BGH zu Möbelversandhandels-AGB: Haftungsausschluss für Verspätung unwirksam

AGB: das müssen Sie wissen

Anders als individuelle Verträge, also solche Vereinbarungen, die zwischen den Beteiligten Parteien ausgehandelt werden, unterliegen Allgemeine Geschäftsbedingungen einer so genannten Inhaltskontrolle. Die §§ 305 und fortfolgende des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) enthalten teilweise detaillierte Anforderungen an die Gestaltung und Handhabung von AGB. AGB müssen dabei generell „fair“ und transparent sein. Sie dürfen insbesondere keine überraschenden Klauseln enthalten und auch keine Bestimmungen, die gegen gesetzliche Leitbilder verstoßen.

AGB sind alle vorformulierten Vertragsbedingungen, die nach dem Willen ihres Gestalters mehrfach verwendet werden. Auf die Bezeichnung als solche kommt es nicht an. So können beispielsweise auch Arbeitsverträge unter die Bestimmungen des AGB-Rechts fallen.

Dabei gibt es absolute Verbote (sog. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit), deren Verletzung ohne weiteres und sofort zur Unwirksamkeit der entsprechenden Klausel führt. Dies betrifft beispielsweise Klauseln, bei denen die eigentliche Vertragsleistung eingeschränkt oder ausgeschlossen wird (vgl. § 309 Nr. 2 a BGB). Daneben gibt es Klauselverbote mit Wertungungsmöglichkeit und Generalklauseln, bei denen es auf den jeweiligen Vertrag und die näheren Umstände der Verwendung der entsprechenden Klausel ankommt. Die Folge einer unwirksamen AGB-Klausel ist in der Regel, dass anstelle der Klausel die gesetzliche Regelung gilt. Das so genannte Verbot der geltungserhaltenden Reduktion führt dazu, dass das Gericht nicht eine der Klauselregelung entsprechende wirksame Ersatzmöglichkeit sucht. Geht also beispielsweise eine Haftungsbeschränkung zu weit, gilt an deren Stelle die deutlich strengere gesetzliche Haftung und nicht etwa die letzte gerade noch mögliche Haftungsbeschränkung. Neben den durch die Unwirksamkeit bedingten beträchtlichen Gefahren der Nichtigkeit der Klausel besteht jedoch auch ein wettbewerbsrechtliches Problem: die Verwendung unwirksamer AGB-Klauseln gegenüber Verbrauchern ist auch ein Wettbewerbsverstoß. Wettbewerber und auch Verbraucherschutzverbände oder Wettbewerbsverbände können gegen solche unwirksamen AGB-Klauseln mit Abmahnungen, einstweiligen Verfügungen und Unterlassungsklagen vorgehen.

AGB vor Gericht: Maßstab ist die kundenfeindlichste Auslegung

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Stolperfalle AGB: unwirksame Klausel kann gefährlich werden
© panthermedia.net / James Steidl

Bei der gerichtlichen Überprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen prüft das Gericht auf Basis der so genannten kundenfeindlichsten Auslegung. Das Gericht stellt sich also die extremste Auslegung der Klausel im für den kundennachtheiligsten Sinne vor und legt hieran die gesetzlichen Maßstäbe. Es existiert eine Unzahl gerichtlicher Entscheidungen zur Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einzelner Klauseln. Dabei kommt es oft auch auf den Typ des jeweiligen Vertrages und die für die jeweilige Branche geltenden Rahmenbedingungen an. Einen weiteren und wichtigen Beitrag lieferte nun der Bundesgerichtshof für den Bereich des Versandhandels mit Möbeln

BGH urteilt zu einer AGB-Klausel zur Verantwortlichkeit des Versenders

Der Bundesgerichtshof hat sich In einer am heutigen 6. November 2013 veröffentlichten Entscheidung (Urteil vom 6. November 2013 – VIII ZR 353/12) mit der Wirksamkeit einer in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Möbelversandhändlerin enthaltenen Versand- und Gefahrübergangsklausel befasst.

In den im Onlineshop des Möbelhandelseinbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen war die folgende Klausel enthalten:

„Wir schulden nur die rechtzeitige, ordnungsgemäße Ablieferung der Ware an das Transportunternehmen und sind für vom Transportunternehmen verursachte Verzögerungen nicht verantwortlich.“

Ein Verbraucherschutzverband machte Unterlassungsansprüche wegen der angeblichen Unwirksamkeit dieser Klausel geltend – zu Recht, wie auch die Vorinstanzen (Landgericht Ellwangen und Oberlandesgericht Stuttgart) entschieden.

