Sprache, Rechtswahl, Schriftform – Neues zum AGB-Recht von BBS Rechtsanwälte Hamburg

Das liebe Kleingedruckte: für viele Unternehmer eher lästige Pflicht, für Juristen ein Dauerbrenner – und für AGB-Verwender mitunter ein erheblicher Risikofaktor. Für AGB-Klauseln gelten strenge Maßstäbe, die über Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Klausel entscheiden. Eine Vielzahl von gerichtlichen Entscheidungen prägt das AGB-Recht. Dabei geht es jedoch letztlich nicht nur um die Frage, ob Sie eine für sie günstige Regelung gegenüber Ihrem Vertragspartner durchsetzen können oder ob wegen einer unwirksamen Klausel die oftmals für den Verwender drastisch schlechtere gesetzliche Regelung zur Anwendung kommt. Vielmehr stellen unwirksame Geschäftsbedingungen in fast jedem Fall auch einen Wettbewerbsverstoß dar, der durch Konkurrenten, Verbraucherschutzverbände oder Wettbewerbsverbände mit Abmahnung, einstweiliger Verfügung oder Unterlassungsklage verfolgt werden kann. Hier eine kurze Zusammenfassung brandaktueller AGB-Themen:

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) von WhatsApp müssen jetzt auch auf Deutsch vorliegen

Das Berliner Kammergericht hat dem Messenger-Dienst WhatsApp im April 2016 (Az. 5 U 156/14) untersagt, auf seiner deutschen Internetseite nur englischsprachige Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden.

Dem Urteil ging eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V. gegen den in den USA ansässigen Messenger-Dienst WhatsApp voraus. Der Bundesverband kritisierte, dass die seitenlangen Nutzungsbedingungen für Verbraucherinnen und Verbraucher aus Deutschland weitgehend unverständlich seien.

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viele Urteile und hohes Risiko – AGB-Erstellung ist Expertensache
©panthermedia.net/Toni Anett Kuchinke

 

Das Kammergericht schloss sich der Auffassung des Bundesverbandes an, dass es für die Nutzer unzumutbar sei, sich mit „einem umfangreichen, komplexen Regelwerk mit sehr, sehr vielen Klauseln“ in einer Fremdsprache auseinandersetzen zu müssen. Der Verbraucher müsse nicht damit rechnen im Rahmen eines deutschsprachigen Internetauftritts fremdsprachigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgesetzt zu sein. Hierzulande weit verbreitet ist Alltagsenglisch, nicht aber juristisches, vertragssprachliches und kommerzielles Englisch.

So entschied das Gericht, dass sämtliche Bedingungen, die nicht ins Deutsche übersetzt sind, von vornherein und ungeachtet ihres eigentlichen Inhalts intransparent und damit unwirksam sind.

Rechtswahlklausel gegenüber Verbrauchern gilt nicht uneingeschränkt

Anlässlich der fortschreitenden Globalisierung tritt der grenzüberschreitende Waren- und Dienstleistungsverkehr – gerade innerhalb der EU – immer mehr in den Vordergrund. Fortan müssen sich die Unternehmen, vor allem Webshop-Betreiber, dessen Angebote sich auch an Verbraucher im Ausland richten, vermehrt die Frage nach der Anwendbarkeit des Rechts stellen.

Grundsätzlich steht es den Vertragsparteien frei, dasjenige Recht zu wählen, welches auf den Vertrag Anwendung finden soll, so die Vorgabe aus Artikel 3, 6 Absatz 1 Satz 2 der Rom I-Verordnung. Mit anderen Worten können die Vertragsparteien auch das Recht eines anderen Staates wählen als das Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Die freie Rechtswahl gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Gemäß Artikel 6 Absatz 2 Satz 2 Rom I-VO darf sie nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch die zwingenden Verbraucherschutzvorschriften seines Heimatstaates gewährt wird.

Zwingende Verbraucherschutzbestimmungen setzen sich stets durch

So hatte das OLG Oldenburg im Jahre 2014 (Az. U 113/14) einen Fall zu entscheiden, in dem ein Onlinehändler gegenüber seine im Ausland ansässigen Verbraucher folgende Rechtswahlklausel verwendete:

„Diese Vertragsbedingungen unterliegen deutschem Recht.“

Das OLG hat die Rechtswahlklausel als unwirksam angesehen. Es führte aus, die Klausel erwecke den Eindruck, dass ausschließlich deutsches Recht anwendbar sei. Da sich jedoch zwingende Verbraucherschutzbestimmungen stets durchsetzen und sich Verbraucher mithin ungeachtet der Rechtswahl auf das zwingende Verbraucherschutzrecht ihres Heimatlandes berufen können, sei die Formulierung insoweit nicht ausreichend klar und verständlich.

Verbraucher mit Wohnsitz in Deutschland genießen deutschen Verbraucherschutz

Gleiches gilt für den umgekehrten Fall, dass Verbraucher mit Wohnsitz in Deutschland Verträge mit einem im Ausland ansässigen Unternehmer schließen. Auch sie können sich auf die zwingenden deutschen Verbraucherschutzvorschriften berufen. So hatte der BGH im Jahre 2012 (Urteil vom 19.7.12, Az. I ZR 40/11) entschieden, dass folgende Rechtswahlklausel:

„Anwendbares Recht/Gerichtsstand: Für alle im Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung entstehenden Meinungsverschiedenheiten und Rechtsstreitigkeiten gilt ausschließlich niederländisches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts.“

gleichermaßen unwirksam ist.

