Beiträge

EuGH: Link als Urheberrechtsverletzung

, ,

EuGH: Verlinkung durch kommerzieller Anbieter auf urheberrechtlich geschützte Inhalte kann Urheberrechtsverletzung darstellen

In einer Entscheidung vom 04.09.2016 hat der EuGH die bestehenden Regelungen über die Verantwortlichkeit für Hyperlinks weiter konkretisiert. Der EuGH nimmt eine Urheberrechtsverletzung in Fällen an, in denen eine Verlinkung auf urheberrechtswidrige Inhalte mit Gewinnerzielungsabsicht und erwiesenem Wissen bzw.  fahrlässigem Nicht-Wissen hinsichtlich der unbefugten Veröffentlichung der Inhalte erfolgt.

Haftunglink Hyperlink Blogger Plattform Anbieter SEO Suchmaschinenoptimierung Affiliate Anwalt Rechtsanwalt Hamburg Urheberrecht

Verknüpfungen im Netz: böse Überraschungen lauern
© panthermedia.net /Leander Suckfüll

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein niederländisches Online-Magazin hatte auf offensichtlich urheberrechtswidrige Fotografien verlinkt, die auf der Webseite eines Dritten abrufbar waren. Nach der durch den Urheberrechtsinhaber veranlassten Löschung der Inhalte auf der Internetpräsenz des Dritten, waren die Inhalte über den Link des niederländischen Online-Magazins zunächst nicht mehr abrufbar. Das Online-Magazin setzte nun jenen Link auf eine andere Quelle mit demselben urheberrechtlich geschützten Inhalt. Da das Online-Magazin durch den Urheberrechtsinhaber schon bei dem ersten Link auf die Widerrechtlichkeit der verlinkten Inhalte hingewiesen wurde, erfolgte die zweite Verlinkung daher mit Wissen über die Urheberrechtswidrigkeit der verlinkten Inhalte.

Der niederländische Kassationshof (Hoge Raad der Nederlanden) hatte den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren zur Klärung der Frage angerufen, ob das Setzen eines solchen Hyperlinks einen Akt der öffentlichen Wiedergabe i.S.d. Art.3 Abs.1 RL 2001/29/EG darstellt.

Gericht urteilt: Verschulden des Anbieters bei Linksetzung wesentlich

Im Folgenden stellte der EuGH fest, dass ein Hyperlink auf urheberrechtswidrige Inhalte als “öffentliche Wiedergabe” des urheberrechtlich geschützten Materials – und somit als Urheberrechtsverletzung –  gewertet werden kann, soweit die Verlinkung mit Gewinnerzielungsabsicht und Wissen- bzw. fahrlässigem Nicht-Wissen hinsichtlich der fehlenden Zustimmung des Urheberrechtsinhabers erfolgt.

Maßgeblich für die Beurteilung eines Urheberrechtsverstoßes ist die sog. „öffentliche Wiedergabe“, die inhaltlich mit dem im deutschen Urheberrecht bestehenden Recht des Urhebers auf öffentliche Zugänglichmachung (§19 a UrhG) korreliert.

Bereits in der Vergangenheit hatte sich der EuGH mit der Frage zu beschäftigen, ob eine „öffentliche Wiedergabe“ vorliegt, wenn ein Hyperlink auf Webseiten verweist, auf denen Inhalte mit Erlaubnis des Rechtsinhabers frei zugänglich gemacht worden waren. Die Wirkung einer Verlinkung als „öffentliche Wiedergabe“ wurde dabei vom EuGH verneint. Nicht entschieden war hingegen die Frage, welche Auswirkungen es hat, wenn das verlinkte Werk ohne Zustimmung des Rechtsinhabers veröffentlicht wurde, wie es vorliegend der Fall war.

Rechtsprechung zu Hyperlinks: konsistenter Kurs des EuGH

Der EuGH nahm in der Vergangenheit an, dass eine „öffentliche Wiedergabe“ schon unter dem Gesichtspunkt ausscheiden müsse, dass eine „Wiedergabe“ als „öffentliche“ Wiedergabe i.S.d. Art. 3 Abs.1 RL 2001/29 nur dann in Betracht komme, wenn sie sich an ein neues Publikum richtet, also an ein Publikum, das die Urheberrechtsinhaber nicht hatten erfassen wollen, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten (EuGH, Urteil vom 13.2.2014 – C-466/12 – „Svensson“). Bei der Verlinkung auf etwa Zeitungsartikel, die auf der Webseite eines Online-Magazins frei zugänglich waren, würde kein neues Publikum adressiert, sondern diejenigen, die vom Urheberrechtsinhaber adressiert werden wollten, nämlich alle Internetnutzer. Eine öffentliche Wiedergabe scheide bei gleichem Publikum aus (EuGH Beschl. v. 21.10.2014 – C-348/13 – „BestWater“).

Auf diese Grundsätze nimmt die aktuelle Entscheidung direkten Bezug mit der Feststellung, dass

 „soweit dieses Werk auf der Webseite, auf die durch den Hyperlink zugegriffen werden kann, frei zugänglich ist, davon auszugehen ist, dass die Inhaber des Urheberrechts, als sie diese Wiedergabe erlaubt haben, an alle Internetnutzer als Publikum gedacht haben.“

Hieraus ergibt sich, dass die vorliegende Entscheidung keine Abkehr von der vorangegangenen Rechtsprechung darstellt. Ihr liegt schlicht ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde.

Da keine Verlinkung auf Inhalte erfolgte, die mit dem Willen des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht wurden, musste der EuGH im vorliegenden Fall den Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ weiter präzisieren.

Hierbei wurde nunmehr entschieden, dass eine öffentliche Wiedergabe durch Verlinkung anzunehmen ist bei

  1. vorsätzlichem Handeln bzw. fahrlässiger Unkenntnis und
  2. einer unbestimmten Zahl potentieller Leistungsempfänger, wobei die Veröffentlichung an ein Publikum gerichtet sein muss, an das die Inhaber des Urheberrechts nicht gedacht hatten (das sog. „neue Publikum“) und
  3. der Wiedergabe zu Erwerbszwecken.

In der öffentlichen Wahrnehmung werden die Feststellungen des EuGH kontrovers diskutiert. Insbesondere wird eine Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet durch die Haftung für Hyperlinks befürchtet.

SEO-Anbieter, Agenturen und Affiliate-Beteiligte im Risiko

Die Entscheidung wird de facto zu einer Prüfpflicht kommerzieller Anbieter für Hyperlinks führen. Die „Gewinnerzielungsabsicht“ des Anbieters lässt dabei eine öffentliche Wiedergabe vermuten.

Gleichzeitig wird durch das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht der Adressatenkreis eingeschränkt. Private sind durch das Urteil nicht betroffen; es werden ausschließlich kommerzielle Anbieter adressiert. Der Begriff der Gewinnerzielungsabsicht (oder in den Worten des EuGH: „ob eine Veröffentlichung Erwerbszwecken dient“)  wird in der Zukunft zu schwierigen Abgrenzungsfragen führen. Augenscheinlich ist dies etwa bei Hyperlinks auf kleinen Blog-Seiten.

Daneben kommt es für eine Urheberrechtsverletzung durch öffentliche Wiedergabe maßgeblich auf das gesicherte Wissen bzw. fahrlässige Unwissen des Anbieters an, dass mit dem Hyperlink auf urheberrechtswidrige Inhalte verwiesen wird.

Auch bisher: notice and take down

Im vorliegenden Fall lag die Besonderheit darin, dass vor der zweiten Verlinkung das Online-Magazin ausdrücklich vom Urheberrechtsinhaber darauf aufmerksam gemacht wurde, dass der verlinkte Inhalt von diesem nicht zur öffentlichen Wiedergabe freigegeben wurde. Dass die unzulässige Verlinkung mit voller Absicht und Kenntnis erfolgte, konnte das Online-Magazin daher nicht wiederlegen. Mit den mitunter schwierig zu beurteilenden und wesentlichen Fragen des Wissensgrades bzw. dem im Einzelfall anzulegenden Fahrlässigkeitsmaßstabs musste sich der EuGH daher im vorliegenden Urteil nicht auseinander setzen. Mögliche Urheberrechtsverletzungen lassen sich jedoch nicht immer ohne größeren Aufwand erkennen. Hier müssen zukünftige Urteile Klarheit schaffen, welche Anforderungen an die konkrete Wissenszurechnung zu stellen sind.

