unternehmen grundsätzlich offenlegen muss, wenn es für Bewertungen bezahlt (OLG Frankfurt a. M.,Beschluss v. 22.02.2019 – 6 W 9/19).  § 5a Abs. 6 UWG (diese Vorschrift enthält aktive Aufklärungspflichten) verpflichtet den Unternehmer  nämlich, den kommerziellen Zweck einer Geschäftspraxis kenntlich zu machen. Dazu gehört es nach Einschätzung des Gerichts auch, wenn bei Bewertungen neben der Begeisterung oder Enttäuschung des ganz privat handelnden Konsumenten auch Geld im Spiel ist. Zu der ganz „platten“ Variante für die schlichteren Gemüter, nämlich dem Angebot positiver Kundenrezensionen für Geld, hatte das Landgericht München I zu entscheiden. Es erachtete die Geschäftspraxis von „Fivestar“, einem Anbieter für positive Kundenstimmen (Amazon-Rezension für Euro 19,40), eine klare wettbewerbsrechtliche Absage und erachtete das Gesamtangebot rundweg für unzulässig (Urteil vom 20.02.2020, Az: I ZR 193/18). Besonders interessant an der Entscheidung des Landgerichts München: „Fivestar“ hatte sich zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung umbenannt und die Rechtsform geändert, von Fivestar Marketing UG in Fivestar AG bR. Dabei wurde auch ein neuer Geschäftsführer in das Handelsregister eingetragen. Für das Gericht kein kein Hindernis, es verurteilte im Sinne der Klägerin (Holidaycheck) Fivestar gleichwohl zur Unterlassung.

BGH: wer haftet für Bewertungsinhalte?

Was aber, wenn Bewertungen von Kunden verbotene Inhalte haben? Muss der Händler dann die Folgen tragen und sich für die Kundenstimme abmahnen, zu Unterlassung verpflichten oder sogar zu einer Vertragsstrafe Verurteilen lassen? Muss der Händler die Sekunden Stimme entfernen lassen? Zu diesen spannenden Fragen hatte der BGH zu urteilen.

Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) wünschte als Kläger vor dem BGH die Verurteilung eines Händlers zur Zahlung einer Vertragsstrafe und die Löschung von Bewertungen zu einem sogenannten „Gesundheits-Tape“ (Kinesiologie-Tapes). Die Vorgeschichte: Im Jahr 2013 begehrte der VSW von dem Händler die Unterlassung von Werbung, die eine medizinische Wirkung des Tapes behauptete. Der Händler hat eine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben, denn medizinische Wirkung darf nur für entsprechend zugelassene Medizinprodukte behauptet werden, soweit das Heilmittelwerbegesetz (HWG) das zulässt.

2017 bot der Beklagte Händler das Tape dann weiterhin bei Amazon an, ohne die Behauptung einer medizinischen Wirkung.

Allerdings hatte Amazon dem Angebot Kundenrezensionen zugewiesen, die unter anderem Hinweise wie „schmerzlinderndes Tape!“, „This product is perfect for pain…“ und „Die Schmerzen gehen durch das Bekleben weg“ enthielten, also genau solche medizinischen Aussagen, welche der Händler selbst gerade nicht tätigen darf.

Der VSW verlangte die Zahlung der Vertragsstrafe, da der Händler sich die Bewertungen zu eigen gemacht habe und damit irreführende Werbung betreibe. Zudem war der Verein der Ansicht, dass die Beklagte auf ihre Löschung hätte hinwirken müssen.

BGH: Händler grundsätzlich nicht für Kundenstimmen verantwortlich

Der BGH vertrat die Ansicht, dass der Verkäufer auf einer Online-Plattform für nicht von ihm veranlasste Kundenbewertungen wettbewerbsrechtlich haftet, wenn er sich diese Bewertungen nicht zu eigen macht.Für die Beurteilung, ob ein  Händler sich fremde Äußerungen zu eigen macht, kommt es entscheidend darauf an, ob er nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die Äußerungen Dritter übernimmt oder den Anschein erweckt, er identifiziere sich mit ihnen.

Für den konkreten Fall lehnte der BGH ein „sich zu eigen machen“ ab. Ob ein Händler verpflichtet sei, irreführende Kundenbewertungen abzuwenden oder zu beseitigen, Hänge von den Umständen des ganz konkreten Einzelfalls ab und erfordere eine Abwägung. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Kundenbewertungssysteme auf OnlineHandelsplattformen gesellschaftlich erwünscht sind und Als Meinungsäußerungen der Kunden verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Verbraucher haben ein durch die Meinungsfreiheit grundrechtlich geschütztes Interesse, sich zu Produkten zu äußern und ihre Erfahrungen und ihre Einschätzung zu dem Produkt zu äußern. Und Verbraucher haben darüber hinaus ein berechtigtes Interesse, sich aus solchen Bewertungen über die Eigenschaften, Vorzüge und Nachteile eines Produktes zu informieren. Bei einem Angebot von Arzneimitteln oder Medizinprodukten kann allerdings das Rechtsgut der öffentlichen Gesundheit bei der Abwägung zu berücksichtigen sein.

Da vorliegend nicht davon auszugehen war, dass der Händler die Bewertungen gefördert hat und der auch nicht erkennbar war, dass der Händler diese Bewertungen in seinem Sinne aktiv zum Bestandteil seiner eigenen Aussagen machte, lehnte der BGH die Haftung ab.

Allerdings: etwas anderes soll nach Einschätzung des BGH dann gelten, wenn der Anbieter entweder selbst solche Bewertungen abgibt oder abgeben lässt oder wenn er für die Bewertung bezahlt.