Auswirkungen für Unternehmen

Angesichts dieser Rechtslage ist Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind und werden wollen, in jedem Fall eine Überprüfung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu empfehlen. Denn für den Fall, dass die Rechtswahlklausel nicht dem europaweit geltenden Transparenzgebot entspricht, können wettbewerbsrechtliche Abmahnungen oder Unterlassungsklagen seitens der Verbraucherschutzverbände und Konkurrenten drohen.

Gesetzesänderung des § 309 Nr.13 BGB zum Schutz der Verbraucher – Textform ersetzt Schriftform

  • 309 Nr. 13 BGB lautet ab dem 01.10.2016 wie folgt:

„Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam…

Nr.13. (Form von Anzeigen und Erklärungen)

…eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden

a) an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder

b) an eine strengere Form als die Textform in anderen als in den in Buchstabe a genannten Verträgen oder

c) an besondere Zugangserfordernisse.

Künftig können ab dem 01.10.2016 in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Erklärungen von Verbrauchern, die gegenüber dem Verwender oder einem Dritten abzugeben sind, wirksam nur noch Textform vereinbart werden. Das Erfordernis der Schriftform ist nunmehr nur noch für Verträge zugelassen, die der notariellen Beurkundung bedürfen. Die Textform löst damit die bislang zulässige Vorgabe der Schriftform ab. Damit reicht es gemäß § 126b BGB aus, dass der Erklärende eine lesbare Erklärung, welche ihn als Person des Erklärenden erkennen lässt, auf einem dauerhaften Datenträger abgibt. Mithin genügt jede E-Mail oder jedes Fax, sofern der Erklärungsempfänger einen Zugang für solche elektronischen Erklärungen eröffnet hat.

Anlass der Gesetzesänderung

Obwohl es schon vor der Gesetzesänderung mit der Vorschrift des § 127 Absatz 2 und 3 BGB eine Erleichterung für Erklärungen von Verbrauchern gab, sah sich der Gesetzgeber in der Verantwortung, den Wortlaut des § 309 Nr.13 BGB im Sinne der Verbraucher zu ändern. Zwar sieht die Vorschrift des § 127 Absatz 2 und 3 BGB im Zweifel bereits vor, dass die vereinbarte Schriftform durch eine Erklärung in Textform erfüllt werden kann, praktisch aber ist diese Vorschrift unter den Verbrauchern kaum bekannt. Das führt dazu, dass viele Verbraucher davon ausgehen, dass sie eine Erklärung, für die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Schriftform vereinbart wurde, immer eigenhändig unterschreiben müssen.

Um dieses Missverständnis auszuräumen, möchte der Gesetzgeber mit der Novellierung die Rechtsstellung des Verbrauchers verbessern. Nunmehr soll es dem Verbraucher möglich sein, auf einfachstem Weg festzustellen, wie die vertragliche Form zu erfüllen ist. Die strenge Schriftform -so der Gesetzgeber- ist, außer in den Fällen des § 309 Nr. 13a BGB, nicht erforderlich, denn schließlich mache der Verbraucher eigene Rechte gegenüber dem Unternehmer geltend, dessen Inhalt und rechtliche Bedeutung er sich deutlich bewusst ist.

Bedeutung für Unternehmen

Was für Verbraucher eine Erleichterung darstellt, bedeutet für Unternehmen eine nicht unerhebliche Prüfpflicht ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum 01.10.2016. Davon betroffen sind nicht nur Verträge, die sie mit Verbrauchern abschließen, sondern auch Arbeitsverträge mit ihren Mitarbeitern. Unternehmen werden nicht umhinkommen, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechend zu ändern, denn bei Verstoß gegen die neue Fassung des § 309 Nr.13 BGB ist die bislang verwendete Schriftformklausel ab dem 01.10.2016 unwirksam und somit abmahngefährdet. Unternehmen sollten auch nicht das Risiko unterschätzen, von Dritten auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden, denn mit jeder abgegebenen Erklärung können bei Zuwiderhandlung erfahrungsgemäß hohe Kosten auf sie zukommen.

Das AGB-Recht wird durch zwei wesentliche Prinzipien geprägt:

  • Das Verbot der sogenannten geltungserhaltenden Reduktion sorgt dafür, dass anstelle unwirksamer AGB-Bestimmungen zwingend gesetzliche Vorschriften zur Anwendung kommen. Die oftmals gesehenen salvatorischen Klauseln, die vorsehen, dass anstelle unwirksamer Bestimmungen etwas zur Anwendung kommen soll, was den beabsichtigten Zweck zu nah wie möglich kommt, sind in AGB unwirksam und sogar abmahnfähig.
  • Darüber hinaus gilt für die Beurteilung von AGB-Klauseln die für den Kunden ungünstigste Auslegung. Es kommt also nicht darauf an, was der Verwender der AGB sich bei der Gestaltung der Klausel gedacht hat (oder an welche Fälle er dabei gerade nicht gedacht hat). Es kommt darauf an, welche für einen potentiellen Kunden ungünstigste Folge aus der Klausel bei Betrachtung des Wortlauts abgeleitet werden kann. Die Erstellung von guten AGB ist daher Expertensache und erfordert Rechtskenntnis und Fingerspitzengefühl.

Möchten Sie Abmahnungen und Streitigkeiten rund um das Thema AGB vorbeugen oder vermeiden, so sind wir Ihr kompetenter, zuverlässiger und schneller Ansprechpartner. Sprechen Sie uns an! Wir sind gerne für Sie da.