OLG Köln: neutrale Nennung eines Konkurrenten ist kein Wettbewerb (§ 5 UWG)
Abmahnung: gesundheitsbezogene Werbung und Health Claims-Verordnung
Gesundheitsbezogene Werbung ist im Wettbewerbsrecht häufig Stein des Anstoßes.
Zahlreiche Klagen, Urteile, einstweilige Verfügungen und Abmahnungen beziehen sich auf die Werbung mit tatsächlichen oder vermeintlichen positiven Auswirkungen eines Produkts auf die Gesundheit. Derartigen Werbebehauptungen sind jedoch in der jüngeren Vergangenheit enge Grenzen gesetzt worden. Beispielsweise bestimmt die sogenannte Health Claims-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1924/2006) sehr genaue (und strenge) Voraussetzungen, unter denen für Lebensmittel mit gesundheitsbezogenen Angaben geworben werden darf. Wer mit gesundheitsbezogenen Aussagen wirbt, die nicht in Übereinstimmung mit dieser Verordnung stehen, kann auch von Wettbewerbern mit einer Abmahnung oder gerichtlich zur Unterlassung gezwungen werden. Auch im Bereich der alternativen Heilmethoden ist längst nicht alles als geschäftliche Werbeaussage zulässig, was unter Verbrauchern als private Empfehlung eines Hausmittels nicht zu beanstanden wäre.
Haftet der Betreiber einer Internetseite für Links zu fremden Angeboten?
Nun stellt sich jedoch die Frage, wer für gesundheitsbezogene Empfehlungen durch eine Abmahnung in Anspruch genommen werden kann, wenn dies nicht in der Form klassischer Werbung, sondern im Rahmen öffentlicher Äußerungen erfolgt, die keine Werbung, sondern Information darstellen. Mit einem derartigen Fall hatte sich kürzlich das Oberlandesgericht Köln auseinanderzusetzen (OLG Köln, Urteil vom 29.05.2013 Aktenzeichen: 6 U 220/12)
Bei der Klägerin handelt es sich um ein in Österreich ansässiges Unternehmen, welches Bachblüten-Produkte in Kapselform in Deutschland anbietet. Sie forderte von zwei Beklagten die Unterlassung bestimmter Aussagen sowie die Verwendung der Bezeichnung „„Institut für Bach-Blütentherapie Forschung und Lehre“ im geschäftlichen Verkehr. Die Beklagte zu 1) war Betreiberin einer Internetseite, auf welcher das „Institut für Bach-Blütentherapie Forschung und Lehre T IMS“ vorgestellt wurde. Dieses „Institut“ bot verschiedene Dienstleistungen wie unter anderem „Ausbildungsprogramme und Trainings für Selbstanwender und Fachtherapeuten“ an. Ferner sind über die Internetseite Informationen über die „Original Bach-Blütentherapie“ erhältlich, insbesondere über die Anwendungsgebiete, das „Bach-Blüten-System“ sowie über das Produkt „Rescue“. Unter dem Stichwort „Bezugsquellen“ befand sich ein Hyperlink auf die Internetseite eines Anbieters von Produkten im Bereich der Bachblüten-Erzeugnisse („O GmbH“). Die zweite Beklagte ist Geschäftsführerin der Beklagten zu 1) und engagiert sich seit geraumer Zeit für die Verbreitung der Bach-Blüten-Lehre nach dem englischen Arzt Dr. Edward Bach. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte zu 2) eine Reihe von Büchern veröffentlicht, Seminare und Vorträge gehalten und ist in Talkshows aufgetreten.