Bewertungen: richtig nutzen – ein Ratgeber vom Rechtsanwalt

BBS Rechtsanwälte betreut zahlreiche in eigenen Shops und auf Plattformen tätige Händler sowie auch große und mittlere Anbieter in ihrem jeweiligen Produktbereich. Händlern können wir aus Erfahrung daher grundsätzlich empfehlen:

a) nutzen Sie positive Kundenstimmen für Ihr Angebot. Bewertungen sind natürlich ein Kundenmagnet.

b) bevor Sie eine Bewertung selbst in Ihre Werbung übernehmen, beispielsweise als Referenz, prüfen Sie unbedingt den Inhalt. Ist die Bewertung irreführend oder inhaltlich falsch oder enthält sie verbotene Aussagen (beispielsweise im Bereich gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel), haften Sie für übernommene Aussagen, auch wenn sie ursprünglich von Kunden stammten.

c) es spricht nichts dagegen, für qualitativ hochwertige Bewertungen etwas zu bezahlen oder sonstige „goodies“/incentives anzubieten. Allerdings muss einerseits gewährleistet sein, dass die Bezahlung nicht für eine gute Bewertung, sondern für eine ehrliche Bewertung geleistet wird. Darüber hinaus muss der Umstand des Sponsorings für die Bewertung offengelegt werden.

d) Achtung, eine E-Mail mit der Bitte um eine Bewertung stellt Werbung dar und bedarf der Einwilligung des Nutzers (BGH, Urteil v. 10.07.2018, VI ZR 225/17).

e) Positive Kundenerfahrung ist Trumpf: nutzen Sie auch Beschwerden, um den Kunden positiv zu überzeugen. Eine Lösung im Sinne des Kunden ist oftmals unter Berücksichtigung aller Faktoren die bei weitem preisgünstigste Lösung. Die meisten Bewertungen enthalten Meinungsäußerungen, die nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft werden können (Wenn ein Kunde meint, der Kundenservice eines Shops sei absolut unterirdisch, kann diese Meinung nicht falsch sein, da es um die Kundenwahrnehmung geht – auch wenn der Händler das natürlich anders sieht). Ein erfolgreiches rechtliches Vorgehen gegen Bewertungen bedarf daher vieler Abwägungen und sollte auf jeden Fall dem Profi überlassen sein. Dann fast nichts ist so schädlich wie ein Kunde, der eine Behauptung nach einem gewonnenen Rechtsstreit, im schlimmsten Fall noch begleitet durch die Presse, vielfach wiederholt und verbreitet.

Sie haben Fragen zu Bewertungen, Rezensionen und einer optimalen Strategie und Positionierung? Sie wollen die Grenzen ausloten oder wissen, wo die Grenze zwischen grau, rot und grün in rechtlicher Hinsicht verläuft? Fragen Sie unsere Experten. Wir unterstützen Sie gerne.

 

 

EuGH: Link als Urheberrechtsverletzung

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EuGH: Verlinkung durch kommerzieller Anbieter auf urheberrechtlich geschützte Inhalte kann Urheberrechtsverletzung darstellen

In einer Entscheidung vom 04.09.2016 hat der EuGH die bestehenden Regelungen über die Verantwortlichkeit für Hyperlinks weiter konkretisiert. Der EuGH nimmt eine Urheberrechtsverletzung in Fällen an, in denen eine Verlinkung auf urheberrechtswidrige Inhalte mit Gewinnerzielungsabsicht und erwiesenem Wissen bzw.  fahrlässigem Nicht-Wissen hinsichtlich der unbefugten Veröffentlichung der Inhalte erfolgt.

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Verknüpfungen im Netz: böse Überraschungen lauern
© panthermedia.net /Leander Suckfüll

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein niederländisches Online-Magazin hatte auf offensichtlich urheberrechtswidrige Fotografien verlinkt, die auf der Webseite eines Dritten abrufbar waren. Nach der durch den Urheberrechtsinhaber veranlassten Löschung der Inhalte auf der Internetpräsenz des Dritten, waren die Inhalte über den Link des niederländischen Online-Magazins zunächst nicht mehr abrufbar. Das Online-Magazin setzte nun jenen Link auf eine andere Quelle mit demselben urheberrechtlich geschützten Inhalt. Da das Online-Magazin durch den Urheberrechtsinhaber schon bei dem ersten Link auf die Widerrechtlichkeit der verlinkten Inhalte hingewiesen wurde, erfolgte die zweite Verlinkung daher mit Wissen über die Urheberrechtswidrigkeit der verlinkten Inhalte.

Der niederländische Kassationshof (Hoge Raad der Nederlanden) hatte den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren zur Klärung der Frage angerufen, ob das Setzen eines solchen Hyperlinks einen Akt der öffentlichen Wiedergabe i.S.d. Art.3 Abs.1 RL 2001/29/EG darstellt.

Gericht urteilt: Verschulden des Anbieters bei Linksetzung wesentlich

Im Folgenden stellte der EuGH fest, dass ein Hyperlink auf urheberrechtswidrige Inhalte als “öffentliche Wiedergabe” des urheberrechtlich geschützten Materials – und somit als Urheberrechtsverletzung –  gewertet werden kann, soweit die Verlinkung mit Gewinnerzielungsabsicht und Wissen- bzw. fahrlässigem Nicht-Wissen hinsichtlich der fehlenden Zustimmung des Urheberrechtsinhabers erfolgt.

Maßgeblich für die Beurteilung eines Urheberrechtsverstoßes ist die sog. „öffentliche Wiedergabe“, die inhaltlich mit dem im deutschen Urheberrecht bestehenden Recht des Urhebers auf öffentliche Zugänglichmachung (§19 a UrhG) korreliert.

Bereits in der Vergangenheit hatte sich der EuGH mit der Frage zu beschäftigen, ob eine „öffentliche Wiedergabe“ vorliegt, wenn ein Hyperlink auf Webseiten verweist, auf denen Inhalte mit Erlaubnis des Rechtsinhabers frei zugänglich gemacht worden waren. Die Wirkung einer Verlinkung als „öffentliche Wiedergabe“ wurde dabei vom EuGH verneint. Nicht entschieden war hingegen die Frage, welche Auswirkungen es hat, wenn das verlinkte Werk ohne Zustimmung des Rechtsinhabers veröffentlicht wurde, wie es vorliegend der Fall war.

Rechtsprechung zu Hyperlinks: konsistenter Kurs des EuGH

Der EuGH nahm in der Vergangenheit an, dass eine „öffentliche Wiedergabe“ schon unter dem Gesichtspunkt ausscheiden müsse, dass eine „Wiedergabe“ als „öffentliche“ Wiedergabe i.S.d. Art. 3 Abs.1 RL 2001/29 nur dann in Betracht komme, wenn sie sich an ein neues Publikum richtet, also an ein Publikum, das die Urheberrechtsinhaber nicht hatten erfassen wollen, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten (EuGH, Urteil vom 13.2.2014 – C-466/12 – „Svensson“). Bei der Verlinkung auf etwa Zeitungsartikel, die auf der Webseite eines Online-Magazins frei zugänglich waren, würde kein neues Publikum adressiert, sondern diejenigen, die vom Urheberrechtsinhaber adressiert werden wollten, nämlich alle Internetnutzer. Eine öffentliche Wiedergabe scheide bei gleichem Publikum aus (EuGH Beschl. v. 21.10.2014 – C-348/13 – „BestWater“).

