BGH-Urteil erkennt Zugang von E-Mails im Geschäftsverkehr an!
BGH-Urteil erkennt Zugang von E-Mails im Geschäftsverkehr an!
Mit seinem Urteil vom 6.10.2022 erklärt der BGH die Kommunikation via Mail im B2B-Bereich als verbindliche Geschäftsmethodik.
Worüber wurde konkret geurteilt?
In dem entschiedenen Fall ging es um die Forderung der Klägerin, welche aus von ihr durchgeführten Metallbau- und Begrünungsarbeiten am Objekt der Beklagten in 2016 resultierte. Die Arbeiten verschlungen insgesamt etwa 250 000€. Da ein Großteil der Summe bereits während der Durchführung des Projekts an die Klägerin geflossen war, belief sich die Restforderung auf lediglich 14. 538€. Die Beklagte entschied sich eigenmächtig die noch offene Forderung zu kürzen, was zu Schriftwechsel und Streit führte, welcher in einem Forderungsschreiben der Klägerin am 27. November 2018 mündete. Hier verlangte diese Zahlung in Höhe von 14. 347€ nebst den entstandenen Anwaltskosten von 1.029€. Im Antwortschreiben vom 13 Dezember 2018 bot die Beklagte an, die Forderung und die Anwaltskosten zu begleichen, ohne hierfür eine Rechtspflicht anzuerkennen und die Sache damit zu erledigen. Am 14.12.2018 um 09:19 Uhr erhielt die Beklagte eine E-Mail von der anwaltlichen Vertretung der Klägerin, in welcher ihr Vorhaben bestätigt wurde. Es würden keine weiteren Forderungen erhoben werden. Nur etwa eine halbe Stunde später, genau um 09:56 Uhr, erreichte die Beklagte eine zweite Mail von der Vertretung der Klägerin. Die erste Mail von 09:19 Uhr müsste unberücksichtigt bleiben. Die Mandantin habe die Forderungshöhe noch nicht abschließend geprüft, daher könne nicht vom Erheben weiterer Forderungen abgesehen werden. Am 17.12.2018 wurde der Beklagten dann eine Schlussrechnung von 22. 173€ vorgelegt. Jene entschied sich am 21.12.2018 jedoch lediglich die Forderung aus der Mail vom 14.12.2018 um 09:19Uhr zu berücksichtigen und überwies daraufhin nur die 14. 347€ nebst den Anwaltskosten. Die Klägerin verlangte nun vergeblich die Begleichung der Differenz durch die Beklagte.
Zu den Gründen:
- Die Klägerin hat, vertreten durch ihre Anwälte, der Beklagten ein wirksames Angebot zum Schluss eines Vergleichs in der E-Mail vom 14.12.2018, 09:19 Uhr gemacht. Sie ist an dieses Angebot gebunden.
- Die Beklagte hat das Angebot durch Überweisung vom 21.12.2018 konkludent angenommen.
- Die E-Mail vom 14.12.2018, 09:56 stellt keinen wirksamen Widerruf oder eine etwaige Anfechtung des Vergleichsangebots dar. Der Widerruf wäre zu diesem Zeitpunkt zu spät erfolgt, da das Angebot bereits mit der E-Mail um 09:19 zugegangen sei und die Regelungen der §§ 130, 145 BGB Anwendung finden.
- Die Verteidigung der Klägerin hat es versäumt, die Entscheidung bezüglich des Zugangs des Berufungsgerichts konkret anzugreifen, deshalb wird diese nicht abschließend durch den BGH erörtert.
Grundsätzlich ist aber von einem Zugang der Willenserklärung via Mail in dem Moment auszugehen, in dem die Nachricht abrufbereit auf dem Mailserver des Empfängers eingegangen und somit in seinen Machtbereich gelangt ist. Der Empfänger muss im Vorfeld der Kommunikation oder durch Veröffentlichung seiner Mailadresse auf seiner Homepage zumindest konkludent kenntlich gemacht haben, dass er über diesen Weg zur Annahme elektronischer Willenserklärungen bereit ist.
Was für die Praxis mitgenommen werden kann:
- Auch, wenn der BGH hier nicht abschließend den Streit um den Zeitpunkt des Zugangs einer elektronischen Willenserklärung in Form einer E-Mail aufgelöst hat, so ist jedoch geklärt, dass eine solche Erklärung bindend zugehen kann, wenn die Geschäftsleute sich auf diesen Kommunikationsweg (konkludent) verständigt haben. Es ist also mindestens zum Ablauf des Geschäftstages mit Zugang zu rechnen.
- In seiner Argumentation folgt der BGH strikt der Ansicht des Berufungsgerichts, in welcher den Zugang für den Zeitpunkt des Eingangs auf dem Mailserver des Empfängers und der damit verbundenen Bereitstellung terminiert, solange dies nicht zur Unzeit geschieht. Dies kann als starkes Indiz dafür gesehen werden, wie eine mögliche Entscheidung ausfallen könnte, sollte diese Frage konkret vor dem VII Senat landen.
- Wer also zu überquellenden Posteingängen auf seiner Firmenmailadresse neigt, dem sei ab jetzt geraten für Ordnung zu sorgen, um auf diesem Wege eingehende Willenserklärungen nicht zu übersehen.
- Wer andererseits schon öfter Entscheidungen getroffen hat, die er kurze Zeit später bereut, dem hilft das klassische Einschreiben der Post auch weiterhin für seine Kommunikation im Rechtsverkehr. Im Zweifel kann er auf den Weg gebrachte Post nun noch schnell per Mail widerrufen.