Bundesgerichtshof zum Patentrecht: KI kann kein Erfinder im Sinne des Patentrechts sein –  was der Beschluss X ZB 5/22 für Ihre Patentanmeldungen bedeutet

BGH, Beschluss vom 11.06.2024, Aktenzeichen: X ZB 5/22: Patentrecht, Erfinderrecht

Der BGH hat entschieden, dass eine künstliche Intelligenz (KI) kein Erfinder im Sinne des Patentrechts sein kann. Da für eine Patentanmeldung die Angabe eines Erfinders gemäß § 37 Abs. 1 PatG zwingend erforderlich ist,  führt die Angabe einer KI als Erfinder zur Zurückweisung der Patentanmeldung. Möglich – aber auch nötig – ist jedoch die Benennung der Bedieners der KI als Erfinder, wenn KI zur Schaffung einer technischen Erfindung verwendet wurde.

1. Worum ging es?

Der Anmelder hatte in einer Patentameldung das KI‐System „DABUS“ als einzigen Erfinder benannt. Das Deutsche Patent‑ und Markenamt (DPMA) hatte die Anmeldung nach vorherigem Hinweis mit der Begründung zurückgewiesen, als Erfinder könne nur eine natürliche Person benannt werden. Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht hatte der Anmelder hilfsweise unter anderem beantragt,  die Erfinderbenennung wie folgt vorzunehmen:

S. , der die künstliche Intelligenz DABUS dazu veranlasst hat, die Erfindung zu generieren 

Diese Form der Erfinderbenennung wurde vom Bundespatentgericht als zulässig und ausreichend beurteilt. Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsansicht bestätigt.

2. Sinngemäße Leitsätze des BGH:

1. Erfinder im Sinne von § 37 Abs. 1 PatG kann nur eine natürliche Person sein. Ein maschinelles, aus Hard- oder Software bestehendes System kann auch dann nicht als Erfinder benannt werden, wenn es über Funktionen künstlicher Intelligenz verfügt.

2. Die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder ist auch dann möglich und erforderlich, wenn zum Auffinden der beanspruchten technischen Lehre ein System mit künstlicher Intelligenz eingesetzt worden ist.

3. Die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder im dafür vorgesehenen amtlichen Formular genügt nicht den Anforderungen aus § 37 Abs. 1 PatG, wenn zugleich beantragt wird, die Beschreibung um den Hinweis zu ergänzen, die Erfindung sei durch eine künstliche Intelligenz generiert oder geschaffen worden.

4. Die Ergänzung einer hinreichend deutlichen Erfinderbenennung um die Angabe, der Erfinder habe eine näher bezeichnete künstliche Intelligenz zur Generierung der Erfindung veranlasst, ist rechtlich unerheblich und rechtfertigt nicht die Zurückweisung der Anmeldung nach § 42 Abs. 3 PatG.

3. Hinweise für die Praxis

Generative KI ist kostengüstig verfügbar, technisch äußerst leistungsfähig und einfach zu bedienen. Leider sind sich viele Unternehmen nicht bewusst, dass die Generierung von Arbeitsergebnissen mit Hilfe künstlicher Intelligenz ganz andere rechtliche Folgen hat als der Einsatz menschlicher Arbeitskräfte. Diese Folgen können unerwünschte und weitreichend sein. Künstliche Intelligenz ist – jedenfalls bislang – nicht als eigene Rechtspersönlichkeit anerkannt und kann kein Erfinder, Urheber oder Entwerfer im rechtlichen Sinne sein. Als Träger dieser Rechte kommt aber der Bediener in Betracht, der der KI per Prompt überhaupt erst die Anweisungen erteilt, was sie generieren soll. Um unerwünschte Folgen zu vermeiden, ist eine vorausschauende und informierte Strategie erforderlich, wenn künstliche Intelligenz im Unternehmen eingesetzt wird. Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, in denen künstliche Intelligenz eingesetzt wird sollten daher die folgenden Punkte beachten:

HerausforderungHandlungsempfehlung
Erfinder­ermittlung in KI‑gestützten Projekten Definieren Sie interne Prozesse und Rollen für den Einsatz von KI in Forschungs- und Entwicklungsprojekten, um rechtzeitig zu erfassen, wie und durch wen erfinderischen Beiträge geleistet werden und wer damit als Erfinder gelten kann.
Laufende Dokumentation Führen Sie Entwicklungs­protokolle: Wer hat welche Idee beigetragen, verbessert oder geprüft und freigegeben? Welche KI-Tools wurden eingesetzt, welche Prompts genutzt? Das erleichtert spätere Nachweise und erspart aufwendige Nachforschungen.
Vertrags­gestaltung Aktualisieren Sie F&E-Veträge, Arbeits­verträge und Kooperationsveträge mit Dritten: Klären Sie, dass Erfindungen aus KI‑Nutzung ebenso meldepflichtig sind wie „klassische“ Erfindungen. Stellen Sie die EInhaltung Ihrer Prozesse und Dokumenationsstandards auch in Kooperationen mit Dritten sicher.
Internationale StrategieAbstimmung mit Anforderungen und Abteilungen im Ausland. Auch in der US‑, UK‑ und EPO‑Praxis gilt der Grundsatz „Inventor = Person“. Eine frühzeitige einheitliche Schreibweise der Erfindernamen (Reihenfolge, Umlaute/Translit­eration, Titel) vermeidet spätere formale Beanstandungen vor nationalen/regionalen Ämtern.

Haben Sie Fragen? sprechen Sie uns an. Wir sind als deutschlandweit tätige Anwaltskanzlei in Hamburg rund um das Thema Patente und andere Fragen und Probleme des gewerblichen Rechtsschutzes (Marken, Patente, Designs, Muster) gerne für Sie da.

Rechtsanwalt Tobias Spahn, BBS Rechtsanwälte Hamburg