Auf diese Grundsätze nimmt die aktuelle Entscheidung direkten Bezug mit der Feststellung, dass

 „soweit dieses Werk auf der Webseite, auf die durch den Hyperlink zugegriffen werden kann, frei zugänglich ist, davon auszugehen ist, dass die Inhaber des Urheberrechts, als sie diese Wiedergabe erlaubt haben, an alle Internetnutzer als Publikum gedacht haben.“

Hieraus ergibt sich, dass die vorliegende Entscheidung keine Abkehr von der vorangegangenen Rechtsprechung darstellt. Ihr liegt schlicht ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde.

Da keine Verlinkung auf Inhalte erfolgte, die mit dem Willen des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht wurden, musste der EuGH im vorliegenden Fall den Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ weiter präzisieren.

Hierbei wurde nunmehr entschieden, dass eine öffentliche Wiedergabe durch Verlinkung anzunehmen ist bei

  1. vorsätzlichem Handeln bzw. fahrlässiger Unkenntnis und
  2. einer unbestimmten Zahl potentieller Leistungsempfänger, wobei die Veröffentlichung an ein Publikum gerichtet sein muss, an das die Inhaber des Urheberrechts nicht gedacht hatten (das sog. „neue Publikum“) und
  3. der Wiedergabe zu Erwerbszwecken.

In der öffentlichen Wahrnehmung werden die Feststellungen des EuGH kontrovers diskutiert. Insbesondere wird eine Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet durch die Haftung für Hyperlinks befürchtet.

SEO-Anbieter, Agenturen und Affiliate-Beteiligte im Risiko

Die Entscheidung wird de facto zu einer Prüfpflicht kommerzieller Anbieter für Hyperlinks führen. Die „Gewinnerzielungsabsicht“ des Anbieters lässt dabei eine öffentliche Wiedergabe vermuten.

Gleichzeitig wird durch das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht der Adressatenkreis eingeschränkt. Private sind durch das Urteil nicht betroffen; es werden ausschließlich kommerzielle Anbieter adressiert. Der Begriff der Gewinnerzielungsabsicht (oder in den Worten des EuGH: „ob eine Veröffentlichung Erwerbszwecken dient“)  wird in der Zukunft zu schwierigen Abgrenzungsfragen führen. Augenscheinlich ist dies etwa bei Hyperlinks auf kleinen Blog-Seiten.

Daneben kommt es für eine Urheberrechtsverletzung durch öffentliche Wiedergabe maßgeblich auf das gesicherte Wissen bzw. fahrlässige Unwissen des Anbieters an, dass mit dem Hyperlink auf urheberrechtswidrige Inhalte verwiesen wird.

Auch bisher: notice and take down

Im vorliegenden Fall lag die Besonderheit darin, dass vor der zweiten Verlinkung das Online-Magazin ausdrücklich vom Urheberrechtsinhaber darauf aufmerksam gemacht wurde, dass der verlinkte Inhalt von diesem nicht zur öffentlichen Wiedergabe freigegeben wurde. Dass die unzulässige Verlinkung mit voller Absicht und Kenntnis erfolgte, konnte das Online-Magazin daher nicht wiederlegen. Mit den mitunter schwierig zu beurteilenden und wesentlichen Fragen des Wissensgrades bzw. dem im Einzelfall anzulegenden Fahrlässigkeitsmaßstabs musste sich der EuGH daher im vorliegenden Urteil nicht auseinander setzen. Mögliche Urheberrechtsverletzungen lassen sich jedoch nicht immer ohne größeren Aufwand erkennen. Hier müssen zukünftige Urteile Klarheit schaffen, welche Anforderungen an die konkrete Wissenszurechnung zu stellen sind.

Das Urteil wird trotzdem schon jetzt im Rahmen der Auslegung der §§15, 15 Abs.2, 19a UrhG Berücksichtigung finden.

Fazit

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist nicht überraschend und setzt die bisherigen Leitlinien der EuGH-Rechtsprechung konsequent fort. Insbesondere ist natürlich damit zu rechnen, dass auch inländische Gerichte, besondere die Instanzgerichte (Rechtsprechung der Landgerichte und Oberlandesgerichte) und der BGH, sich bei der Beurteilung von Urheberrechtsverletzungen an der Rechtsprechung des EuGH orientieren und diese Rechtsprechung fortschreiben. Insbesondere wird interessant sein, wie das Merkmal des gewerblichen Zusammenhangs durch die Gerichte beurteilt wird. Ein Blogger, der auf seiner Seite auch Werbung schaltet, kann hier durchaus zumindest die Gefahr einer Beurteilung als gewerblich in Kauf nehmen müssen.

Fragen zum Urheberrecht: Expertise ist besser als Ansichten

Wir begleiten und unterstützen Portalbetreiber, Plattform Betreiber, SEO-Agenturen, Werbeagenturen, Seitenbetreiber und Medienunternehmen, aber auch Blogger und Künstler, bei der Vermeidung unnötiger Risiken im Netz, der Meisterung rechtlicher Herausforderungen und der Gestaltung richtiger Verträge. Das Internet enthält reichhaltige Angebote zu Fragestellungen des Urheberrechts und des Medienrecht. Leider erweisen sich viele dieser vermeintlich hilfreichen Informationen als gefährliche Fallstricke, denn die Meinung des jeweiligen Verfassers entspricht nicht unbedingt der rechtlichen Realität und der gerichtlichen Praxis. Wir freuen uns, Ihnen mit langjähriger Expertise und fundierten Informationen einen sicheren Weg zeigen und einen Wissensvorsprung verschaffen zu können. Sprechen Sie uns an. Wir sind gerne für Sie da.