Das Urteil wird trotzdem schon jetzt im Rahmen der Auslegung der §§15, 15 Abs.2, 19a UrhG Berücksichtigung finden.

Fazit

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist nicht überraschend und setzt die bisherigen Leitlinien der EuGH-Rechtsprechung konsequent fort. Insbesondere ist natürlich damit zu rechnen, dass auch inländische Gerichte, besondere die Instanzgerichte (Rechtsprechung der Landgerichte und Oberlandesgerichte) und der BGH, sich bei der Beurteilung von Urheberrechtsverletzungen an der Rechtsprechung des EuGH orientieren und diese Rechtsprechung fortschreiben. Insbesondere wird interessant sein, wie das Merkmal des gewerblichen Zusammenhangs durch die Gerichte beurteilt wird. Ein Blogger, der auf seiner Seite auch Werbung schaltet, kann hier durchaus zumindest die Gefahr einer Beurteilung als gewerblich in Kauf nehmen müssen.

Fragen zum Urheberrecht: Expertise ist besser als Ansichten

Wir begleiten und unterstützen Portalbetreiber, Plattform Betreiber, SEO-Agenturen, Werbeagenturen, Seitenbetreiber und Medienunternehmen, aber auch Blogger und Künstler, bei der Vermeidung unnötiger Risiken im Netz, der Meisterung rechtlicher Herausforderungen und der Gestaltung richtiger Verträge. Das Internet enthält reichhaltige Angebote zu Fragestellungen des Urheberrechts und des Medienrecht. Leider erweisen sich viele dieser vermeintlich hilfreichen Informationen als gefährliche Fallstricke, denn die Meinung des jeweiligen Verfassers entspricht nicht unbedingt der rechtlichen Realität und der gerichtlichen Praxis. Wir freuen uns, Ihnen mit langjähriger Expertise und fundierten Informationen einen sicheren Weg zeigen und einen Wissensvorsprung verschaffen zu können. Sprechen Sie uns an. Wir sind gerne für Sie da.

BBS Rechtsanwälte Hamburg: Kanzlei für Agenturen und Medienanbieter

Landgericht Berlin: 25 Klauseln in Datenschutzerklärung und Nutzungsbedingungen von Google unwirksam

, ,

AGB und Inhaltskontrolle

Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen der sogenannten Inhaltskontrolle. Nach den in den §§ 305 ff. BGB enthaltenen gesetzlichen Rahmenbedingungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen darf das „Kleingedruckte“ nicht überraschend sein, den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen und auch nicht gegen die in §§ 308 und 309 BGB enthaltenen Klauselverbote verstoßen. Dabei enthält § 308 BGB solche Regelungen, die stets und immer unwirksam sind. § 309 BGB enthält sogenannte Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit, es kommt hierbei auf die konkrete Gestaltung der einzelnen Klausel an. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind vorformulierte Vertragsbedingungen die für eine Mehrzahl von Verträgen Anwendung finden sollen. Dabei kommt es nicht auf die Verwendung der Bezeichnung „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ oder „AGB“ an. Ja sogar einzelne Klauseln ansonsten individuell gestalteter Verträge können unter die Kontrollvorschriften des AGB-Rechts fallen, wenn sie für eine Vielzahl von Verträgen verwendet werden sollen.

Große Anbieter – rechtssichere AGB?

Urteil: Landgericht Berlin hält Datenschutzklauseln und Änderungsvorbehalt AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen; Nutzungsbedingungen) und Datenschutzerklärung von Google für unwirksam

IT und Datenschutzrecht: AGB-Kontrolle besonders wichtig

In der anwaltlichen Praxis begegnen wir häufig Unternehmern, die ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst zusammenstellen. Dabei gehen sie grundsätzlich davon aus, dass man nur von den richtigen Vorlagen die richtigen Vorschriften kopieren und entsprechend anpassen muss. Natürlich gehen die Gestalter derartiger „Selbstbau-AGB“ davon aus, dass die Geschäftsbedingungen großer und namhafter Anbieter eine besondere Qualität aufweisen und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit „gut“ sind. Was wird unter hierbei vergessen wird: die Kontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen findet nicht selten im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung statt. Hierbei „müssen“ sich zwei Unternehmen, die miteinander in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, um wettbewerbsrechtliche Vorschriften streiten. Bei vielen der namhaftesten Anbieter ihrer jeweiligen Branche besteht jedoch kein nennenswerter Wettbewerb oder zumindest ein solcher Wettbewerb, welcher nicht dazu neigt, wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland auszufechten. Eine wettbewerbsrechtliche Überprüfung kann allerdings dann stattfinden, wenn ein für ein eigenes rechtliches Vorgehen hinreichend legitimierter Verein, beispielsweise ein Verbraucherschutzverband oder ein Wettbewerbsverein, die allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Gegenstand einer rechtlichen Auseinandersetzung machen. Denn unwirksame AGB-Klauseln sind nicht nur nichtig und führen in der Regel zur Anwendung der für den Verwender meistens wesentlich schlechteren gesetzlichenVorschriften – sie stellen in vielen Fällen auch eine Wettbewerbsverletzung dar, welche Gegenstand von Abmahnungen, einstweiligen Verfügungen und Unterlassungsklagen von Wettbewerbern oder aktivlegitimierten ( also zu einem Vorgehen befugten) Verbänden sein können.

Landgericht Berlin: 25 Klauseln der Google-Bestimmungen unwirksam

So hat sich der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) vor dem Landgericht Berlin erfolgreich gegen maßgebliche Inhalte der Datenschutzerklärung unter Nutzungsbestimmungen für die Google-Dienste gewendet (Deutsche Verbraucherschützer haben sich mit einer Klage gegen die Datenschutzerklärung und die Nutzungsbestimmungen von Google durchgesetzt (Urteil vom 19.11.2013 – 15 O 402/12). Das Landgericht Berlin erklärte insgesamt 25 Klauseln für rechtswidrig, wie der vzbv mitteilte.

Das Gericht beanstandete insbesondere, dass die Klauseln unklar sind oder den Adressaten zu weit in seinen Rechten einschränken. 13 der in dem Urteil für unwirksam erachteten Klauseln bezogen sich auf den Datenschutz. Darin hatte sich der Verwender unter anderem das Recht vorbehalten, «möglicherweise» gerätespezifische Informationen und Standortdaten zu erfassen oder «unter Umständen» personenbezogene Daten aus den verschiedenen Google-Diensten miteinander zu verknüpfen. Wie das Gericht bestätigte, würde ein Verbraucher in Anbetracht der Formulierungen nicht ausreichend über das tatsächliche Ausmaß der Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten informiert.

Aus Sicht der Antragstellerin war überdies die von Google vorgesehene Einwilligung in die Datennutzung unzureichend. Denn sie kombiniert die Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen und zur Datenschutzerklärung. Zudem behielt sich Google das Recht vor, die Nutzungsbestimmungen einseitig ohne Einwilligung des Verbrauchers zu ändern, was nach Einschätzung der Klägerin eine und unangemessene Benachteiligung für die Kunden des online Riesen darstellt.

Google hat angekündigt, gegen das Urteil des Landgerichts Berlin in Berufung zu gehen. Dabei vertritt Google nach Medienverlautbarungen die Ansicht, dass die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle sich nicht auf die Datenschutzerklärung beziehen dürfe, weil jene nicht Bestandteil der allgemeinen Geschäftsbedingungen sei.

