Made in Germany: was muss das Produkt erfüllen?
Herkunftsangabe „Made in Germany“: vom Kampfmittel zur Erfolgsgeschichte
Herkunftsangaben sind ein beliebtes Mittel zur Kennzeichnung der Qualität einer Ware. Unter den Herkunftsangaben hat die Bezeichnung „Made in Germany“ eine besondere Geschichte.
Ende des 19ten Jahrhunderts schrieb in Großbritannien das britische Handelsmarkengesetz vom 23. August 1887 (Merchandise Marks Act 1887) vor, dass auf Waren unmissverständlich das Herkunftsland anzugeben sei. Ziel der Regelung war der Schutz der einmischen Industrie. Im Ersten Weltkrieg verschärfte Großbritannien diese Vorschriften, um es den Briten zu erleichtern, Waren von Kriegsgegnern zu erkennen und zu boykottieren. Insbesondere vor Erzeugnissen des Kriegsgegners Deutschland sollte eine klare Kennzeichnung warnen.
Das „Kampfmittel“ wurde jedoch im Zeitverlauf zur Qualitätsangabe, die für besonders sorgfältige Produktion und gute Produkte bürgte.
Urteil: auch deutsche Maschine in China produziert keine Ware „Made in Germany“
Dass dies heute noch der Fall ist, zeigt eine gerade veröffentlichte Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urteil vom 05.04.2011 , Aktenzeichen I-20 U 110/10)
Die Beklagte vertreibt ein Besteckset, bestehend aus jeweils sechs Messern, Gabeln, Löffeln und Kaffeelöffeln. Auf der Produktverpackung findet sich neben einer schwarz-rot-goldenen Flagge der Hinweis “Produziert in Deutschland”. In der Packung befindet sich ein Produkteinleger, der ebenfalls im Tenor des landgerichtlichen Urteils wiedergegeben ist und der die Überschrift aufweist:
“Herzlichen Glückwunsch zum Erwerb dieses hochwertigen MICHELANGELO – Bestecks
MADE IN GERMANY”
Tatsächlich werden die Gabeln, Löffel und Kaffeelöffel in Deutschland hergestellt. Die Rohmesser hingegen werden auf in Deutschland hergestellten Maschinen in China geschmiedet, umgeschnitten, gehärtet und geschliffen und sodann in Deutschland mehrfach poliert.
Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs fand diese Kennzeichnung irreführend und forderte die Beklagte zur Unterlassung auf – mit Erfolg. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Düsseldorf gaben der Klägerin recht. Das Landgericht verurteilte die Beklagte zur Unterlassung der Verwendung der Kennzeichnung. Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies die Berfugung der Beklagten zurück.
Irreführung als Wettbewerbsverstoß
Die angesprochenen Verbraucher gehen nach Einschätzung des Oberlandesgerichts aufgrund der Bezeichnung „Made in Germany“ davon aus, dass sämtliche Teile des beworbenen Produkts in Deutschland hergestellt werden. Wird die Herkunft aus einem bestimmten Land geradezu als einziges Merkmal herausgestellt, erwartet der Verbraucher, dass diese herausgehobene Angabe auf alle Teile des Produkts und nicht nur auf den überwiegenden Teil zutrifft. Dabei käme es – so das Gericht – nicht einmal darauf an, ob die Herkunftsbezeichnung aus Sicht des Verbrauchers für eine bestimmte Qualität bürge – es reicht die Vorstellung eines bestimmten geografischen Ursprungs.
Wer die Behauptung „Produziert in Deutschland“ (bzw. „Made in Germany“) verwendet hat nach Einschätzung des Oberlandesgerichts sicherzustellen, dass alle wesentlichen Herstellungsschritte in Deutschland erfolgen. Ist dies nicht der Fall, weil bedeutende Herstellungsschritte in einem anderen Land (hier: China) erfolgen, liegt eine Irreführung vor.
Eine wettbewerbswidrige Irreführung ist nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gegeben, wenn die Gefahr besteht (oder verwirklicht wird), dass Verbraucher falsche Vorstellungen über eine wesentliche Eigenschaft der angebotenen bzw. beworbenen Ware oder Dienstleistung entwickeln (§ 5 UWG).
Auch markenrechtlicher Schutz durch Markengesetz und EU-Verordnung
Auch aus der Sicht des Markenrechts können unwahre geografische Herkunftsangaben problematisch werden. Einerseits existieren besonders geschützte geografische Urspungsangaben nach der Europäischen Verordnung (EG) Nr. 510/2006 EWG zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel. Nach dieser Verordnung sind beispielsweise Allgäuer Bergkäse, Thüringer Leberwurst und Bayrisches Bier als geschützt und dürfen nur unter diesem Namen angeboten werden, wenn sie einer genauen Produktspezifikation entsprechen.
Darüber hinaus enthält das Markengesetz (§ 126 MarkenG) Vorschriften zum Schutz geographischer Herkunftsangaben.
Die wettbewerbsrechtlichen und markenrechtlichen Schutzvorschriften müssen nicht nur Produzenten beachten. Auch Importeure und Anbieter (Händler) irreführender Produkte müssen mit Abmahnungen und anderen rechtlichen Schritten (Einstweilige Verfügung, Klage) rechnen.
Sie haben Fragen zum Schutz geografischer Angaben und Herkunftsbezeichnungen? Sie möchten sich vor rechtlichen Angriffen schützen oder gegen Konkurrenten vorgehen, die sich nicht an die „Spielregeln“ halten? Unser Team ist im Markenrecht und Wettbewerbsrecht „zuhause“ und freut sich auf Ihre Fragen.