BBS Rechtsanwälte Hamburg: Kanzlei für Agenturen und Medienanbieter

BGH: Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Wettbewerbsverletzungen

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Prinzip Haftungsbeschränkung: Rechtsformwahl entscheidet

Kein Unternehmen funktioniert ohne Risiko. Das gilt sowohl für finanzielle als auch für rechtliche Risiken. Ein Unternehmen steht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen für die Mangelfreiheit und Ungefährlichkeit seiner Produkte, aber auch für sonstige im Rahmen seiner Tätigkeit entstehende Schäden ein. Darüber hinaus besteht natürlich auch eine Haftung für Rechtsverletzungen. Hierzu gibt es vielfältigen Anlass: ob steuerrechtliche Vorschriften, sonstige Verwaltungsvorschriften, Rechte Dritter (Patente, Marken, Designs, Urheberrechte) oder das Wettbewerbsrecht: grundsätzlich steht jeder Marktteilnehmer für seine Handlungen und die dadurch verursachten Rechtsverletzungen ein. Versicherungen hiergegen gibt es in der Regel keine. Es hilft daher im Zweifel nur eine haftungsbeschränkte Rechtsform. In der Folge stellt sich die Frage, inwieweit die jeweils handelnden Geschäftsführer für Rechtsverletzungen der Gesellschaft auch persönlich zur Verantwortung gezogen werden können. Einen weiteren und höchst wichtigen Beitrag zur Klärung leistete jetzt der Bundesgerichtshof:

Bundesgerichtshof: Beschränkung der Geschäftsführerhaftung

Mit Urteil vom 26.08.2014 (Aktenzeichen:I ZR 242/12) stellte der Bundesgerichtshof (erneut) klar, dass der Geschäftsführer einer GmbH nicht allein aufgrund seiner Rechtsstellung für von dieser Gesellschaft begangene Wettbewerbsverletzungen haftet. Allerdings stellte das Gericht gleichzeitig klar, dass durchaus auch Fälle einer persönlichen Haftung des Geschäftsführers bestehen können:

Geschäftsführer: gefährlicher Job? © panthermedia.net / Christa Eder

Geschäftsführer: gefährlicher Job?
© panthermedia.net /
Christa Eder

Im konkreten Fall ging es um wettbewerbsrechtlich beanstandete Haustürwerbung. Die Klägerin ist ein Gasversorgungsunternehmen, das Verbraucher mit Erdgas beliefert. Einer der Beklagten ist alleiniger Geschäftsführer einer ebenfalls auf Unterlassung in Anspruch genommenen GmbH. Diese GmbH hat im Jahr 2009 durch selbstständige Handelsvertreter Gaslieferverträge vermarktet und dabei mit irreführenden Angaben zur Kündigung bestehender Verträge Neukunden geworben.

Die Klägerin war der Ansicht, dass auch der Geschäftsführer für die unlauteren Geschäftspraktiken haften müsse, da er von den Verstößen Kenntnis gehabt und seinen Betrieb jedenfalls nicht so organisiert habe, dass er die Einhaltung von Rechtsvorschriften habe sicherstellen können.

Bereits in der Vorinstanz wurde eine persönliche Haftung des Geschäftsführers  abgelehnt. Dies bestätigte auch der Bundesgerichtshof:

Haftung des Geschäftsführers als Täter

Der Geschäftsführer habe die Wettbewerbsverletzungen nicht persönlich begangen. Eine Haftung des Geschäftsführers als sogenannter Störer im Zusammenhang mit den Wettbewerbsverstößen komme nicht in Betracht, da der Beklagte nicht an der Wettbewerbsverletzung als solcher mitgewirkt habe. Für Fälle des sogenannten Verhaltensunrechts, um die es bei Wettbewerbsverstößen geht und in denen keine Verletzung eines absoluten Rechts (beispielsweise Markenrechte, Patentrechte oder Urheberrechte) in Rede steht, könne die Frage der persönlichen Haftung nach der neueren Senatsrechtsprechung allein nach den deliktsrechtlichen Kategorien der Täterschaft und Teilnahme begründet werden. Zu Deutsch: eine Haftung des Geschäftsführers als Störer für einen Wettbewerbsverstoß kommt nach Einschätzung des Gerichts nur dann in Betracht, wenn dieser Geschäftsführer auch schuldhaft an der Rechtsverletzung unmittelbar oder mittelbar mitgewirkt hat.

Der Geschäftsführer haftet für einen Wettbewerbsverstoß der von ihm vertretenen Gesellschaft also dann, wenn er die Rechtsverletzung selbst begangen oder in Auftrag gegeben hat.

Haftung für fehlende Verhinderung der Rechtsverletzung

Das Gericht bestätigte darüber hinaus, dass nach der bisherigen Rechtsprechung der Geschäftsführer allerdings unter besonderen Umständen auch dann für Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft zur Rechenschaft gezogen werden kann, wenn er von ihnen Kenntnis hatte und es unterlassen hat, sie zu verhindern. Der Bundesgerichtshof stellt jedoch fest, dass nach Aufgabe der Störerhaftung im Lauterkeitsrecht nicht mehr daran festgehalten werden könne, dass der Geschäftsführer stets für die unterbliebene Vermeidung von Wettbewerbsverstößen haften muss.

Ein Unterlassen könne einem aktiven Handeln nämlich nur (noch) gleichgestellt werden, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt, und das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands durch ein Tun entspricht. Zu deutsch: den Geschäftsführer muss die ganz konkrete Verpflichtung getroffen haben, genau die in Rede stehende Rechtsverletzung zu vermeiden und er muss in Ansehung dieser Verpflichtung erforderliche und adäquate Maßnahmen unterlassen haben.

Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft bestehe danach nur, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen.

Verhinderungspflichten nur bei besonderen Umständen

Die schlichte Kenntnis des Geschäftsführers von Wettbewerbsverletzungen allein scheide als haftungsbegründender Umstand aber aus. Erforderlich sei, dass der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist. So liege es etwa bei der rechtsverletzenden Benutzung einer bestimmten Firmierung und dem allgemeinen Werbeauftritt eines Unternehmens, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird.

Der Bundesgerichtshof geht sogar noch weiter: Erlange der Geschäftsführer lediglich Kenntnis davon, dass bei der unter seiner Leitung stehenden Geschäftstätigkeit Wettbewerbsverstöße begangen werden oder ihre Begehung bevorsteht, so treffe ihn persönlich regelmäßig auch keine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht im Verhältnis zu außenstehenden Dritten, eine (weitere) Verletzung durch das Wettbewerbsrecht geschützter Interessen von Marktteilnehmern zu verhindern.

Etwas anderes könne sich allerdings dann ergeben, wenn die Beseitigung von Rechtsverletzungen vom Geschäftsführer zu verlangen ist, weil dies zur Erfüllung der Erfordernisse einer fachlichen Sorgfalt gehört. Aus der schlichten Bestellung als Geschäftsführer sei eine solche Handlungspflicht jedoch alleine noch nicht abzuleiten. die Grenze sei hierbei allerdings erreicht, wenn der Geschäftsführer ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt hat.