Grundlage der Entscheidung des Bundesgerichtshofs war, dass die Klausel eben nicht nur für den Versand von Möbelstücken Geltung findet. In der kundenfeindlichsten Auslegung geht die Klausel auch für solche Verträge, bei denen der Verkäufer das bestellte Möbelstücken beim Kunden aufstellen/montieren soll.

Bei einem solchen Möbelkaufvertrag mit der Verpflichtung des Verkäufers zur Montage der bestellten Möbel beim Kunden liege aber nach der Natur des Schuldverhältnisses eine Bringschuld vor. Denn bei solchen Verträgen kann die Montage der gekauften Möbel als vertraglich geschuldete Leistung des Verkäufers nur beim Kunden erbracht und auch nur dort festgestellt werden, ob die Kaufsache vertragsgemäß geliefert und aufgebaut wurde. Bei einem derartigen Vertrag läge jedoch eine unangemessene Benachteiligung des Kunden vor, wenn sich der zur Lieferung verpflichtete Möbelhändler von seiner Verantwortlichkeit schon bei der Übergabe an ein Transportunternehmen freizeichnen könnte. Hinzu kommt, dass die Klausel die Haftung der Beklagten für ein Verschulden des Transportunternehmens als ihres Erfüllungsgehilfen ausschließt; insoweit stellte der BGH auch einen Verstoß gegen die Regelung auch gegen das Klauselverbot des § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB fest.

Wirksame AGB: Muster sind gefährlich

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nicht nur irgendein Rechtstext, der zum Abruf bereitgestellt wird. Sie sind vielmehr die vertragliche Grundlage für die Vertragsbeziehungen des Verwenders. Sie sollten daher auch auf die besonderen Bedürfnisse des Verwenders eingehen und die spezifischen Risiken abdecken. Beispielsweise hat ein Fotograf einen erhöhten Bedarf an richtig und interessengerecht formulierten Regelungen zu Nutzungsrechten, wohingegen Haftungsrisiken er nicht im Vordergrund stehen. Dies kann bei einem Softwareanbieter, der eine Softwarelösung für den Steuerbereich vertreibt, durchaus anders aussehen. Ein Video-on-Demand-Dienst braucht andere Regelungen als ein Datingportal. Die Qualität der verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann im Ernstfall über das Wohl und Wehe des Verwenders entscheiden. Vor diesem Hintergrund ist es immer wieder erstaunlich, wie Allgemeine Geschäftsbedingungen ohne wirkliches Verständnis von deren rechtlichen Inhalten und insbesondere auch ohne jede Kenntnis der zur Wirksamkeit von Klauseln bestehenden Rechtsprechung von unterschiedlichen mehr oder weniger vergleichbaren Anbietern einfach übernommen (vulgo: „zusammengeklaut“) werden.

Die Investition in vom kompetenten Experten zuverlässig, schnell und vor allem rechtlich „richtig“ formulierten Vertragsbedingungen ist meistens deutlich geringer als erwartet und wirklich lohnend. Schließlich geht es nicht um einen einzigen Vertrag, sondern um eine Vielzahl von Vereinbarungen, deren Rechtsfolgen im zulässigen Rahmen zu Gunsten des Verwenders geregelt werden sollten. Mit den richtig formulierten Geschäftsbedingungen besteht dann auch ein deutlich verringertes Risiko für Abmahnungen. Professionell erstellte AGB hätten  sich zumeist bei der ersten wettbewerbsrechtlichen Abmahnung „gelohnt“, deren Kosten üblicherweise die Erstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch den Rechtsexperten übersteigt.

BBS Rechtsanwälte stehen Ihnen mit Erfahrung, Expertise und vor allem auch Verständnis der individuellen Anforderungen und Bedürfnisse an Ihre rechtlichen Vereinbarungen bei der Gestaltung von AGB zur Seite.

Wir unterstützen Sie aber auch, wenn Ihre Konkurrenz offenkundig unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet und sich damit einen rechtswidrigen Vorteil verschafft.

Für alle Ihre Fragen rund um allgemeine Geschäftsbedingungen, jedoch auch sonstige wichtige Fragen rund um das Wettbewerbsrecht sind wir gerne für Sie da. Sprechen Sie uns an.