Keine Pole Position für die Formel 1: EuGH bringt Marke des Gegners durchs Ziel

Europäischer Gerichtshof zur Reichweite der Formel 1-Marken

eingetragene Marke der Formula One Licensing BV,

Eine interessante Entscheidung zur Frage der Verwechslungsgefahr von Marken erließ der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 17.02.2011, Az. T-10/09. Danach muss die Formula One Licensing BV, die Inhaberin einer internationalen und zweier nationaler Wortmarken für „F1“ sowie einer Gemeinschaftsbildmarke in Form eines entsprechenden „F1“-Logos ist, die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke mit den Wortbestandteilen „F1 Live“ dulden.

mit dem Widerspruch angegriffene jüngere Markenanmeldung

Ausgangspunkt für den Rechtsstreit war die Anmeldung eines Bildzeichens als Gemeinschaftsmarke durch die Racing-Live SAS im April 2004 beim Harmonisierungsamt für den Europäischen Binnenmarkt („HABM“; das für in der gesamten Europäischen Union gültige Gemeinschaftsmarken zuständige Amt). Das Bildzeichen hatte den Wortbestandteil „F1 Live“ und sollte für die Vermarktung von Waren und Dienstleistungen im Bereich der Formel 1, unter anderem für Magazine, Bücher und sonstige Veröffentlichungen eingesetzt werden. Hiergegen legte die Formula One Licensing BV unter Berufung auf die für sie geschützten Wort- und Bildmarken Widerspruch ein.

Widerspruch gegen eine Marke: Grundlage

Ein Widerspruch gegen eine Marke kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine neuere Marke mit einer älteren Marke kollidiert. Eine solche Kollision liegt vor, wenn zwischen den Marken Verwechslungsgefahr besteht. Ob eine derartige Verwechslungsgefahr vorliegt, ist stets im Einzelfall unter Berücksichtigung der Ähnlichkeit der Zeichen, der Ähnlichkeit der jeweils einschlägigen und vom Schutz der älteren Marke umfassten Waren und/oder Dienstleistungen sowie unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft der Marke zu beurteilen.

Das Harmonisierungsamt wies im Oktober 2008 den Widerspruch der Formula One Licensing BV zurück. Es führte zur Begründung aus, dass zwischen den streitgegenständlichen Marken keine Verwechslungsgefahr gegeben sei. Es bestünden offenkundige Unterschiede zwischen den Marken. Zudem würden die maßgeblichen Verkehrskreise in der Verbindung des Buchstabens „f“ mit der Zahl „1“ einen Oberbegriff für eine bestimmte Rennserie – die Formel 1 – mit den entsprechenden (Formel-1-)Fahrzeugen sehen. Schließlich kam das HABM zu dem Ergebnis, dass nur die Gemeinschaftsmarke, also das Logo „F1“, eine bekannte Marke sei, da die maßgeblichen Verkehrskreise nur der Verbindung zwischen der Abkürzung „F1“ und dem Logo Kennzeichnungskraft zusprechen würden. Zu deutsch: ohne Abbildung des Logos würden die angesprochenen Verkehrskreise den reinen Begriff „F1“ nicht mit ganz überwiegender Mehrheit sofort mit der Formel Eins in Verbindung bringen.

EuGH: Lizenzpraxis der Formel 1 schwächt Schutzbereich der Wortmarke

In der Folge beantragte die Formula One Licensing beim EuGH die Aufhebung der Entscheidung des HABM – ohne Erfolg. Der EuGH schloss sich den Ausführungen des HABM weitgehend an und führte ergänzend aus, dass die geringe Kennzeichnungskraft des Wortbestandteils „F1“ der Widerspruchsmarke darin begründet sei, dass Formula One Licensing in den letzten zehn Jahren ihre Werbung einzig auf das Logo „F1“ konzentriert habe und auch nur für das Logo „F1“ entsprechende Lizenzen vergeben habe. Dabei habe die Markeninhaberin auch strenge Regeln für die Benutzung des Zeichens (und zwar immer nur in der Form des Logos) aufgestellt, damit die Verkehrskreise das Logo „F1“ in gleichförmiger Weise und nicht in anderen Gestaltungsformen dieses Zeichens wahrnehmen. Vergleichbare Regeln für die Verwendung anderer Versionen des Zeichens „F1“ erließ sie hingegen nicht. Ausgehend von dieser Erkenntnis gelangte der EuGH zu dem Ergebnis, dass die Ähnlichkeit zwischen den Wortmarken „F1“ von Formula One Licensing und der angemeldeten Bildmarke, die zusätzlich das Wort „live“ enthält, nur gering sei. Da die Verbraucher den Bestandteil „F1“ in der Anmeldemarke nicht Formula One Licensing zuordnen würden, weil das einzige Zeichen, das sie mit dieser in Verbindung zu bringen gelernt haben, das Logo sei, bestünde zwischen den streitgegenständlichen Marken keine Verwechslungsgefahr. Insoweit werde die Bezeichnung „F1“ in Standardschrift allenfalls als beschreibend aufgefasst.