Fazit:

Nach der weitgehenden Abschaffung der Störerhaftung für den Bereich des Verhaltensunrechts ( (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 – I ZR 139/08 – Kinderhochstühle im Internet) stellt der Bundesgerichtshof die Geltung der von ihm aufgestellten Grundsätze auch für den Bereich der persönlichen Haftung des Geschäftsführers klar. Mit der Reduzierung der Störerhaftung wollte der Bundesgerichtshof einem Trend zur ausufernden Ausdehnung der Verantwortlichkeit für die rein faktisch feststellbare, aber nicht beabsichtigte Unterstützung der Begehung von Rechtsverletzungen Dritter eindämmen. Nach Maßgabe dieser Maßstäbe ist die Feststellung der Gültigkeit dieser Einschränkungen auch für die persönliche Haftung von Organen von Kapitalgesellschaften folgerichtig und stringent. Die rechtliche Existenz haftungsbeschränkter Gesellschaften sollte es folgerichtig mit sich bringen, das nicht für jede Wettbewerbsverletzung eines Unternehmens auch eine Person der Geschäftsführung persönlich in Anspruch genommen werden soll. Denn diese persönliche Haftung ist der Rechtsfigur der in ihrer Haftung beschränkten Gesellschaft, von Ausnahmen abgesehen, wesensfremd.

Die Entscheidung stellt jedoch klar, dass durchaus Ansatzpunkte für eine persönliche Haftung verbleiben: dort wo der Geschäftsführer entweder selbst mitwirkt oder Rechtsverletzungen zu verantworten hat, weil sie typischerweise in den Zuständigkeitsbereich einer Geschäftsführung gehören, kann gegebenenfalls auf den Geschäftsführer persönlich zugegriffen werden. Daneben verbleibt natürlich noch die von der Außenhaftung weitgehend unabhängige Frage, inwieweit der Geschäftsführer im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft für eine mangelhafte Organisation und Erfüllung seiner Pflichten haftet, wenn die Gesellschaft Rechtsvorschriften verletzt.

Die insbesondere in Abmahnungen verbreitete Unsitte, neben der Abgabe einer Unterlassungserklärung der Gesellschaft stets auch eine solche des Geschäftsführers zu fordern, sollte jedoch durch die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Einschränkung finden.

BBS: spezialisierte Rechtsanwälte und Experten in Hamburg auch im Bereich Geschäftsführerhaftung

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Datenschutzrecht: 145.000 Euro Bußgeld gegen Google

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Aufsichtsbehörde verhängt Bußgeld

Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Professor Johannes Caspar hat nach eigener Mitteilung gegen die Google Inc. wegen unzulässiger Erhebung von WLAN-Daten ein Bußgeld von € 145.000 verhängt. Bei der Erhebung von Daten für den Google-Dienst „Street View“ sei es – neben der Fotografie von Hausfassaden und Straßenbildern – auch zur Aufzeichnung von Daten von WLAN-Netzen  sowie von Inhaltsdaten (u.a. E-Mails, Passwörter, Fotos und Chat-Protokolle) gekommen.

Die mit der Sache befasste Staatsanwaltschaft hatte Ende 2012 ein entsprechendes Ermittlungsverfahren eingestellt. Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte setzte das Verfahren fort, welches nunmehr den Bußgeldbescheid hervorbrachte. Darüber hinaus musste Google die zu Unrecht erhobenen Daten löschen, was das Unternehmen bereits bestätigt habe.

Die Behörde stellt klar, dass die unrechtmäßige Aufzeichnung der Daten von der Geschäftsleitung von  Google zwar nicht beabsichtigt gewesen sei. Jedoch hätten „firmeninterne Kontrollmechanismen in erheblicher Weise versagt“.

Compliance: PR-Desaster und Strafen vermeiden

Rechtsanwalt Patentanwalt Anwalt Datenschutz Schulung Datenschutzbeauftragter FortbildungDie Angelegenheit zeigt, wie wichtig die Schaffung und Bereitstellung von Strukturen zur Berücksichtigung und Einhaltung rechtlicher Vorgaben im Unternehmen (Compliance) sein kann. Dabei wird im vorliegenden Fall sicher nicht die Höhe des Bußgelds, sondern insbesondere die fatale Außenwirkung des Vorgangs das für das betroffene Unternehmen wesentliche Ärgernis sein.

BDSG: auch Freiheitsstrafen denkbar

Das Bundesdatenschutzgesetz sieht jedoch nicht nur Geldbußen von bis zu 300.000 € (§ 43 BDSG) vor. Dort, wo erhebliche Verstöße gegen das Datenschutzrecht in der Absicht des Täters geschehen, sich zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, sieht das Gesetz sogar Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren (§44 Abs. 1 BDSG) vor. Und auch aus anderen Strafnormen kann nicht zuletzt auch für betroffene Mitarbeiter und verantwortliche Mitglieder der Geschäftsleitung ein erhebliches Risiko resultieren. So ordnete das Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss vom 10. Januar 2005 (AZ: 1 Ws 152/04) die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Dekan einer Universität wegen der Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses dar. Diese gem. § 206 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe geahndete Handlung soll der Dekan durch die Sperrung und Löschung von E-Mails verwirklicht haben. In der Folge entspann sich eine lebhafte Diskussion, ob dieser Straftatbestand möglicherweise bereits durch die Verwendung von Spam-Filtern und Virenscannern verwirklicht werden könne, da auch jene – bei erlaubter privater Nutzung dienstlicher E-Mail-Adressen – E-Mails irrtümlich oder wegen einer tatsächlichen Einstufung als Spam oder Virus nicht zu stellen.

Insbesondere im Kartellrecht sind drastische Strafen häufige Folge von Rechtsverstößen. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ermöglicht Strafen in Millionenhöhe, ja sogar bis zu 10 % des Jahres-Konzernumsatzes. In kartellrechtlich relevanten Branchen sollten daher alle Mitarbeiter die rechtlichen Grenzen zulässigen Verhaltens kennen.

Die Geschäftsleitung von Unternehmen haftet dort (persönlich), wo sie nicht angemessene und zumutbare Maßnahmen zur Anleitung und Überwachung Ihrer Mitarbeiter getroffen hat, um Rechtsverletzungen zu vermeiden. So bestätigte beispielsweise der Bundesgerichtshof die Haftung mehrerer Geschäftsführer eines Internet-Unternehmens, weil sie nicht verhinderten, dass auf einer durch das Unternehmen betriebenen Internetseite Lichtbilder ohne Prüfung von Urheberrechten und Nutzungsrechten veröffentlicht werden können und in der Folge auch Urheberrechte an Fotos verletzt wurden (BGH, Urteil vom 12. 11. 2009 – I ZR 166/07).

