Killing Pablo: EuG – „Pablo Escobar“ darf keine Marke sein
In einem bemerkenswerten Urteil hat das Europäische Gericht Erster Instanz ( EuG, 17.04.2024 – T-255/23) entschieden, dass der Name „Pablo Escobar“ nicht als Marke in der Europäischen Union registriert werden darf. Dieses Urteil basiert auf der Feststellung des Gerichts, dass der Name des berüchtigten kolumbianischen Drogenbarons gegen die öffentliche Ordnung und Moral verstößt.
Hintergrund des Urteils
Pablo Escobar, der 1993 getötet wurde, war einer der bekanntesten Drogenhändler der Welt. Seine Erben, die Escobar Inc., hatten 2021 einen Antrag auf Markenschutz für den Namen „Pablo Escobar“ bei der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) gestellt. Die Anmeldung umfasste eine breite Palette von Produkten und Dienstleistungen, darunter Kosmetika, Software, Hubschrauber, Schusswaffen, Möbel, Kuchenformen, Kleidung, Tabakwaren und sogar medizinische, finanzielle, Gastronomie- und Rechtsdienstleistungen (!).
Begründung des Urteils
Das Europäische Amt für geistiges Eigentum (EUIPO) lehnte den Antrag auf Eintragung der Marke ab, da der Name „Pablo Escobar“ in der Öffentlichkeit (noch immer) vor allem mit Drogenhandel, Terrorismus und Kriminalität assoziiert wird. Diese Assoziationen gelten als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung und Moral. Das EuG bestätigte diese Entscheidung und betonte, dass die Wahrnehmung des spanischen Publikums, das aufgrund der historischen Verbindungen zwischen Spanien und Kolumbien besonders betroffen ist, maßgeblich für die Beurteilung war. Die Sittenwidrigkeit eines Zeichens in einem (einzigen) Land der EU reicht aus, um die Marke als Unionsmarke insgesamt zu sperren und die Eintragung auszuschließen.
Rechtliche Grundlagen
Das Markenrecht der Europäischen Union sieht in Artikel 7(1)(f) der Verordnung über die Unionsmarke (Unionsmarkenverordnung) vor, dass Marken, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen, nicht registriert werden dürfen. Entsprechende Regelungen kennen auch fast alle nationalen Markengesetze. Diese Regelungen dienen dazu, sicherzustellen, dass Marken nicht verwendet werden, um Produkte oder Dienstleistungen mit Zeichen zu bewerben, die der Gesellschaft schaden oder als unangemessen angesehen werden.
Bedeutung des Urteils
Das Urteil unterstreicht die Bedeutung moralischer und ethischer Überlegungen im Markenrecht. Nicht jedes Zeichen kann eine Marke werden. Die Assoziationen, die ein Name hervorruft, können entscheidend für die Zulässigkeit seiner Eintragung als Marke sein. Zudem verdeutlicht es, dass die Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit, insbesondere in Ländern mit engen historischen oder kulturellen Verbindungen, eine zentrale Rolle bei der Beurteilung spielt. Hierbei stützen EUIPO und auch EuG ihre Entscheidungen oft auf sehr spezifische Analysen der Wahrnehmung des Zeichens in einem bestimmten Land.
Fazit
Das Urteil im Fall „Pablo Escobar“ ist ein klares Signal dafür, dass Marken nicht dazu verwendet werden dürfen, um Produkte oder Dienstleistungen mit Zeichen zu fördern, die als schädlich oder unangemessen angesehen werden. Es betont die Verantwortung des Anmelders einer Marke, sicherzustellen, dass die Marke nicht gegen die Werte und Normen der Gesellschaft verstößt. In diesem Fall hat der EuGH klargestellt, dass der Name „Pablo Escobar“ aufgrund seiner negativen Assoziationen keine Marke sein darf. Dabei bestehen in der EU erhebliche kulturelle Unterschiede in der Wahrnehmung von Zeichen. Was in Deutschland als lediglich „frivol“ unproblematisch zugelassen wird kann in Spanien oder Italien schon die Grenze des Erträglichen überschreiten – und umgekehrt. Und auch die sprachliche Wahrnehmung kann zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen führen (der Ort „Fucking“ in Niederösterreich benannte sich aus derartigen Gründen in „Fugging“ um). Markenanmelder sollten bei ihrer Strategie diese Aspekte berücksichtigen. Gerade bei internationalen Anmeldungen gilt es einerseits unerwünschte Effekte eines Begriffs in einzelnen Staaten zu vermeiden und andererseits auch die mögliche Ablehnung einer Marke für alle Staaten bei einem Konflikt oder einer Kollision nur in einem einzigen Mitgliedstaat zu vermeiden.
Gute Marke: braucht Expertise