Nach der ganz persönlichen Einschätzung des Verfassers dürfte das Landgericht Berlin bei den berichteten Feststellungen richtig liegen. Bei den beanstandeten Klauseln handelt es sich teilweise um Klassiker des deutschen AGB Rechts, welche nur aufgrund der besonderen Umstände so lange Zeit unbeanstandet blieben. So dürfte beispielsweise der Änderungsvorbehalt (http://www.google.de/intl/en/policies/terms/regional.html Stand: 11.11.2013):

save image

kaum den Anforderungen des Bundesgerichtshofs entsprechen, welcher entscheiden hat, dass Änderungsvorbehalte dem AGB-Verwender nicht eine Handhabe liefern dürfen, das Vertragsgefüge insgesamt umzugestalten, insbesondere das Verhältnis von Leistungen und Gegenleistungen erheblich zu verschieben und damit die Position des Vertragspartners zu entwerten (BGH, Urteil vom 11. 10. 2007 – III ZR 63/07). Ein in AGB vorgesehener Änderungsvorbehalt muss daher sachlich gerechtfertigt und so transparent sein, dass der Kunde bei Vertragsschluss vorhersehen kann, unter welchen Umständen und in welchen Bereichen er mit Änderungen zu rechnen hat.

Der weitere Fortgang des Verfahrens dürfte spannend sein. Insbesondere dürfte sich auch hier wiederum die Frage stellen, in welchem Umfang das Datenschutzrecht als wettbewerbsrelevante Norm und nicht lediglich als höchstpersönliches Recht des einzelnen Individuums angesehen wird.

AGB: Transparenz und Lesbarkeit entscheiden

Nachdem in Deutschland geltenden Recht müssen allgemeine Geschäftsbedingungen so transparent sein, dass der Vertragspartner weiß, was seine Rechte und Pflichten in Ausführung der Vertragsbeziehung sind und womit er zu rechnen hat. Diesen Anforderungen dürften insbesondere die höchst umfangreichen und nicht dem hiesigen Rechtsraum angepassten Geschäftsbedingungen großer Dienstanbieter aus dem angloamerikanischen Raum kaum entsprechen. Hintergrund hierfür dürfte die höchst unterschiedliche Tradition im Bereich der Ausgestaltung vertraglicher Beziehungen sein.

Wer sich als inländischer Marktteilnehmer bei derartigen Regelungen bedient, dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit abmahnungsfähige Geschäftsbedingungen schaffen. Auch wenn die Übernahme aufgrund der Verwenderfreundlichkeit der Bestimmungen mitunter reizvoll sein dürfte, liegt genau darin das rechtlich Problem: „Gummiklauseln“ mit weitreichenden Änderungs- und Ausgestaltungsrechten für den Verwender halten der gerichtlichen Überprüfung in der Regel nicht stand.

Sie sind Unternehmer und möchten sich professionell aufstellen? Sie möchten nicht wegen Ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgemahnt werden oder unliebsame Überraschungen bei der Durchsetzung vermeintlich sicherer vertraglicher Ansprüche erleben? Und Sie möchten insbesondere nicht in der Pressemitteilung eines Verbraucherschutzvereins genannt werden, der Ihre Geschäftsbedingungen erfolgreich gerichtlich angegriffen hat? Das Team von BBS Rechtsanwälte verfügt über umfangreiche Kenntnisse im AGB- und Wettbewerbsrecht. Wir helfen unseren Kunden bei der Gestaltung vorteilhafter und gleichzeitig dennoch rechtswirksamer Geschäftsbedingungen. AGB sind per Definition die Grundlage einer Vielzahl von Verträgen und daher ein wesentlicher Faktor für Erfolgsaussichten und Risiken des Verwenders. Sie verdienen daher ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, Sorgfalt und Professionalität. Hierzu gehört auch die richtige rechtliche Unterstützung, die insbesondere facettenreiche Rechtsprechung zur Wirksamkeit von AGB kennt und berücksichtigt. Sprechen Sie uns an!

 

 

 

 

Landgericht Hamburg: SAP muss Handel mit gebrauchter Software dulden

, , ,

Darf Download-Software weiterverkauft werden?

Das Landgericht Hamburg hat zu der im geschäftlichen Verkehr höchst bedeutsamen Frage entschieden, ob Softwareanbieter den Weiterverkauf „gebrauchter“ Software verbieten können. Diese Frage wird für Datenträger von Standard-Software durch § 17 Absatz 2 des Urheberrechtsgesetzes geregelt:

2) Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, so ist ihre Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig.

Verkauft also ein Unternehmen eine Standard-Software auf einem Datenträger (Programmpaket), so bestimmt das Gesetz ausdrücklich, dass der Verkäufer dem Abnehmer nicht den Weiterverkauf des Softwarepakets verbieten kann. Nach dem sogenannten Erschöpfungsgrundsatz erschöpft sich das Recht des Urhebers in der erstmaligen Veräußerung und kann nicht gegenüber späteren Erwerbern des Datenträgers wieder geltend gemacht werden, solange sie die Software im Rahmen der ursprünglichen Bestimmungen nutzen.

Experte Rechtsanwalt Hamburg Rechtsanwälte Hamburg IT-Recht Daten Programm

„Gebrauchtsoftware“ – Verkauf zulässig?

Moderne Informationstechnologie tendiert jedoch nicht mehr zum Erwerb von Programmpaketen auf Datenträgern. Vielmehr werden Anwendungen und sonstige Software auch zum Download bereitgestellt. Bei Volumenlizenzen werden darüber hinaus meistens einer oder mehrere Master-Datenträger bereitgestellt, die für eine Vielzahl von Installationen verwendet werden dürfen.

Der Weitervertrieb von Software ist Softwareanbietern freilich unter betriebswirtschaftlichen Aspekten oftmals ein Dorn im Auge. Unternehmen erwerben von anderen Unternehmen überzählige oder nicht mehr benötigte Lizenzen zu einem meistens weit unter den Lizenzsätzen des Herstellers liegenden Preis.

EUgH: Erschöpfung auch bei Downloads

Der Bundesgerichtshof hat dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob auch bei nicht in körperlicher Form vorliegendenVervielfältigungsstücken das Urheberrecht erschöpft ist, mithin ob der Erwerber einer Lizenz an einer vom „Verkäufer“ nur zum Download bereitgestellten Software seine Nutzungsberechtigung weiter veräußern darf. Der Europäische Gerichtshof hat dies bejaht:

Nach Einschätzung des höchsten Europäischen Gerichts steht Artikel 4 Absatz II der Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.?4. 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen einem Verbot der Weiterübertragung der Lizenz entgegen. Daher kann ein Inhaber eines Software-Urheberrechts der Weiterveräußerung nicht widersprechen, wenn er dem Weiterveräußerer das Herunterladen dieser „verkauften“ Kopie aus dem Internet auf einen Datenträger erlaubt und ursprünglich dem Weiterveräußerer ein zeitlich unbeschränktes Nutzungsrecht eingeräumt hat (EuGH (Große Kammer), Urt. v. 3.?7. 2012 – C-128/11 (UsedSoft GmbH/Oracle International Corp.).

Landgericht Hamburg: Verbot des Weiterverkaufs von Software rechtswidrig

Das Landgericht Hamburg hatte nunmehr über eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Softwareanbieters SAP zu urteilen. Nach der streitgegenständlichen Bestimmung war die Weiterveräußerung der Software nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Rechtsinhabers zulässig. Auch der Erwerb von gebrauchten Lizenzen durch Dritte war ohne ZUstimmung des Herstellers untersagt.

Das Landgericht Hamburg erachtete die Klauseln für unwirksam und verbot deren weitere Benutzung (Urteil v. 25.10.2013, Az. 315 O 449/12). Das Landgericht stützte seine Einschätzung auf die vorgenannte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs.

Die Entscheidung zeigt eindrucksvoll die Grenzen der zulässigen Bestimmungen in Lizenzverträgen. Standard-Lizenzen sind in fast allen Fällen Allgemeine Geschäftsbedingungen. Daher unterliegen sie auch der sogenannten Inhaltskontrolle durch die Gerichte. Das AGB-Recht ermöglicht es Gerichten, unter zivilrechtlicher und wettbewerbsrechtlicher Maßgabe den Inhalt von Geschäftsbedingungen zu prüfen und Klauseln wegen Verstoßes gegen Geschäftsbedingungen für unwirksam zu erklären.