Compliance: Vorsorge ist besser als Gegensteuern

BBS Rechtsanwälte hilft Ihnen bei der Erstellung eines für Ihr Unternehmen passenden Compliance-Konzepts. Dabei gilt es zunächst, die wesentlichen Gefahrenherde zu identifizieren und die unter Berücksichtigung der Geschäftsprozesse und der Risiken „richtigen“ Maßnahmen und Instrumente für das Unternehmen vorzusehen. Wir stehen Ihnen hierbei mit Expertise, Kompetenz und einem praxisorientierten Beratungsansatz partnerschaftlich zur Seite. Sie möchten sichergehen, nicht als Geschäftsleitung oder als Unternehmen für Rechtsverletzungen durch Mitarbeiter oder sonstige Partner einstehen zu müssen? Sie möchten Ihre Mitarbeiter fachkundig einleiten, um sie vor den Folgen fahrlässiger Rechtsverletzungen zu bewahren? Sie möchten Ihr Unternehmen so organisieren, dass Zeit und Aufwand für die rechtliche Aufarbeitung von Rechtsverletzungen, aber auch für die diesbezügliche Krisen-PR gering gehalten werden? Sie möchten Ihre Mitarbeiter praxisgerecht schulen und fortbilden, um Probleme zu vermeiden und die Qualität von Service und Geschäftsprozessen zu verbessern? Sprechen Sie uns an! Wir sind gerne für Sie da.

BBS Rechtsanwälte unterstützt Sie natürlich auch bei allen anderen Fragen des Gewerblichen Rechtsschutzes und das Informationstechnologierechts. Wir beraten und vertreten insbesondere auch betriebliche Datenschutzbeauftragte und die Geschäftsleitung von Unternehmen in Fragen des Datenschutzrechts.

 

 

 

 

Unternehmergesellschaft: Geschäftsführer haftet bei unrichtiger Firmierung

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Grundlagen zur UG (Unternehmergesellschaft)

Die Gründung und der Betrieb eines Unternehmens sind in der Regel mit Risiken verbunden. Damit geschäftliche Misserfolge nicht auch das Privatvermögen der Gesellschafter/Geschäftsführer bedrohen, existiert die Möglichkeit der Gründung einer haftungsbeschränkten Kapitalgesellschaft. Hierbei ist beispielsweise die Haftung einer GmbH auf das Unternehmensvermögen beschränkt.  Die Gesellschafter haften dabei nur für die Leistung ihrer Einlage und ansonsten nicht für Verbindlichkeiten des Unternehmens. Als Pendant zur englischen bzw. irischen Limited hat der Gesetzgeber im Jahr 2008 die Gründungsform der „Unternehmergesellschaft“ eingeführt. Diese „UG“ ist ohne die für eine GmbH zu leistende Stammeinlage von Euro 25.000, nämlich bereits ab einem Stammkapital von nur einem Euro zu gründen. Im Gegenzug zur geringen Haftungssumme sieht das Gesetz vor, dass ein solches Unternehmen auf seine Rechtsform durch die Bezeichnung „UG (haftungsbeschränkt)“ oder „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ hinzuweisen hat.

Zur Bezeichnung „GmbH“ darf erst nach Aufstockung des Stammkapitals auf Euro 25.000 übergewechselt werden, wobei aber die Rechtsperson erhalten bleibt (von der Unternehmergesellschaft geschlossene Verträge werden also ohne das Erfordernis der Zustimmung der Vertragspartner übertragen).

Geschäftsführer haftet für falsche Rechtsformbezeichnung

Geschäftsführer: mitunter ein riskanter Job
© panthermedia.net / James Steidl

Mitunter ist der Geschäftsführung einer solchen Unternehmergesellschaft die gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnung der Rechtsform zu „sperrig“. Dass Nachlässigkeiten oder „Kreativität“ in diesem Bereich mit hohen Risiken verbunden sind, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der BGH hat mit Urteil vom 12.06.2012 (Aktenzeichen: II ZR 256/11) entschieden, dass der Geschäftsführer einer Unternehmergesellschaft für Verbindlichkeiten dieser Gesellschaft persönlich einzustehen hat, wenn die Gesellschaft sich unberechtigterweise als GmbH bezeichnet.

Im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall forderte der Kläger vom Beklagten Schadensersatz wegen nicht ordnungsgemäß von einer Unternehmergesellschaft erbrachter Werkleistungen. Der Beklagte, alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer Unternehmergesellschaft, war persönlich in Anspruch genommen worden. Grund hierfür war, dass die Gesellschaft sich im Rahmen der Geschäftsbeziehung auch als „H – GmbH u.G. (i.G), M H…“ sowie „HM – GmbH, u.g.“ bezeichnet hatte, obwohl tatsächlich nur eine Gründung in der Form einer Unternehmergesellschaft mit einem Stammkapital von Euro 100 gegeben war.

Der Bundesgerichtshof bejahte eine entsprechende Haftung des Geschäftsführers (Rechtsscheinshaftung). Der Gesetzgeber habe durch die im GmbH-Gesetz vorgesehene Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt“) sicherstellen wollen, dass Geschäftspartner über das gegebenenfalls nur minimale Stammkapital und die damit einhergehende möglicherweise nur geringe finanzielle Ausstattung der Gesellschaft informiert werden. Die Bezeichnung soll den Geschäftspartner vor dem aus der Haftungsbeschränkung resultierenden Risiko warnen.

Durch die Verwendung der falschen Bezeichnung habe der Geschäftsführer zu verantworten, dass die Geschäftspartner der Gesellschaft zu Unrecht von einer finanziell deutlich besser ausgestatteten GmbH ausgingen. Daran ändere auch nichts, dass auch bei einer GmbH letztendlich eine Haftungsbeschränkung gegeben sei. Letztlich sei die GmbH aufgrund des höheren Stammkapitals in Verbindung mit den gesetzlichen Bestimmungen zur Sicherstellung des Erhalts des Stammkapitals mit einer größeren Seriosität ausgestattet.

Für die irreführende Firmenbezeichnung hafte der Geschäftsführer persönlich, mithin also mit seinem Privatvermögen.