Förderung fremden Wettbewerbs – eine Frage des Einzelfalls
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten eine Reihe von Äußerungen auf ihrer Internetseite zu untersagen, da sie mit den Äußerungen in Kombination mit der Verlinkung zur Konkurrentin der Klägerin fremden Wettbewerb fördern würde. Die beiden Beklagten sahen dies anders. Sie haben die Ansicht vertreten, dass die Äußerungen auf ihren Internetseiten ausschließlich der Information der Öffentlichkeit dienten und keinen objektiven Zusammenhang mit dem Absatz von Bachblüten-Produkten durch die Konkurrentin der Klägerin hätten. Während die Klägerin in erster Instanz noch wegen angeblicher Unzulässigkeit ihrer Klage scheiterte, verfolgte sie ihren angeblichen Unterlassungsanspruch in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht weiter. Obgleich das Oberlandesgericht die Klage entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung für zulässig erachtete, wies es sie jedoch als unbegründet ab. Dies ist dann der Fall, wenn die Klage als solche zwar erhoben werden darf, der Klagegrund (hier also die Voraussetzungen für den Unterlassungsanspruch) aber nicht besteht.
Oberlandesgericht: Öffentlichkeitsarbeit ist noch kein Wettbewerb
Nach Ansicht des Oberlandesgerichtes konnte die Klägerin nicht, gestützt, auf das Wettbewerbsrecht, von der Beklagten die Unterlassung der beanstandeten Äußerungen auf deren Internetseite verlangen. Denn es mangele am Vorliegen einer geschäftliche Handlungen im Sinn des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Parteien stünden nämlich einerseits nicht selbst in einem Wettbewerbsverhältnis, was im Wesentlichen unstreitig war, Da die Beklagten selbst keine Bachblüten-Produkte anbieten. Und auch auf die wettbewerbsrechtlich ebenso relevante Förderung eines fremden Wettbewerbs könne sich die Klägerin nicht berufen. Die von der Klägerin beanstandeten Äußerungen stellten im konkreten Fall keine geschäftlichen Handlungen im Sinn des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. „Geschäftliche Handlung” im Sinne dieser Vorschrift bedeute jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, das mit der Förderung Geschäfts eines Wettbewerbers objektiv zusammenhängt. Ein solcher objektiver Bezug fehle jedoch vorliegen, da es den Beklagten mit den beanstandeten Internetseiten nicht um die Förderung des Konkurrenten der Klägerin, sondern vielmehr um die Unterrichtung der Öffentlichkeit gegangen sei. Ein eigenes wirtschaftliches Interesse der Beklagten am Absatz der Produkte der verlinkten Wettbewerber in der Klägerin sei nicht zu erkennen gewesen. Die recht neutral formulierte Nennung als Bezugsquelle begründe ein solches eigenes Interesse nicht. Die Gesamtwürdigung des Oberlandesgerichts hat zu dem Ergebnis geführt, dass im konkreten Fall die Information über die „Bach-Blüten-Therapie“ auf den Internetseiten der Beklagten als „ein alternatives Konzept zur Förderung seelischer Gesundheit im Vordergrund steht“. Der Verweis auf die O GmbH und ihre Produkte trete demgegenüber in den Hintergrund.
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Die Entscheidung zeigt eindrucksvoll, wie fließend die Grenzen zwischen freier Meinungsäußerung und wettbewerbswidriger Geschäftshandlung sind. Das Gericht hätte womöglich anders entschieden, wenn sich auf den Internetseiten der Beklagten noch ein Werbebanner für die Produkte der Konkurrentin der Klägerin befunden hätte. Und wer ein eigenes Wettbewerbsinteresse am Erfolg einer dritten Partei hat, kann eben auch für die Förderung des fremden Wettbewerbs mit kostspieligen Folgen auf Unterlassung haften. Sie benötigen Expertenrat? Sie betreiben eine Internetseite und wollen die Grenzen zulässiger Äußerungen kennen? Sie wollen wissen, ob ihre Internetseite mit den darauf platzierten Werbemaßnahmen Wettbewerbsgefahren birgt? BBS Rechtsanwälte Hamburg ist ein Team kompetenter und spezialisierter Experten.
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