Wer die Rechte des Lizenznehmers in den Lizenzbestimmungen zu stark beschneidet, riskiert daher nicht nur, dass die Einschränkungen des Nutzungsrechts unwirksam ist. Vielmehr kann ihm die Verwendung der entsprechenden Bestimmungen auch gerichtlich verboten werden. Die Kosten eines derartigen Verfahrens trägt derjenige, der es verliert. Auch unter diesem Aspekt ist die richtige Strategie bei der Gestaltung von Softwarelizenzen entscheidend.

Das zum IT-Recht zählende Softwarerecht gehört zu den Kernkompetenzen von BBS Rechtsanwälte. Wir unterstützen Hersteller und Anbieter von Software bei der richtigen und zweckmäßigen Gestaltung von Softwarelizenzen. Hierzu gehören kommerzielle Lizenzen ebenso wie Open-Source-Lizenzen.der Lizenzvertrag sollte hierbei nicht nur die Reichweite der Nutzungsrechte zutreffend und richtig definieren. Auch Fragen von Haftung und Gewährleistung können entscheidend sein, wenn es um die Vermeidung unnötiger Risiken geht.

Für alle Fragen rund um das IT- und Datenschutzrecht und Rechtsfragen rund um Softwareprodukte stehen wir Ihnen als kompetente Berater gerne zur Verfügung. Wir sind gerne für Sie da.

 

BGH zu Möbelversandhandels-AGB: Haftungsausschluss für Verspätung unwirksam

, ,

AGB: das müssen Sie wissen

Anders als individuelle Verträge, also solche Vereinbarungen, die zwischen den Beteiligten Parteien ausgehandelt werden, unterliegen Allgemeine Geschäftsbedingungen einer so genannten Inhaltskontrolle. Die §§ 305 und fortfolgende des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) enthalten teilweise detaillierte Anforderungen an die Gestaltung und Handhabung von AGB. AGB müssen dabei generell „fair“ und transparent sein. Sie dürfen insbesondere keine überraschenden Klauseln enthalten und auch keine Bestimmungen, die gegen gesetzliche Leitbilder verstoßen.

AGB sind alle vorformulierten Vertragsbedingungen, die nach dem Willen ihres Gestalters mehrfach verwendet werden. Auf die Bezeichnung als solche kommt es nicht an. So können beispielsweise auch Arbeitsverträge unter die Bestimmungen des AGB-Rechts fallen.

Dabei gibt es absolute Verbote (sog. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit), deren Verletzung ohne weiteres und sofort zur Unwirksamkeit der entsprechenden Klausel führt. Dies betrifft beispielsweise Klauseln, bei denen die eigentliche Vertragsleistung eingeschränkt oder ausgeschlossen wird (vgl. § 309 Nr. 2 a BGB). Daneben gibt es Klauselverbote mit Wertungungsmöglichkeit und Generalklauseln, bei denen es auf den jeweiligen Vertrag und die näheren Umstände der Verwendung der entsprechenden Klausel ankommt. Die Folge einer unwirksamen AGB-Klausel ist in der Regel, dass anstelle der Klausel die gesetzliche Regelung gilt. Das so genannte Verbot der geltungserhaltenden Reduktion führt dazu, dass das Gericht nicht eine der Klauselregelung entsprechende wirksame Ersatzmöglichkeit sucht. Geht also beispielsweise eine Haftungsbeschränkung zu weit, gilt an deren Stelle die deutlich strengere gesetzliche Haftung und nicht etwa die letzte gerade noch mögliche Haftungsbeschränkung. Neben den durch die Unwirksamkeit bedingten beträchtlichen Gefahren der Nichtigkeit der Klausel besteht jedoch auch ein wettbewerbsrechtliches Problem: die Verwendung unwirksamer AGB-Klauseln gegenüber Verbrauchern ist auch ein Wettbewerbsverstoß. Wettbewerber und auch Verbraucherschutzverbände oder Wettbewerbsverbände können gegen solche unwirksamen AGB-Klauseln mit Abmahnungen, einstweiligen Verfügungen und Unterlassungsklagen vorgehen.

AGB vor Gericht: Maßstab ist die kundenfeindlichste Auslegung

Stolperfalle allgemeine Geschäftsbedingungen Abmahnungen Unterlassungsverfügungen Klage Unterlassungserklärung erhalten Rechtsanwalt

Stolperfalle AGB: unwirksame Klausel kann gefährlich werden
© panthermedia.net / James Steidl

Bei der gerichtlichen Überprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen prüft das Gericht auf Basis der so genannten kundenfeindlichsten Auslegung. Das Gericht stellt sich also die extremste Auslegung der Klausel im für den kundennachtheiligsten Sinne vor und legt hieran die gesetzlichen Maßstäbe. Es existiert eine Unzahl gerichtlicher Entscheidungen zur Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einzelner Klauseln. Dabei kommt es oft auch auf den Typ des jeweiligen Vertrages und die für die jeweilige Branche geltenden Rahmenbedingungen an. Einen weiteren und wichtigen Beitrag lieferte nun der Bundesgerichtshof für den Bereich des Versandhandels mit Möbeln

BGH urteilt zu einer AGB-Klausel zur Verantwortlichkeit des Versenders

Der Bundesgerichtshof hat sich In einer am heutigen 6. November 2013 veröffentlichten Entscheidung (Urteil vom 6. November 2013 – VIII ZR 353/12) mit der Wirksamkeit einer in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Möbelversandhändlerin enthaltenen Versand- und Gefahrübergangsklausel befasst.

In den im Onlineshop des Möbelhandelseinbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen war die folgende Klausel enthalten:

„Wir schulden nur die rechtzeitige, ordnungsgemäße Ablieferung der Ware an das Transportunternehmen und sind für vom Transportunternehmen verursachte Verzögerungen nicht verantwortlich.“

Ein Verbraucherschutzverband machte Unterlassungsansprüche wegen der angeblichen Unwirksamkeit dieser Klausel geltend – zu Recht, wie auch die Vorinstanzen (Landgericht Ellwangen und Oberlandesgericht Stuttgart) entschieden.

Grundlage der Entscheidung des Bundesgerichtshofs war, dass die Klausel eben nicht nur für den Versand von Möbelstücken Geltung findet. In der kundenfeindlichsten Auslegung geht die Klausel auch für solche Verträge, bei denen der Verkäufer das bestellte Möbelstücken beim Kunden aufstellen/montieren soll.

Bei einem solchen Möbelkaufvertrag mit der Verpflichtung des Verkäufers zur Montage der bestellten Möbel beim Kunden liege aber nach der Natur des Schuldverhältnisses eine Bringschuld vor. Denn bei solchen Verträgen kann die Montage der gekauften Möbel als vertraglich geschuldete Leistung des Verkäufers nur beim Kunden erbracht und auch nur dort festgestellt werden, ob die Kaufsache vertragsgemäß geliefert und aufgebaut wurde. Bei einem derartigen Vertrag läge jedoch eine unangemessene Benachteiligung des Kunden vor, wenn sich der zur Lieferung verpflichtete Möbelhändler von seiner Verantwortlichkeit schon bei der Übergabe an ein Transportunternehmen freizeichnen könnte. Hinzu kommt, dass die Klausel die Haftung der Beklagten für ein Verschulden des Transportunternehmens als ihres Erfüllungsgehilfen ausschließt; insoweit stellte der BGH auch einen Verstoß gegen die Regelung auch gegen das Klauselverbot des § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB fest.