Offen gelassen hat der Bundesgerichtshof, in welchem Umfang der Geschäftsführer zu haften hat. Logisch wäre eine Haftung auf die Differenz zwischen dem  Stammkapital der Unternehmergesellschaft und dem in der Regel vorliegenden Stammkapital einer GmbH.

Haftung des Geschäftsführers für Markenverletzung, Patentverletzung und Emailwerbung

Die Entscheidung zeigt eindrucksvoll, dass mit der grundsätzlich begrüßenswerten Einführung der Unternehmergesellschaft insbesondere für unerfahrene Gründer nicht unerhebliche Risiken verbunden sein können. Anders als die oftmals missverständlich verwendete Bezeichnung „Mini-GmbH“ suggeriert, handelt es sich bei der Unternehmergesellschaft nicht um eine eigentliche Rechtsform, sondern um eine Gründungsvariante einer GmbH. Es handelt sich also um eine vollwertige Kapitalgesellschaft, für die auch die für Kaufleute geltenden strengen Maßstäbe, beispielsweise in punkto Buchführung, Prüfungspflichten (z.B. betreffend erhaltene Waren) und Sorgfalt gelten.

Ein Geschäftsführer, der sich hier grobe Schnitzer leistet, macht sich rasch persönlich haftbar. Eine solche persönliche Haftung des Geschäftsführers wird im Übrigen auch bei Entscheidungen angenommen, die zu den grundlegenden Strukturen der Gesellschaft getroffen werden. So entschied beispielsweise das hanseatische Oberlandesgericht, dass ein Geschäftsführer für eine durch den Firmennamen begangene Markenverletzung persönlich in Anspruch genommen werden kann (HansOLG, Urteil vom 14. 12. 2005 – 5 U 200/04 – Miss 17). Der Geschäftsführer kann sich seiner Verantwortlichkeit im Übrigen auch nicht dadurch entziehen, dass er die entsprechenden Tätigkeiten auf Mitarbeiter abwälzt. Hier würde ein Geschäftsführer für seine mangelhafte Organisation einzustehen haben. Unter diesem Aspekt haben Gerichte auch die Haftung eines Geschäftsführers für eine Patentverletzung bejaht (LG Düsseldorf: Urteil vom 20.08.2002 – 4a O 315/01). Und auch im Bereich des Wettbewerbsrechts haben Gerichte direkte Ansprüche gegen Geschäftsführer bejaht, welche ihren Sorgfaltspflichten nicht gerecht werden. Ein Geschäftsführer haftet neben der Gesellschaft persönlich auf Unterlassung, wenn er keine geeigneten Maßnahmen ergreift, um unlautere E-Mail-Werbung zu verhindern. So hat der Geschäftsführer beim Erwerb von Adressdaten für Werbe-E-Mails jedenfalls stichprobenartig zu prüfen (oder prüfen zu lassen), ob eine Einwilligung der Adressaten vorliegt. Unterlässt er dies, so haftet er für rechtswidrige Werbe-Emails des Unternehmens (OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.11.2009 – 20 U 137/09). Die vorgenannten Haftungsmaßstäbe gelten sogar in noch wesentlich verschärftem Ausmaß, wenn Unterlassungserklärungen des Unternehmens abgegeben wurden oder wenn durch ein Urteil oder eine einstweilige Verfügung dem Unternehmen Handlungen (beispielsweise die Verwendung einer bestimmten Werbung oder eines bestimmten Kennzeichens) untersagt wurden. Ein Geschäftsführer hat in solchen Fällen durch ganz bestimmte Maßnahmen sicherzustellen, dass die Unterlassungsvereinbarung/das Verbot auch durch die Mitarbeiter des Unternehmens befolgt wird. Ist dies nicht der Fall, drohen Ansprüche auf Vertragsstrafen oder Ordnungsgelder, für welche gegebenenfalls auch der Geschäftsführer (z.B. von den Gesellschaft) haftbar zu machen sein kann.

BBS unterstützt Firmengründer in allen Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes. Darüber hinaus helfen wir Ihnen auch bei der Wahl der richtigen Rechtsform sowie bei der Gestaltung Ihres Gesellschaftsvertrags – kompetent und praxisorientiert. Wir informieren Sie gerne über alle wichtigen Aspekte der Haftung von Unternehmen und Geschäftsführern/Gesellschaftern im Hinblick auf unsere Spezialgebiete. Jedoch auch, wenn Sie bereits ein Unternehmen gegründet haben oder als Geschäftsführer bestellt wurden, kann eine rechtliche Beratung für Sie interessant sein. Oftmals bestehen Fehlvorstellungen über die Reichweite der Haftung von Geschäftsführern und Gesellschaftern. Die Details der Anforderungen, die ein Geschäftsführer zur Vermeidung der Verletzung von Rechten Dritten (z.B. Urheberrechte, Patente, Marken, Gebrauchsmuster und Geschmacksmuster) treffen muss, sind selten bekannt. Wer sich hier frühzeitig informiert und die richtigen Maßnahmen ergreift, kann (und sollte) teure Nachlässigkeiten vermeiden. Eine kurze und keineswegs kostspielige Beratung kann Sie vor persönlichen Risiken schützen. Was können wir für Sie tun?

 

Nichts dafürgekonnt? EuGH urteilt zur Haftung von Marktplatzbetreibern für Markenverletzungen

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Sie haben Fragen zum Markenrecht? Sie betreiben eine Internetseite und möchten wissen, wie groß Ihr Haftungsrisiko ist? Wir helfen Ihnen gerne. Kompetent, schnell und  direkt.

Die Haftung des Plattformbetreibers: eine lange Geschichte

Immer, wenn Rechtsverletzungen im Internet nicht vom Betreiber der Internetseite selbst, sondern von Nutzern begangen werden, stellt sich die Frage: „Wer haftet?“
Für Markeninhaber ist es beispielsweise  oft taktisch klug, Ansprüche wegen Markenverletzungen gegen den Betreiber einer Handelsplattform geltend zu machen und nicht (nur) gegenüber dem einzelnen Anbieter rechtsverletzender Ware. Letzterer ist oft deutlich weniger solvent, wenn es um die entstehenden Kosten der Rechtsverfolgung geht. Darüber hinaus kann beim Plattformbetreiber das Übel an der Wurzel gepackt werden. Wenn der Plattformbetreiber für Rechtsverletzungen der Nutzer einzustehen und daher die auf seiner Seite eingestellten Angebote zu prüfen hat, werden Rechtsverletzungen auch mit größerer Wahrscheinlichkeit gar nicht erst geschehen.