Ebenfalls verneinte das Gericht die Verwechslungsgefahr zwischen der Gemeinschaftsbildmarke, d. h. dem Logo „F1“, und der Anmeldemarke, da zwischen ihnen in visueller Hinsicht keine Ähnlichkeit und in klanglicher und begrifflicher Hinsicht nur eingeschränkte Ähnlichkeit bestünde. Da die maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen „F1“ als Gattungsbegriff auffassen würden, würde es die Anmeldemarke zwar auf die Formel 1 beziehen. Allerdings würden die Verbraucher wegen der völlig anderen Gestaltung der streitgegenständlichen Marken keine gedankliche Verbindung zur Geschäftstätigkeit von Formula One Licensing herstellen.

Eintragung der Marke ist wichtig – spätere Benutzung aber auch

Die Entscheidung zeigt, dass eine erfolgreiche Schutzrechtsstrategie nicht mit der Eintragung der Marke endet. Eine Marke soll ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht gewähren. Der Inhaber soll als einziger berechtigt sein, das Zeichen für die mit der Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu benutzen. Natürlich entspricht es dem Interesse der meisten Markeninhaber, den Schutzbereich ihrer Marke soweit wie möglich zu ziehen. Andere Zeichen sollen der Marke nach Möglichkeit nicht nahe kommen. Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung aber nochmals verdeutlicht, dass es nicht allein auf die Marke ankommt. Vielmehr sollte der Inhaber einer Marke darauf achten, bei der Benutzung (und damit auch bei der Vergabe von Lizenzen) die Bekanntheit der Marke in allen wesentlichen Aspekten zu fördern.

Benutzungszwang contra Bekanntheit: die Strategie entscheidet

Dass dies kein leichtes Unterfangen ist, leuchtet ein: einerseits soll auch bei der Benutzung ein möglichst breiter Bereich von Abwandlungen der Marke umfasst werden. Dies ist bei Wortmarken am einfachsten. Eine Wortmarke schützt den mit der Marke beanspruchten Text in jeder Schreibweise und Ausgestaltung. Eine Wort-/Bildmarke schützt den Begriff hingegen in der jeweils mit der Marke wiedergegebenen (grafischen) Gestaltung gegen verwechslungsfähige Verwendungen identischer oder ähnlicher Zeichen. Allerdings besteht bei Marken ein Benutzungszwang: wird die Marke nicht innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von fünf Jahren benutzt, kann sie ganz oder teilweise auf Betreiben Dritter zur Löschung gebracht werden. Dies ist insbesondere bei Wort-/Bildmarken wichtig, da eine Benutzung in veränderter Form möglicherweise keine Benutzung der eingetragenen Marke darstellt.

Markeninhaber müssen daher oftmals und insbesondere unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung des EuGH den Spagat zwischen Benutzungszwang und möglichst großer Vielfalt der Benutzung meistern. Daran sollte natürlich bereits vor der Anmeldung einer Marke gedacht werden. Dabei gilt es auch, vorhandene ältere Marken zu berücksichtigen. Denn eine Marke mit einem besonders weiten Schutzbereich (also beispielsweise eine Wortmarke mit einem umfangreichen Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen) kann natürlich auch schneller mit älteren Marken kollidieren. Es gilt also, vor der Markenanmeldung die Chancen und Risiken bei der Anmeldung der Marke, aber natürlich auch bei der späteren Benutzung des Zeichens zu berücksichtigen. Denn gegen ältere Marken kann der Benutzer eines Zeichens keine jüngeren eigenen Marken einwenden. Wer daher erfolgreich eine Marke zu Eintragung bringt, kann bei deren späterer Benutzung noch ohne Weiteres fremde Markenrechte verletzen. Kostspielige Rechtsstreitigkeiten und deren Folgen (Vernichtung von Werbematerial, Umbenennung von Produkten und Unternehmen, Aufgabe von Internet-Domains) können die Folge sein. Da eine Unzahl von Gerichtsentscheidungen und Entscheidungen der Eintragungsämter das Markenrecht prägen, sollte fachkundige Unterstützung (beispielsweise durch einen spezialisierten Rechtsanwalt oder einen Patentanwalt) eine Selbstverständlichkeit sein. Wer hier an der falschen Stelle spart, riskiert viel.

BBS unterstützt und berät Sie in allen Belangen des Markenrechts. Wir helfen bei der Strategie der Markenaufstellung, der Markenanmeldung, Widerspruchs- und Beanstandungsverfahren oder bei der Bekämpfung von Markenrechtsverletzungen und Markenpiraterie. Natürlich stehen wir Ihnen auch mit Rat und Tat zur Seite, wenn Ihnen eine Verletzung von Markenrechten vorgeworfen wird und Sie sich deshalb beispielsweise mit einer Abmahnung, einstweiligen Verfügung oder einem anderen Gerichtsverfahren konfrontiert sehen. Wir sind für Sie da!