Wirksame AGB: Muster sind gefährlich

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nicht nur irgendein Rechtstext, der zum Abruf bereitgestellt wird. Sie sind vielmehr die vertragliche Grundlage für die Vertragsbeziehungen des Verwenders. Sie sollten daher auch auf die besonderen Bedürfnisse des Verwenders eingehen und die spezifischen Risiken abdecken. Beispielsweise hat ein Fotograf einen erhöhten Bedarf an richtig und interessengerecht formulierten Regelungen zu Nutzungsrechten, wohingegen Haftungsrisiken er nicht im Vordergrund stehen. Dies kann bei einem Softwareanbieter, der eine Softwarelösung für den Steuerbereich vertreibt, durchaus anders aussehen. Ein Video-on-Demand-Dienst braucht andere Regelungen als ein Datingportal. Die Qualität der verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann im Ernstfall über das Wohl und Wehe des Verwenders entscheiden. Vor diesem Hintergrund ist es immer wieder erstaunlich, wie Allgemeine Geschäftsbedingungen ohne wirkliches Verständnis von deren rechtlichen Inhalten und insbesondere auch ohne jede Kenntnis der zur Wirksamkeit von Klauseln bestehenden Rechtsprechung von unterschiedlichen mehr oder weniger vergleichbaren Anbietern einfach übernommen (vulgo: „zusammengeklaut“) werden.

Die Investition in vom kompetenten Experten zuverlässig, schnell und vor allem rechtlich „richtig“ formulierten Vertragsbedingungen ist meistens deutlich geringer als erwartet und wirklich lohnend. Schließlich geht es nicht um einen einzigen Vertrag, sondern um eine Vielzahl von Vereinbarungen, deren Rechtsfolgen im zulässigen Rahmen zu Gunsten des Verwenders geregelt werden sollten. Mit den richtig formulierten Geschäftsbedingungen besteht dann auch ein deutlich verringertes Risiko für Abmahnungen. Professionell erstellte AGB hätten  sich zumeist bei der ersten wettbewerbsrechtlichen Abmahnung „gelohnt“, deren Kosten üblicherweise die Erstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch den Rechtsexperten übersteigt.

BBS Rechtsanwälte stehen Ihnen mit Erfahrung, Expertise und vor allem auch Verständnis der individuellen Anforderungen und Bedürfnisse an Ihre rechtlichen Vereinbarungen bei der Gestaltung von AGB zur Seite.

Wir unterstützen Sie aber auch, wenn Ihre Konkurrenz offenkundig unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet und sich damit einen rechtswidrigen Vorteil verschafft.

Für alle Ihre Fragen rund um allgemeine Geschäftsbedingungen, jedoch auch sonstige wichtige Fragen rund um das Wettbewerbsrecht sind wir gerne für Sie da. Sprechen Sie uns an.

 

 

Landgericht Wiesbaden: Herausgabe von Webspace-Passwörtern durch einstweilige Anordnung

, ,

Die Internetdomain: Mehr als nur ein Wort

Eine Domain ist nicht nur der Inhalt der Adresszeile eines Internet-Browsers und auch nicht nur die „Hausnummer“ eines Internetauftritts. Für viele Unternehmen ist die Bezeichnung, unter der die eigene Internetseite abrufbar ist, essenzieller Bestandteil des Geschäftsmodells. In der anwaltlichen Praxis führt der Umgang mit Domains und Zugangsdaten dennoch mitunter zur Verwunderung.

Der alphanumerische Namensraum ist begrenzt und begehrte Begriffe sind in Anbetracht der Vielzahl existierender registrierter Domains selten und oft nur gegen entsprechend hohe Vergütungen zu erlangen.

Dennoch leisten sich viele Unternehmen und Unternehmer insbesondere in der Gründungsphase Mut zur Lücke, der oftmals zu teuren oder gar nicht mehr zu korrigierenden Überraschungen führt.

Webdesign: häufig Anlass für Streitigkeiten

Der Vertrag über die Erstellung einer Internetseite ist in der Regel als Werkvertrag anzusehen (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 4. 3. 2010 – III ZR 79/09). Bei einem derartigen Werkvertrag ist ein bestimmtes Ergebnis geschuldet. Dies sollte den Auftraggeber jedoch nicht in trügerischer Sicherheit wiegen. Denn wenn im Nachhinein nicht mehr ermittelt werden kann, welches Ergebnis letztendlich vereinbart ist, ist lediglich eine Leistung mittlerer Art und Güte geschuldet (§ 243 Abs. 1 BGB). Was „mittlere Art und Güte“ in Bezug auf eine Internetseite bedeutet, wird von den Gerichten in der Praxis höchst unterschiedlich gesehen. Ob beispielsweise im konkreten Fall eine statische Präsenz ausreichte oder ob die Einbindung eines Content-Management-Systems unter Berücksichtigung bestimmter Web-Standards geschuldet war, kann sich nach dem Gegenstand des Auftrags differenziert darstellen. Wer hier auf klare Regelungen verzichtet, bewegt sich im Bereich des Nebulösen und Unklaren. Die sich aus dieser Unsicherheit ergebenden Risiken können den Auftraggeber, jedoch auch den Web-Designer treffen.

Rechtsanwalt Patentrecht Markenrecht Domain Domainrecht Hamburg Anwalt Domain unterschlagen freigegeben was tun Hilfe Hamburg Kiel Bremen Schleswig-Holstein Norddeutschland Lübeck Lüneburg Emden Elmshorn

Gefährliches Druckmittel: Zugangsdaten in fremden Händen © panthermedia.net / alan poulson

So kommt es im Projektverlauf der Erstellung oder Überarbeitung von Internetseiten häufig zu Streitigkeiten zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Derartige Missstimmungen können dramatische Folgen haben, insbesondere dann, wenn beispielsweise der Auftraggeber – auftragsbedingt – dem Web-Designer die Zugangsdaten zu Domain und Server und damit die faktische Verfügungsgewalt über die Domain und den Webspace überlässt. Ein Streit um die richtige Ausführung des Auftrags führt dann nicht selten zu Kurzschlussreaktionen, die den Auftraggeber mit dem Verlust der Domain, aber auch den Auftragnehmer mit Schadensersatzforderungen und weitergehenden Ansprüchen konfrontieren.

Landgericht Wiesbaden: Herausgabe von Passwörtern durch einstweilige Anordnung

Einen weiteren Beitrag zur Rechtsprechung rund um die Berechtigung an derartigen Zugangsdaten lieferte nun das Landgericht Wiesbaden (LG Wiesbaden, Beschluss vom 29.05.2013 – 2 O 128/13). Im Wege einer einstweiligen Verfügung ordnete es an, dass der Antragsgegner die Administrator-Zugangsdaten bestehend aus dem Login und Passwort für die Homepage der Antragstellerin herauszugeben oder in den ursprünglichen Zustand zurückzusetzen hat. Darüber hinaus ordnete das Gericht an, dass der Antragsgegner es zu unterlassen hat, die Zugangsdaten zu verändern. Hintergrund der Entscheidung war eine gesellschaftsrechtliche Streitigkeit. Die Antragstellerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der Antragsgegner einer der Gesellschafter, der seine Mitgliedschaft jedoch bereits gekündigt hat. Der scheidende Gesellschafter hatte jedoch die Zugangsdaten und damit die faktische Verfügungsgewalt über die Domain des Internetauftritts der Gesellschaft. Die anderen Gesellschafter, die über diese Domain insbesondere medizinische Inhalte veröffentlichten, forderten Zugang zum Webspace. Der Antragsgegner hatte hingegen zwischenzeitlich die Passwörter geändert und auch Einsicht in über die Domain eingehende E-Mails an die Antragsgegnerin genommen. Das Gericht sprach der Antragstellerin einen Anspruch auf Herausgabe der Zugangsdaten und Unterlassung weiterer Veränderungen unter dem Gesichtspunkt Schadensersatzrechts (§ 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) und unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Telekommunikationsgeheimnisses (§ 88 Telekommunikationsgesetz) zu. Der Antragstellerin sei Zugang zu ihrer Homepage und die Möglichkeit der Einflussnahme auf deren Inhalte aufgrund der Regelungen des Gesellschaftsvertrags zu gewähren. Die Entscheidung ist insoweit bemerkenswert, als dass das gerichtliche Eilverfahren grundsätzlich nicht darauf gerichtet ist, endgültige Regelungen zu schaffen. Im konkreten Fall anerkannte das Gericht den Umstand, dass die Internetseite und deren Inhalte und damit auch die Zugriffsgewalt hierzu der Gesellschaft zuzuweisen sei.