Bundesgerichtshof zur Haftung von eBay

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mehrmals mit der Frage der Haftung eines Marktplatzbetreibers befasst. So befand der BGH, dass ein Dienstanbieter grundsätzlich nicht bereits Marke Patent Wettbewerbsrecht Urteil Abmahnung Einstweilige Verfügung Seite Betreiber Portal Plattformdeshalb für Markenrechtsverletzungen der Nutzer haftet, weil er einen Marktplatz betreibt und damit die Rechtsverletzung (auch) ermöglicht. Eine Haftung setze vielmehr voraus, dass für den Dienstanbieter zumutbare Kontrollmöglichkeiten bestehen, um eine solche Markenverletzung zu unterbinden. Ihm sei es  aber nicht zuzumuten, jedes Angebot darauf zu überprüfen, ob Schutzrechte Dritter verletzt werden. Wenn dem Dienstanbieter aber ein Fall einer Markenverletzung bekannt wird, muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch mit technisch möglichen und zumutbaren Maßnahmen weitere Markenverletzungen verhindern. Dabei könne sich der Plattformbetreiber auch nicht auf gesetzliche Haftungserleichterungen für Internet-Dienstanbieter berufen, weil diese Erleichterungen nicht für Unterlassungsansprüche gelten (BGH, Urteil vom 11.3.2004 – I ZR 304/01 – ROLEX). Ein Plattformbetreiber könne sogar vorbeugend auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn es noch nicht zu einer Verletzung von Markenrechten gekommen ist, die Verletzung aber in der Zukunft aber auf Grund der Umstände zu befürchten ist. Voraussetzung dafür ist, dass eine Erstbegehungsgefahr besteht, etwa weil zumutbare Prüfungen der Angebote von Plattformnutzern unterbleiben (BGH, Urteil vom 19.4.2007 – I ZR 35/04 – Internetversteigerung II).

Urteil des EuGH

Nunmehr hat der Europäische Gerichtshof in einem gerade ergangenen Urteil (Urteil vom 12.07.2011; Aktenzeichen C-324/09) die Verantwortlichkeit des Plattformbetreibers für Markenrechtsverletzungen durch Nutzer der Plattform präzisiert. Auch nach Ansicht des EuGH kann sich ein Betreiber nicht auf Haftungserleichterungen für Online-Dienstanbieter berufen, wenn er Kenntnis von Markenrechtsverstößen hatte und es unterlassen hat, die Rechtsverletzungen unverzüglich zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren. Außerdem müssten die nationalen Gerichte den Betreibern aufgeben können, Maßnahmen sowohl zur Beendigung der Markenrechtsverletzungen als zur Vorbeugung gegen weitere Verstöße zu ergreifen.
Kläger in der vom EuGH entschiedenen Sache war das Kosmetikunternehmen L’Oréal. Das Unternehmen verklagte die Internet-Handelsplattform eBay unter anderem vor dem britischen High Court of Justice in London, weil eBay-Verkäufer auf der Plattform Fälschungen, unverkäufliche Produktmuster und nicht für den Verkauf im EWR-Raum bestimmte Produkte angeboten hatten. L’Oréal warf eBay vor, nicht nur nicht genug gegen die Markenverletzungen zu unternehmen, sondern die Rechtsverletzungen sogar noch durch Keyword-Werbung über Suchmaschinen zu fördern.

Keine Haftungsausnahme für aktiv handelnden Betreiber

Der EuGH hat unter anderem festgestellt, dass ein Plattformbetreiber sich nicht auf die Ausnahme für Hosting-Dienste in Art. 14 der EU-Richtlinie 2000/31 (in Deutschland umgesetzt durch § 7 ff. des Telemediengesetzes) berufen könne, wenn er den Nutzern bei der Gestaltung ihrer Angebote und bei der Werbung für die Angebote Hilfestellung leistet. Denn dann sei der Plattformbetreiber nicht mehr „neutraler“ technischer Anbieter, sondern er könne die Angebote auch kontrollieren.

Keine Ausnahme von der Verantwortlichkeit bei Kenntnis von Markenrechtsverstößen

Aber selbst dann, wenn eine solche aktive Rolle des Plattformbetreibers nicht gegeben sei, hafte der Plattformbetreiber wenn er Anhaltspunkte für eine Markenrechtsverletzung hat und die betreffenden Daten trotzdem nicht unverzüglich entfernt oder den Zugang zu ihnen sperrt.

Weiter hält der EuGH fest, dass die nationalen Gerichte von Betreibern verlangen können müssen, Maßnahmen zur Beendigung von Rechtsverletzungen und Vorbeugung gegen künftige Markenrechtsverletzungen durch Nutzer zu ergreifen. Diese Maßnahmen müssten wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Beispielsweise könne verlangt werden, dass der Plattformbetreiber eine sichere Identifizierung der Nutzer (und Rechtsverletzer) sicherstellt, wobei natürlich das Datenschutzrecht beachtet werden muss.

Keine Überraschung

Die Entscheidung des EuGH ist nicht überraschend, schafft aber nun endlich Klarheit: Betreiber von Handelsplattformen haften für Rechtsverletzungen der Nutzer, wenn sie die Rechtsverletzung kennen, aber nicht abstellen. Sie haften  außerdem, wenn sie mit einer Rechtsverletzung rechnen müssen, aber keine zumutbaren Vorsichtmaßnahmen treffen. Wenn der Plattformbetreiber nicht nur als „neutraler“ technischer Dienstleister, sondern als Werbepartner für die Nutzer auftritt, muss er die Angebote auch auf Rechtsverletzungen prüfen. Wie sorgfältig diese Kontrolle sein muss, werden die nationalen Gerichte bei künftigen Entscheidungen zu prüfen haben.

Nach der Entscheidung des EuGH ist nun klar: Plattformbetreiber müssen etwas unternehmen, wenn Rechtsverletzungen auftreten. Die Devise „wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ scheidet dabei aus. Wer Werbung für Nutzerangebote treibt, kann sich nicht auf Haftungserleichterungen für Hosting-Dienstanbieter berufen. Bisher nachlässige Plattformbetreiber sollten daher ihre rechtlichen Strategien, aber auch die Gestaltung der technischen Sicherheitsmaßnahmen ihrer Dienste überdenken. Interessant ist die Feststellung des EuGH, dass auch in der sicheren Feststellung der Identität des Nutzers eine zumutbare Maßnahme gegen Rechtsverletzungen zu sehen sein kann.