Kammergericht Berlin: einseitiges Preiserhöhungsrecht in Sony-AGB unwirksam.
Urteil: Preisanpassung und Leistungsänderung
Das Urteil des Kammergerichts Berlin vom 30.10.2024 (Az.: 23 MK 1/23) bezieht sich auf eine Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen Sony Interactive Entertainment Network Europe Ltd. Es ging um die rechtliche Überprüfung von Klauseln, die Sony im Zusammenhang mit Preis- und Leistungsänderungen für den Dienst PlayStation Plus verwendet.
Gerade in Zeiten explodierender Preise sind Anbieter von Waren und Dienstleistungen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, häufig gezwungen, ihre Preise anzupassen. Strom, Personal, Rohstoffe, Fremdleistungen und nicht zuletzt die Bürokratie treiben die Gestehungskosten in die Höhe und erfordern häufig eine Preiserhöhung. Entsprechend häufig sind Preiserhöhungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und anderen Verträgen. Was die meisten Verwender nicht wissen und auch oft erst erfahren, wenn es zu spät ist: Die meisten dieser vertraglichen Regelungen stehen auf tönernen Füßen.
AGB: vorteilhaft ist oft unwirksam
Das deutsche AGB-Recht sieht eine gerichtliche Kontrolle der Angemessenheit und Transparenz von Klauseln vor. Dies hat zur Folge, dass eine Klausel, die inhaltlich klar und eindeutig im Interesse des Verwenders liegt, für unwirksam erklärt werden kann. Eine solche Kontrolle kann sich ergeben, wenn sich Kunden gegen eine auf die AGB gestützte Maßnahme zur Wehr setzen. Aber auch Konkurrenten, Verbraucherschutzverbände und Wettbewerbsverbände haben die Möglichkeit, die Unwirksamkeit von solchen Klauseln (auf Kosten des Verwenders) gerichtlich feststellen zu lassen.
Einseitige Preiserhöhungsmöglichkeiten, in der Regel kombiniert mit fingierten Zustimmungen (z.B.: „Wenn Sie nicht innerhalb von vier Wochen widersprechen, wird die Preiserhöhung wirksam“), finden vor Gericht selten Gnade. Auch einseitige Leistungsanpassungsrechte können nur in sehr engen Grenzen vereinbart werden. Gerade bei digitalen Diensten ist die Möglichkeit von Änderungen für die Zukunft, ohne den Kundenstamm zu verlieren, von entscheidender Bedeutung. Eine zu offene Klausel (z.B.: „Wir sind berechtigt, die Dienste dem Stand der Technik anzupassen und zu ändern, wenn wir daran ein berechtigtes Interesse haben“) bietet gerade keine rechtssichere Gestaltungsmöglichkeit. Die Tücken des AGB-Rechts zeigt auch eine aktuelle Entscheidung des Kammergerichts (Oberlandesgerichts) Berlin. Dabei ging es um eine Preisanpassungsklausel für digitale Dienstleistungen von Sony. Die Entscheidung erging zum Verbraucherrecht. Gerade im Bereich der Preiserhöhungen sind aber auch im unternehmerischen Verkehr die rechtlichen Spielräume ähnlich begrenzt. Die Grundzüge der Entscheidung:
- Unzulässigkeit einseitiger Preiserhöhungen: Das Gericht erklärte, dass Sony nicht das Recht hat, die Preise für PlayStation Plus einseitig zu erhöhen, ohne die Zustimmung der Kunden einzuholen. Eine solche Klausel stellt eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher dar, da sie ihnen keine Möglichkeit bietet, auf die Änderungen zu reagieren oder diese abzulehnen.
- Leistungsänderungen ebenfalls unzulässig: Ebenso dürfen vereinbarte Leistungen, wie beispielsweise kostenlose Spiele, nicht willkürlich gekürzt werden. Das Gericht stellte fest, dass bei Vertragsabschluss nicht klar ist, welche Änderungen auf die Verbraucher zukommen könnten, was die Klausel ebenfalls unwirksam macht.
- Vergleich mit anderen Fällen: Das Kammergericht orientierte sich an früheren Entscheidungen zu ähnlichen Klauseln bei Netflix und Spotify. Auch dort wurden einseitige Preisänderungsklauseln als rechtswidrig eingestuft.
- Fehlendes berechtigtes Interesse: Sony argumentierte, dass Preiserhöhungen notwendig seien, um gestiegene Kosten zu decken. Das Gericht wies dies zurück und erklärte, dass Sony in solchen Fällen den Vertrag kündigen und ein neues Angebot mit angepassten Preisen unterbreiten könne4.
- Das Urteil stärkt die Rechte der Verbraucher und setzt klare Grenzen für Unternehmen bei der Gestaltung von Vertragsklauseln. Es ist allerdings noch nicht rechtskräftig, da Sony angekündigt hat, Rechtsmittel einzulegen.
AGB: KI, Muster oder richtig gemacht?
Ob mit künstlicher Intelligenz, anhand von Mustern oder Fundstücken aus dem Internet: Die Erstellung von AGB erfordert mehr als das Zusammenstellen sinnvoll erscheinender Regelungen. Insbesondere sind Wechselwirkungen (hier: Kündigung und Preiserhöhung) und auch fehlende Regelungsbestandteile zu berücksichtigen. Es geht nicht um eine für den Verwender möglichst günstige, sondern um eine sinnvolle und tragfähige Gestaltung. Folge einer unwirksamen AGB-Klausel ist zwingend die Geltung des Gesetzes. Eine unwirksame Haftungsbeschränkung führt zur vollen Haftung, eine unwirksame Preisanpassungsklausel zur Bindung an den Preis bis zur Kündigung. Wer wirksame Regelungen braucht und damit letztlich auch Abmahnungen und teure wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen vermeiden will, lässt sich juristisch kompetent beraten. BBS Rechtsanwälte ist mit rund 20 Jahren Erfahrung und kaufmännischem Augenmaß Ihr Partner bei der Vertragsgestaltung. Mit fundiertem Fachwissen und der Sichtweise des Unternehmers bringen wir Ihre unternehmerischen Ziele mit den rechtlichen Möglichkeiten in Einklang und erarbeiten gemeinsam mit Ihnen die intelligenten Lösungen, die Sie für Ihr ganz spezielles Geschäft benötigen.