Fehlende oder unklare Regelungen: hohes Risiko

Eine derartige Entscheidung ist jedoch keineswegs zwingend. Fehlt es an entsprechenden Regelungen im Gesellschaftsvertrag und ist die Domain einem der Gesellschafter zugewiesen, kann ein Gericht im Fall der Gesellschafterstreitigkeit durchaus auch zu einem anderen Ergebnis kommen. Vor diesem Hintergrund ist dringend zu empfehlen, in Mehrpersonenverhältnissen Klarheit zu schaffen. Dies betrifft einerseits das Gesellschaftsrecht, jedoch auch sämtliche anderen Vertragsbeziehungen, bei denen es um die Registrierung oder Übernahme von Domains durch Dritte geht. Die alte Regel, dass Vertrauen zwar gut, jedoch Vorsorge besser ist, erweist sich in solchen Konstellationen häufig als richtig. Was heute noch eine vertrauensvolle und konstruktive Partnerschaft ist, kann morgen durch Streit in Schieflage geraten. Ist eine Domain erst freigegeben und einem Dritten, schlechtestenfalls noch einem neuen Inhaber im Ausland zugewiesen, können rechtliche Schritte bereits durch einfache praktische Umstände, beispielsweise die Schwierigkeit der Zustellung einer gerichtlichen Entscheidung im Ausland, erheblich erschwert werden.

Domainrecht: Klare Vereinbarungen schaffen Sicherheit

Rechtsanwalt in Hamburg für Domain Marke Urheberrecht Wettbewerbsrecht Domainklau Domaingrabbing Datenschutz

Lassen Sie sich nicht aussperren: Verträge schaffen Sicherheit
© panthermedia.net / Olaf Mades

Wir empfehlen, die Inhaberschaft an Domains und Inhalten, aber auch die faktische Kontrolle hierüber, durch klare und unmissverständliche Regelungen abzusichern. Hierbei sollte ein Domaininhaber auch dafür Sorge tragen, dass die Schaffung von Fakten beispielsweise durch wirksame Sanktionen erschwert wird. Denn der durch die Freigabe einer Domain entstandene Schaden wird sich oftmals nur schwer bemessen lassen. Da der Anspruchsteller vor Gericht nicht nur die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch, sondern auch die für dessen Bemessung wesentlichen Umstände darslegen (und beweisen) muss, geraten Anspruchsteller nach dem Verlust einer Domain vor Gericht oftmals in Beweisnot.

BBS Rechtsanwälte verfügt nicht nur über Expertise im IT-Recht, sondern auch über umfangreiche Erfahrung in der Gestaltung praktikabler und durchsetzbarer Verträge. Eine rechtliche Begleitung in diesem höchst wichtigen Bereichen sollte für Auftraggeber, jedoch auch für Webdesigner und Hoster selbstverständlich sein.

Kollisionen vorbeugen – Kosten und Risiken vermeiden

In diesem Zusammenhang weisen wir auch nochmals auf die Vorteile einer namens- und markenrechtlichen Klärung einer geplanten Domainregistrierung hin. Bereits die Registrierung einer Internetdomain kann eine Verletzung des Namensrechts verursachen (so z.B. BGH, Urteil vom 24. 4. 2008 – I ZR 159/05). Auch unter den Gesichtspunkten des Wettbewerbsrechts und des Markenrechts können Domainregistrierungen Rechtsverletzungen und damit teure Streitigkeiten begründen. Eine markenrechtliche Vorprüfung kann hier erhebliche Kosten vermeiden. So erlegte jüngst das Oberlandesgericht Düsseldorf einem Domaininhaber die Kosten einer Klage auf, die gegen ihn erhoben wurde, weil er die Domain nicht innerhalb einer ihm von einem Rechtsinhaber gesetzten Frist freigegeben hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013 – I-20 W 104/11). Wer in diesem Zusammenhang vor unliebsamen Überraschungen geschützt sein möchte, sollte sich durch eine entsprechende professionelle Vorrecherche absichern. Auch hierfür stehen Ihnen unsere Experten gerne mit Rat und Tat zur Verfügung.

Wir sind gerne für Sie da. Sprechen Sie uns an!

 

Sachlich richtig, rechtlich falsch? Generische Domains, Gattungsbegriffe und Ortsnamen als Domain-Name

, ,
Nomen est Omen: Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Suchmaschinenoptimierung wird im geschäftlichen Verkehr oftmals ein Domain-Name gewünscht, der das Internet-Angebot sachlich möglichst treffend beschreibt (Gattungsbegriffe oder generische Begriffe). Mag man sich über diese Geschäftsstrategie unter Marketinggesichtspunkten auch streiten, unter SEO-Gesichtspunkten ist dies ebenso wie unter markenrechtlichen Aspekten nicht von vornherein falsch: Begriffe, die ein Angebot lediglich sachlich beschreiben (bspw: „Autohandel-Hamburg“ für ein Kfz-Handelsgeschäft in Hamburg) sind markenrechtlich nicht monopolisierbar und damit auch nicht untersagbar. Ihre Verwendung steht jedem Marktteilnehmer offen. Was in der Welt des geschriebenen und gesprochenen Wortes problemlos möglich ist, führt im Internet zwangsläufig zu Konflikten: Aufgrund seiner Funktion als konkrete Adresse für digitale Medieninhalte im Internet existiert jeder Domain-Name nur einmal. Dritte sind von der Nutzung ausgeschlossen – ein faktisches Monopol. Und wo es „eng“ wird, da wird bekanntlich gestritten. Die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Verwendung von Gattungsbegriffen als Domain-Name ist in der rechtlichen Theorie und Praxis umstritten und entsprechend ist auch die hierzu ergangene Rechtsprechung uneinheitlich:

 

Domainnamen

Die Qual der Wahl: Der richtige Domain-Name

 

Die Grundsatzentscheidung des BGH zu Gattungsdomains: Mitwohnzentrale.de

Eine zumindest grundlegende Rechtssicherheit wurde zunächst durch die Entscheidung „mitwohnzentrale.de“ des Bundesgerichtshofs (BGH) geschaffen[1]. Bis zu dieser Entscheidung wurde die Registrierung und geschäftliche Nutzung eines Gattungsbebegriffs als Domain von einem Teil der Rechtsprechung und Literatur als grundsätzlich wettbewerbsrechtlich unzulässig beurteilt. Diese Beurteilung basierte vorwiegend auf zwei Argumenten:

  • Die Verwendung des Gattungsbegriffs als Domain-Bezeichnung führe zu einer unlauteren Absatzbehinderung von Wettbewerbern durch eine einseitige Kanalisierung der Kundenströme auf die Homepage des Inhabers, weil eine erhebliche Zahl von Interessenten versuche, sich das maßgebliche Angebot durch Direkteingabe des Branchenbegriffs als Internetadresse zu erschließen;
  • Die Verwendung des Gattungsbegriffs als Domain-Bezeichnung stelle eine irreführende Werbung unter dem Gesichtspunkt einer unzutreffenden Alleinstellungsbehauptung dar.

Unter dem ersten Gesichtspunkt verurteilte das Hanseatische Oberlandesgericht[2] (OLG Hamburg) denn auch einen Verein mehrerer Mitwohnzentralen in verschiedenen Städten Deutschlands zur Unterlassung der Nutzung der Domain mitwohnzentrale.de. Geklagt hatte ein konkurrierender Verband.

Der Bundesgerichtshof hob diese Entscheidung mit einem Grundsatzurteil im Jahr 2001 auf[3]. Hierbei verneinte der BGH vor allem das Vorhandensein einer wettbewerbswidrigen Behinderung in Form eines „Abfangens” potenzieller Kunden durch die Verwendung der Domain. Der durchschnittlich informierte Verbraucher betrachte das in der Nutzung von beschreibenden Domains liegende Werbeverhalten mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit und benötige keinen Schutz gegen die Verwendung beschreibender Begriffe, so lange nicht die Gefahr einer Irreführung besteht. Gebe er direkt einen Gattungsbegriff als Internet-Adresse ein, weil ihm die Nutzung einer Suchmaschine lästig ist, so sei er sich grundsätzlich über die Nachteile dieser Suchmethode im Klaren. Sofern der Gattungsbegriff nicht auf die Alleinstellung des dahinter stehenden Anbieters hindeute, erkenne der Nutzer, dass er mit dieser Suchmethode keinen vollständigen Überblick über das Angebot im Netz erhält; verzichte er aus Bequemlichkeit nach Eingabe der Gattungsdomain auf eine weitere Suche, so stelle dies keine unsachliche Beeinflussung dar. Des Weiteren sei die Verwendung generischer Domains nur auf den eigenen Vorteil gerichtet, ohne dass auf bereits einem Wettbewerber zuzurechnende Kunden unlauter eingewirkt werde; es ginge nicht um ein Ablenken, sondern um ein Hinlenken von Kunden. Der Domaininhaber stelle sich nicht zwischen seine Mitbewerber und dessen Kunden, um diesen eine Änderung ihres Kaufentschlusses aufzudrängen.

Allerdings arbeitete der BGH in dieser Entscheidung zwei Gesichtspunkte heraus, unter denen sich im Einzelfall die Verwendung eines Gattungsbegriffs als Domain-Name als missbräuchlich erweisen kann:

  • Der Inhaber eines Gattungsbegriffs als Domain-Name blockiert die Verwendung des fraglichen Begriffs durch Dritte dadurch, dass er gleichzeitig andere Schreibweisen des registrierten Begriffs unter derselben Top-Level-Domain (hier „.de”) oder dieselbe Bezeichnung unter anderen Top-Level-Domains für sich registrieren lässt.
  • Es kann eine Irreführung unter dem Gesichtspunkt einer Alleinstellungsbehauptung in Betracht kommen, wenn Internet-Nutzer annehmen, dass es sich bei der Website um das einzige oder zumindest  größte Branchenangebot handelt, und deswegen nicht nach weiteren Angeboten suchen. Hierbei kommt es nach Ansicht des BGH maßgeblich auf den Inhalt der unter der Domain geschalteten Website an, da  der Gefahr der Irreführung bspw. durch einen entsprechenden klarstellenden Hinweis (z.B. auf weitere Angebote Dritter) entgegenwirkt werden kann.

Zur Feststellung des zweiten Gesichtspunktes hatte der BGH das Verfahren seinerzeit zur Verhandlung an das Hanseatische Oberlandesgericht zurückverweisen. Je nach Verhandlungsergebnis wäre hierbei noch ein eingeschränktes Verbot, den Domain-Namen „Mitwohnzentrale.de” zu verwenden, wenn nicht auf der Homepage darauf hingewiesen wird, dass es noch weitere, in anderen Verbänden zusammengeschlossene Mitwohnzentralen gibt, in Betracht gekommen.

Das OLG Hamburg[4] hat hiernach die Klage schließlich auch in diesem letzten Punkt zurückgewiesen, da die Website den Hinweis  „Auf dieser Seite werden nur Mitglieder des Rings europäischer Mitwohnzentralen e.V. aufgeführt” enthielt. Dies hat das Hanseatische Oberlandesgericht als einen ausreichenden Hinweis zur Vermeidung einer Irreführung unter dem Gesichtspunkt einer Alleinstellungsbehauptung erachtet.

 

Die weitere Rechtsprechung des BGH zu Gattungsbegriffen und Ortsnamen in Domains

In zwei berufsrechtlichen Entscheidungen im Jahr 2002 urteile der Anwaltssenat des BGH in Anlehnung an die Entscheidung „mitwohnzentrale.de“, dass der Gebrauch der Gattungsbegriffe „presserecht.de“[5] und „rechtsanwaelte-notar.de“[6] als Domain-Namen durch einzelne Anwaltskanzleien nicht irreführend ist und daher auch nicht gegen anwaltliches Berufsrecht verstößt. In Bezug auf etwaige Irreführungen stelle der Senat für Anwaltssachen insoweit unter Bezugnahme auf die Entscheidung „mitwohnzentrale.de“ nochmals klar, dass

  • Der aus der Nutzung eines Gattungsbegriffs als Internetdomain resultierende Wettbewerbsvorteil, der sich systembedingt daraus ergibt, dass allein das Prioritätsprinzip gilt und jeder Name nur einmal vergeben werden kann, weder unlauter noch generell zu missbilligen ist[7];
  • Es zur Vermeidung von Irreführungen ausreichend ist, wenn etwaige, durch die Verwendung einer Gattungsbezeichnung als Domain-Name abstrakt möglicherweise drohende Fehlvorstellungen des Internetnutzers durch die Gestaltung der Website korrigiert werden. Dem Umstand, dass eine etwaige ursprüngliche Fehlvorstellung auf diese Weise umgehend korrigiert wird, kommt nach der Ansicht des Senats „eine erhebliche Bedeutung bei der Beantwortung der Frage zu, ob eine relevante Irreführung des Verkehrs vorliegt“[8].

 

In einer weiteren jüngeren berufsrechtlichen Entscheidung im Jahr 2010[9] bestätigte der Senat für Steuerberatungssachen des BGH unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung des Gerichts, dass

  • der Verwendung der Internetdomain „www.steuerberater-suedniedersachsen.de” durch einen Steuerberater rechtlich nicht zu beanstanden ist, da der Steuerberater sich damit keiner Sonderstellung unter den im südlichen Teil Niedersachsens praktizierenden Steuerberatern berühmt und auch eine Alleinstellungsbehauptung damit nicht verbunden ist;
  • eine etwaige Fehlvorstellung eines Internetnutzers, unter diesem Domainnamen sei ein Steuerberaterverzeichnis oder gar ein Berufsverband abrufbar, durch den Inhalt der Eingangsseite des Internetauftritts hinreichend korrigiert werden kann.

 

Rechtsprechung der Instanzgerichte

In der Rechtsprechung der Instanzgerichte wurde die Registrierung und geschäftliche Nutzung einer Gattungsbezeichnung als Domain (auch und gerade in Verbindung mit einer Ortsbezeichnung)  zunächst teilweise als grundsätzlich wettbewerbsrechtlich unzulässig beurteilt. In Reaktion auf die dargestellte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist insoweit ein Wandel der Rechtsprechung der Instanzgerichte zu beobachten:

Das OLG Hamm hatte noch im Jahr 2003[10] die Verwendung der Bezeichnung „Tauchschule Dortmund” als Domain-Name als wettbewerbsrechtliche Spitzenstellungswerbung beurteilt. Der Verkehr gehe von einer überragenden Stellung des so bezeichneten Geschäftsbetriebs in der entsprechenden Branche aus, wenn eine Ortsbezeichnung mit dem Namen des Geschäftsbetriebs verknüpft werde. Auf den Inhalt der Homepage komme es nicht an. In ausdrücklicher Abkehr von diesem Urteil beurteilte dasselbe Gericht im Jahr 2008[11] die Verwendung einer Domain, die sich aus einem Gattungsbegriff und einem Ortsnamen (hier: „anwaltskanzlei-[ortsname].de”) zusammensetzt, als zulässig. Es läge keine Spitzenstellungsbehauptung vor, da diese i.R.d. allgemeinen Sprachgewohnheiten die Voranstellung des bestimmten Artikels erfordere. Dem Verkehr sei  bekannt, dass es in großen Städten eine Fülle von Rechtsanwaltskanzleien gebe. Von daher messe der Verkehr der Anführung des Ortsnamens nur die Bedeutung der Angabe des Sitzes der Kanzlei zu.

Auch das OLG München hat in einem – wenn auch zum Irreführungsverbot i.S.d. §? 18 HGB ergangenen – Beschluss im Jahr 2010[12] ausgeführt, dass mittlerweile in der Rspr. nicht mehr davon ausgegangen werde, dass die Verwendung eines Ortsnamens mehr als einen Hinweis auf den Sitz (Ort oder Region) oder das Haupttätigkeitsgebiet einer Firma beinhalte („M. Hausverwaltung GmbH“). Weder bestehe eine Vermutung noch ein Erfahrungssatz für eine führende oder besondere Stellung des Unternehmens in dem in der Firma genannten Ort oder Gebiet.

Schließlich hat das OLG Celle in einer Entscheidung im Jahr 2011[13] geurteilt, dass die  Bezeichnung „Kanzlei-Niedersachsen” keinen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot und auch keine Alleinstellungsbehauptung oder Behauptung einer hoheitlichen Tätigkeit darstelle, sondern lediglich darauf verweist, dass die Kanzlei in Niedersachsen ansässig ist. In seiner Begründung hat sich das OLG Celle ausdrücklich auf diese diesbezüglich  „neuere“ Rechtsprechung bezogen, welcher der Vorzug zu geben sei, weil sie im Einklang mit einer ebenfalls neueren Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2010[14] (www.steuerberater-suedniedersachsen.de – siehe Fn. 9) stehe. Das OLG Celle rückte mit dieser Entscheidung ebenfalls gleichzeitig von seiner Beurteilung in einer älteren Entscheidung aus dem Jahr 2001 zum Domain-Namen www.anwalthannover.de ab[15].

Unabhängig hiervon sind in der Rechtsprechung der Instanzgerichte auch abweichende Urteile ergangen, die jedoch möglicherweise im Lichte der insoweit eindeutigen BGH-Rechtsprechung als überholt zu betrachten oder den Umständen des konkreten Einzelfalls geschuldet sind:

Das OLG München hat im Jahr 2002 die Verwendung der Domain „rechtsanwaelte-dachau.de” für eine Anwaltskanzlei als irreführend beurteilt, weil sie bei einem „nicht unbeachtlichen Teil“ der Internetnutzer die Vorstellung hervorrufen könne, unter dieser Domainbezeichnung sei ein örtliches Anwaltsverzeichnis, etwa die Homepage des örtlichen Anwaltsvereins, mit der Auflistung sämtlicher Rechtsanwaltskanzleien im Raum Dachau oder jedenfalls in der Stadt Dachau zu finden. Darauf, ob die Irreführungsgefahr nach Eingabe der betreffenden Internetadresse durch den Inhalt der aufgerufenen Homepage der Bekl. und die Gestaltung dieser Homepage beseitigt werde, komme es nicht an. Die Entscheidung steht damit zum einen in einem klaren Widerspruch zur dargestellten ständigen Rechtsprechung des BGH, wonach es zur Vermeidung von Irreführungen ausreichend ist, wenn einer durch den Domain-Namen abstrakt möglicherweise drohende Fehlvorstellung des Internetnutzers durch die Gestaltung der Website ausreichend entgegengewirkt wird. Zum anderen fußt die Entscheidung des OLG München auf einem durch die europäische Rechtsentwicklung mittlerweile überholten Verbraucherleitbild, indem es allein auf einen „nicht unbeachtlichen Teil“ der angesprochenen Verkehrskreise abstellt. Der BGH hat zwischenzeitlich deutlich gemacht, dass infolge der Änderung des insoweit maßgeblichen Verbraucherleitbilds ein neuer Maßstab anzulegen ist, der zu einer erheblichen Veränderung des Quorums führt[16]. Da das OLG München dies in seiner späteren, oben dargestellten Entscheidung aus dem Jahr 2010 ebenfalls problematisiert[17], ist die Entscheidung möglicherweise insoweit auch als überholt anzusehen.

Das OLG Hamburg hat im Jahr 2006 die Verwendung der Bezeichnung und der Domain „Deutsches-Handwerk.de“ für ein Internetportal, auf dem Handwerksbetrieben die Möglichkeit der Eintragung von Daten gegen Entgelt angeboten wird, in dem Sinne als unzulässig beurteilt, weil es jedenfalls rechtlich erhebliche Teile des Verkehrs dahingehend irreführen könne, dass es sich hierbei um den Internetauftritt einer offiziellen und berufsständischen Organisation des Deutschen Handwerks handelt. Die Gestaltung unter dieser Domain geschalteten Website erachtete das OLG gleichzeitig nicht als ausreichend zur Vermeidung einer Irreführung.

 

Konsequenzen für die Praxis

Nach den durch die ständige Rechtsprechung des BGH entwickelten Kriterien lassen sich in Hinblick auf die Nutzung von Gattungsbezeichnungen und Ortsnamen als Domain-Name zunächst folgende positive Ergebnisse festhalten:

  • Die Verwendung eines Gattungsbegriffs in Verbindung mit einer Ortsbezeichnung stellt keine  wettbewerbswidrige Behinderung in Form eines „Abfangens” potenzieller Kunden durch die Verwendung der Domain dar;
  • Der aus der Nutzung eines Gattungsbegriffs als Internetdomain resultierende Wettbewerbsvorteil, der sich systembedingt daraus ergibt, dass allein das Prioritätsprinzip gilt und jeder Name nur einmal vergeben werden kann, ist grundsätzlich weder unlauter noch generell zu missbilligen.

Bei der weiteren Beurteilung der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit kommt es gleichzeitig jedoch auch auf die konkreten Umstände der Domainnutzung und die konkrete Ausgestaltung der Website an:

  • So kann es nach der Rechtsprechung des BGH unzulässig sein, wenn gleichzeitig andere Schreibweisen des registrierten Begriffs unter derselben Top-Level-Domain, oder dieselbe Bezeichnung unter anderen Top-Level-Domains für den Inhaber registriert sind.
  • Grundsätzlich kann eine Irreführung unter dem Gesichtspunkt einer Alleinstellungsbehauptung in Betracht kommen, wenn Internet-Nutzer annehmen, dass es sich bei der Website um das einzige oder zumindest  größte Branchenangebot handelt. Dem kann durch einen entsprechenden klarstellenden Hinweis entgegenwirkt werden, was der BGH bei ausreichender Klarheit auch als ausreichend erachtet.
  • Vor dem Hintergrund der Entscheidung des OLG Hamburg („deutsches-handwerk.de“) kann sich eine Irreführung daraus ergeben, dass es sich eine Verwechslung mit einer berufsständischen Organisation oder einem offiziellen Brancheverband ergibt. Auch dies kann grundsätzlich durch eine entsprechende Gestaltung entsprechenden Website vermieden werden.

Diese Umstände sollte zur Vermeidung rechtlicher Probleme bei der konkreten Gestaltung der Website beachtet und entsprechenden Eindrücken entgegengewirkt werden.

Haben Sie Fragen zur rechtssicheren Auswahl der richtigen Domain und zur rechtssicheren Gestaltung Ihrer Website? Sie möchten die Grenzen des gesetzlich Möglichen kennen, aber auch ausschöpfen? Sie möchten sich gegen Wettbewerber wehren, die hierauf weniger Wert legen und Ihnen das Geschäftsleben erschweren? Sprechen Sie uns an!

 


[1] BGH, Urteil vom 17.05.2001, Az.: I ZR 216/99.

[2] OLG Hamburg, Urteil vom 13. 7. 1999 – 3 U 58/98.

[3] BGH, Urteil vom 17.05.2001, Az.: I ZR 216/99.

[4] OLG Hamburg, Urteil vom 6.3.2003 – 5 U 186/01 = MMR 2003, 537.

[5] BGH, Beschluss vom 25.11.2002 – AnwZ (B) 41/02 = MMR 2003, 252.

[6] BGH, Beschluss vom 25.11.2002 – AnwZ (B) 8/02.

[7] BGH, MMR 2003, 252, 255.

[8] BGH, MMR 2003, 252, 254.

[9] BGH, Urteil vom 01.09.2010 – StbSt (R) 2/10.

[10] OLG Hamm, Urteil vom 18.03.03 – 4 U 14/03.

[11] OLG Hamm, Urteil vom 19.06.08 – 4 U 63/08.

[12] OLG München, Beschluss vom 28.4.2010 – 31 Wx 117/09 = BeckRS 2010, 11615 .

[13] OLG Celle, Urteil vom 17.11.2011 – 13 U 168/11.

[14] Siehe Fn. 9.

[15] OLG Celle, Urteil vom 29.03.2001 – 13 U 309/00.

[16] Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Auflage 2013, § 5 Rn. 2.106 mwN..

[17] OLG München, BeckRS 2010, 11615, Ziffer II. 2. A) aa) mwN..